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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Produkte des Gewächsreiches auf Java.
Mandelmilch, und bereiten damit die Karrisuppe und
andre wohlschmeckende Gerichte.

Pisang nennt hier jedermann die Frucht des Para-
diesbaums (Musa paradisiaca), wovon es mehrere Ar-
ten, nicht nur große und kleine, sondern auch gute und
schlechte giebt. Gewöhnlich nimmt man diese Frucht
unreif vom Baume, wenn sie noch grün ist, und hängt
sie auf, damit sie nachreife, da sie dann gelb wird.
Die kleinste Sorte heißt Pisang vadja, und kann mit
Recht zu den delicatesten und gesundesten Früchten in
der ganzen Welt gezählt werden. Die dünne Schale,
womit sie bedeckt ist, läßt sich leicht abnehmen, und das
inwendige musartige Wesen, das zugleich etwas mehl-
artig und von Geschmack süßlich ist, schmilzt beynahe
von selbst im Munde. Wenn man auch noch so viel
davon isset, wird man ihrer doch fast nie überdrüssig.
Pisang gehört zu den vornehmsten Nahrungsmitteln der
Indier. Diese essen sie roh; die Europäer thun das
zwar auch, bereiten sie aber auch außerdem auf man-
cherley Art durch Braten oder Stoben zu. Bisweilen
stobt man sie mit rothem Weine, wie Birnen, oder
kocht sie geschält in dem Decoct von rothem Amaranth,
wovon sie so roth wird, als wenn sie mit Pontak gekocht
wäre. Mit Oehl gebraten wird sie etwas hart, schmeckt
aber sehr angenehm. In beyden Fällen wird sie erst ge-
schält, und in längliche Scheiben zerschnitten. Manch-
mahl werden solche Scheiben auch wie die so genannten
Ochsenaugen in Butter gebraten, und von den Euro-
päern bey der Abendmahlzeit gegessen. Ein einziger
Baum giebt eine Menge Früchte, blüht dagegen nie
mehr als ein einziges mahl; hernach stirbt und vergeht er,
vermehrt sich aber durch neue Schößlinge aus der Wur-
zel. Der Pisangbaum wächst im Lande zwar wild, wird

Produkte des Gewaͤchsreiches auf Java.
Mandelmilch, und bereiten damit die Karriſuppe und
andre wohlſchmeckende Gerichte.

Piſang nennt hier jedermann die Frucht des Para-
diesbaums (Muſa paradiſiaca), wovon es mehrere Ar-
ten, nicht nur große und kleine, ſondern auch gute und
ſchlechte giebt. Gewoͤhnlich nimmt man dieſe Frucht
unreif vom Baume, wenn ſie noch gruͤn iſt, und haͤngt
ſie auf, damit ſie nachreife, da ſie dann gelb wird.
Die kleinſte Sorte heißt Piſang vadja, und kann mit
Recht zu den delicateſten und geſundeſten Fruͤchten in
der ganzen Welt gezaͤhlt werden. Die duͤnne Schale,
womit ſie bedeckt iſt, laͤßt ſich leicht abnehmen, und das
inwendige musartige Weſen, das zugleich etwas mehl-
artig und von Geſchmack ſuͤßlich iſt, ſchmilzt beynahe
von ſelbſt im Munde. Wenn man auch noch ſo viel
davon iſſet, wird man ihrer doch faſt nie uͤberdruͤſſig.
Piſang gehoͤrt zu den vornehmſten Nahrungsmitteln der
Indier. Dieſe eſſen ſie roh; die Europaͤer thun das
zwar auch, bereiten ſie aber auch außerdem auf man-
cherley Art durch Braten oder Stoben zu. Bisweilen
ſtobt man ſie mit rothem Weine, wie Birnen, oder
kocht ſie geſchaͤlt in dem Decoct von rothem Amaranth,
wovon ſie ſo roth wird, als wenn ſie mit Pontak gekocht
waͤre. Mit Oehl gebraten wird ſie etwas hart, ſchmeckt
aber ſehr angenehm. In beyden Faͤllen wird ſie erſt ge-
ſchaͤlt, und in laͤngliche Scheiben zerſchnitten. Manch-
mahl werden ſolche Scheiben auch wie die ſo genannten
Ochſenaugen in Butter gebraten, und von den Euro-
paͤern bey der Abendmahlzeit gegeſſen. Ein einziger
Baum giebt eine Menge Fruͤchte, bluͤht dagegen nie
mehr als ein einziges mahl; hernach ſtirbt und vergeht er,
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zel. Der Piſangbaum waͤchſt im Lande zwar wild, wird

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[247/0585] Produkte des Gewaͤchsreiches auf Java. Mandelmilch, und bereiten damit die Karriſuppe und andre wohlſchmeckende Gerichte. Piſang nennt hier jedermann die Frucht des Para- diesbaums (Muſa paradiſiaca), wovon es mehrere Ar- ten, nicht nur große und kleine, ſondern auch gute und ſchlechte giebt. Gewoͤhnlich nimmt man dieſe Frucht unreif vom Baume, wenn ſie noch gruͤn iſt, und haͤngt ſie auf, damit ſie nachreife, da ſie dann gelb wird. Die kleinſte Sorte heißt Piſang vadja, und kann mit Recht zu den delicateſten und geſundeſten Fruͤchten in der ganzen Welt gezaͤhlt werden. Die duͤnne Schale, womit ſie bedeckt iſt, laͤßt ſich leicht abnehmen, und das inwendige musartige Weſen, das zugleich etwas mehl- artig und von Geſchmack ſuͤßlich iſt, ſchmilzt beynahe von ſelbſt im Munde. Wenn man auch noch ſo viel davon iſſet, wird man ihrer doch faſt nie uͤberdruͤſſig. Piſang gehoͤrt zu den vornehmſten Nahrungsmitteln der Indier. Dieſe eſſen ſie roh; die Europaͤer thun das zwar auch, bereiten ſie aber auch außerdem auf man- cherley Art durch Braten oder Stoben zu. Bisweilen ſtobt man ſie mit rothem Weine, wie Birnen, oder kocht ſie geſchaͤlt in dem Decoct von rothem Amaranth, wovon ſie ſo roth wird, als wenn ſie mit Pontak gekocht waͤre. Mit Oehl gebraten wird ſie etwas hart, ſchmeckt aber ſehr angenehm. In beyden Faͤllen wird ſie erſt ge- ſchaͤlt, und in laͤngliche Scheiben zerſchnitten. Manch- mahl werden ſolche Scheiben auch wie die ſo genannten Ochſenaugen in Butter gebraten, und von den Euro- paͤern bey der Abendmahlzeit gegeſſen. Ein einziger Baum giebt eine Menge Fruͤchte, bluͤht dagegen nie mehr als ein einziges mahl; hernach ſtirbt und vergeht er, vermehrt ſich aber durch neue Schoͤßlinge aus der Wur- zel. Der Piſangbaum waͤchſt im Lande zwar wild, wird

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/585>, abgerufen am 25.11.2024.