Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.Erste Abtheilung. Zweyter Abschnitt. terhaltung jährlich unglaublich große Summen Geldesangewendet werden. Das Wasser verschafft gleichwohl den Niederländern unbeschreibliche Vortheile. Nur ei- niger zu erwähnen: die Schifffahrt, sowohl die binnen Landes als die auswärtige, macht es leicht und bequem; die Aenger und Wiesen macht es über alle Vorstellung fruchtbar und grasreich, und eben hierin liegt der Grund des ganzen Reichthums und Wohlstandes dieses Landes. Dagegen ist es aber auch das Wasser, welches so star- ke und kostbare Vormauern und Schleusen erfordert, oft bey starkem Sturme aus Nord-West durchbricht, Ue- berschwemmungen verursacht, nicht nur das platte Land, sondern auch die Städte zum Theil unter Wasser setzt, und die Einwohner nicht selten mit Furcht und Schre- cken erfüllt. Das Erdreich ist selten hart und fest, son- dern locker und sumpfig. Mit Recht kann man daher sagen, daß kaum irgend ein Land an sich selbst und von Natur unreiner ist, aber durch Kunst und übertriebne Sorgfalt hinwiederum keines an Sauberkeit und Net- tigkeit ihm gleich kommt. Die Nacht brachte ich in einem Dorfe zu, wel- Erſte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. terhaltung jaͤhrlich unglaublich große Summen Geldesangewendet werden. Das Waſſer verſchafft gleichwohl den Niederlaͤndern unbeſchreibliche Vortheile. Nur ei- niger zu erwaͤhnen: die Schifffahrt, ſowohl die binnen Landes als die auswaͤrtige, macht es leicht und bequem; die Aenger und Wieſen macht es uͤber alle Vorſtellung fruchtbar und grasreich, und eben hierin liegt der Grund des ganzen Reichthums und Wohlſtandes dieſes Landes. Dagegen iſt es aber auch das Waſſer, welches ſo ſtar- ke und koſtbare Vormauern und Schleuſen erfordert, oft bey ſtarkem Sturme aus Nord-Weſt durchbricht, Ue- berſchwemmungen verurſacht, nicht nur das platte Land, ſondern auch die Staͤdte zum Theil unter Waſſer ſetzt, und die Einwohner nicht ſelten mit Furcht und Schre- cken erfuͤllt. Das Erdreich iſt ſelten hart und feſt, ſon- dern locker und ſumpfig. Mit Recht kann man daher ſagen, daß kaum irgend ein Land an ſich ſelbſt und von Natur unreiner iſt, aber durch Kunſt und uͤbertriebne Sorgfalt hinwiederum keines an Sauberkeit und Net- tigkeit ihm gleich kommt. Die Nacht brachte ich in einem Dorfe zu, wel- <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0054" n="26"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erſte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.</hi></fw><lb/> terhaltung jaͤhrlich unglaublich große Summen Geldes<lb/> angewendet werden. Das Waſſer verſchafft gleichwohl<lb/> den Niederlaͤndern unbeſchreibliche Vortheile. Nur ei-<lb/> niger zu erwaͤhnen: die Schifffahrt, ſowohl die binnen<lb/> Landes als die auswaͤrtige, macht es leicht und bequem;<lb/> die Aenger und Wieſen macht es uͤber alle Vorſtellung<lb/> fruchtbar und grasreich, und eben hierin liegt der Grund<lb/> des ganzen Reichthums und Wohlſtandes dieſes Landes.<lb/> Dagegen iſt es aber auch das Waſſer, welches ſo ſtar-<lb/> ke und koſtbare Vormauern und Schleuſen erfordert,<lb/> oft bey ſtarkem Sturme aus Nord-Weſt durchbricht, Ue-<lb/> berſchwemmungen verurſacht, nicht nur das platte Land,<lb/> ſondern auch die Staͤdte zum Theil unter Waſſer ſetzt,<lb/> und die Einwohner nicht ſelten mit Furcht und Schre-<lb/> cken erfuͤllt. Das Erdreich iſt ſelten hart und feſt, ſon-<lb/> dern locker und ſumpfig. Mit Recht kann man daher<lb/> ſagen, daß kaum irgend ein Land an ſich ſelbſt und von<lb/> Natur unreiner iſt, aber durch Kunſt und uͤbertriebne<lb/> Sorgfalt hinwiederum keines an Sauberkeit und Net-<lb/> tigkeit ihm gleich kommt.</p><lb/> <p>Die Nacht brachte ich in einem Dorfe zu, wel-<lb/> chem gegenuͤber unſer Schiff geankert hatte. Bey mei-<lb/> nem Wirthe aß ich Miesmuſcheln und Auſtern, der-<lb/> gleichen ich zu <placeName>Amſterdam</placeName> ſehr haͤufig zu Kauf hatte<lb/> bringen geſehen, nicht nur roh, ſondern auch gekocht<lb/> mit Eſſig, Oehl und Pfeffer. Wenn die Miesmuſchel,<lb/> die man an den hieſigen, ſo wie an andern Kuͤſten in gro-<lb/> ßer Menge findet, in Waſſer gekocht wird, ſo daß die<lb/> Schale ſich oͤffnet, und wenn man ſie alsdann mit ſuͤß-<lb/> ſaurer Bruͤhe iſſet, ſo iſt ſie ſowohl nahrhaft als wohl-<lb/> ſchmeckend. So lange das Fahrzeug vor Anker lag,<lb/> gingen die Matroſen des Abends ans Land, und hohlten<lb/> ganze Eimer voll ſolcher Muſcheln. Spaniſche Zwie-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [26/0054]
Erſte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.
terhaltung jaͤhrlich unglaublich große Summen Geldes
angewendet werden. Das Waſſer verſchafft gleichwohl
den Niederlaͤndern unbeſchreibliche Vortheile. Nur ei-
niger zu erwaͤhnen: die Schifffahrt, ſowohl die binnen
Landes als die auswaͤrtige, macht es leicht und bequem;
die Aenger und Wieſen macht es uͤber alle Vorſtellung
fruchtbar und grasreich, und eben hierin liegt der Grund
des ganzen Reichthums und Wohlſtandes dieſes Landes.
Dagegen iſt es aber auch das Waſſer, welches ſo ſtar-
ke und koſtbare Vormauern und Schleuſen erfordert,
oft bey ſtarkem Sturme aus Nord-Weſt durchbricht, Ue-
berſchwemmungen verurſacht, nicht nur das platte Land,
ſondern auch die Staͤdte zum Theil unter Waſſer ſetzt,
und die Einwohner nicht ſelten mit Furcht und Schre-
cken erfuͤllt. Das Erdreich iſt ſelten hart und feſt, ſon-
dern locker und ſumpfig. Mit Recht kann man daher
ſagen, daß kaum irgend ein Land an ſich ſelbſt und von
Natur unreiner iſt, aber durch Kunſt und uͤbertriebne
Sorgfalt hinwiederum keines an Sauberkeit und Net-
tigkeit ihm gleich kommt.
Die Nacht brachte ich in einem Dorfe zu, wel-
chem gegenuͤber unſer Schiff geankert hatte. Bey mei-
nem Wirthe aß ich Miesmuſcheln und Auſtern, der-
gleichen ich zu Amſterdam ſehr haͤufig zu Kauf hatte
bringen geſehen, nicht nur roh, ſondern auch gekocht
mit Eſſig, Oehl und Pfeffer. Wenn die Miesmuſchel,
die man an den hieſigen, ſo wie an andern Kuͤſten in gro-
ßer Menge findet, in Waſſer gekocht wird, ſo daß die
Schale ſich oͤffnet, und wenn man ſie alsdann mit ſuͤß-
ſaurer Bruͤhe iſſet, ſo iſt ſie ſowohl nahrhaft als wohl-
ſchmeckend. So lange das Fahrzeug vor Anker lag,
gingen die Matroſen des Abends ans Land, und hohlten
ganze Eimer voll ſolcher Muſcheln. Spaniſche Zwie-
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