es mir vor, daß die Gerechtigkeit hier keine Handels- waare ist.
Außer diesem Rathe, unter dessen Gerechtigkeits- pflege die Beamten und Bedienten der Compagnie, so wohl die hohen als niedrigen, in Civil- und Criminal- Sachen, auch was den Schleichhandel betrifft, stehen, hat die Stadt ihr eignes Rathhaus. Im Stadtrathe hat einer von den Mitgliedern des großen Indischen Raths den Vorsitz, und verschiedne aus der Bürger- schaft sind unter dem Nahmen Schöpfen Mitglieder. Dieser Rath entscheidet in den vor ihn gehörenden Sa- chen, so gar über Leben und Eigenthum der Indier. Dergleichen Rathsherren-Aemter werden vom General- Gouverneur vergeben, und ehrsüchtige Leute, die sich auf keine andre Art einen hohen Rang verschaffen kön- nen, bezahlen dafür ansehnliche Summen.
Das Militair besteht zum Theil aus Europäern, zum Theil aus Indiern, die ordentlich in Dienst genom- men und exercirt sind. Dazu kommen noch die Bür- gerschaft und die Chineser, welche ebenfalls, wenn Krieg entsteht, Dienste thun müssen. Die Officiere werden so wohl hier, als in ganz Indien als Bediente angesehen, welche die Compagnie für verabredeten Sold zur Ver- theidigung und zu ihrem Dienste angenommen hat. Sie haben hier daher keinen Theil weder an der Verwaltung der Regierung, noch an der Betreibung des Handels. Eben so wenig hat man ihnen den Rang über die höhe- ren Beamten eingeräumt, die in Ansehung des so un- glaublich einträglichen Handlungsverkehrs für die nütz- lichsten und nöthigsten angesehen werden. Die Solda- ten, deren Anzahl das Jahr hindurch sehr verschieden ist, je nachdem mehr oder weniger verheerende Krankheiten grassiren, oder mehr oder weniger Schiffe ankommen,
Sechste Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
es mir vor, daß die Gerechtigkeit hier keine Handels- waare iſt.
Außer dieſem Rathe, unter deſſen Gerechtigkeits- pflege die Beamten und Bedienten der Compagnie, ſo wohl die hohen als niedrigen, in Civil- und Criminal- Sachen, auch was den Schleichhandel betrifft, ſtehen, hat die Stadt ihr eignes Rathhaus. Im Stadtrathe hat einer von den Mitgliedern des großen Indiſchen Raths den Vorſitz, und verſchiedne aus der Buͤrger- ſchaft ſind unter dem Nahmen Schoͤpfen Mitglieder. Dieſer Rath entſcheidet in den vor ihn gehoͤrenden Sa- chen, ſo gar uͤber Leben und Eigenthum der Indier. Dergleichen Rathsherren-Aemter werden vom General- Gouverneur vergeben, und ehrſuͤchtige Leute, die ſich auf keine andre Art einen hohen Rang verſchaffen koͤn- nen, bezahlen dafuͤr anſehnliche Summen.
Das Militair beſteht zum Theil aus Europaͤern, zum Theil aus Indiern, die ordentlich in Dienſt genom- men und exercirt ſind. Dazu kommen noch die Buͤr- gerſchaft und die Chineſer, welche ebenfalls, wenn Krieg entſteht, Dienſte thun muͤſſen. Die Officiere werden ſo wohl hier, als in ganz Indien als Bediente angeſehen, welche die Compagnie fuͤr verabredeten Sold zur Ver- theidigung und zu ihrem Dienſte angenommen hat. Sie haben hier daher keinen Theil weder an der Verwaltung der Regierung, noch an der Betreibung des Handels. Eben ſo wenig hat man ihnen den Rang uͤber die hoͤhe- ren Beamten eingeraͤumt, die in Anſehung des ſo un- glaublich eintraͤglichen Handlungsverkehrs fuͤr die nuͤtz- lichſten und noͤthigſten angeſehen werden. Die Solda- ten, deren Anzahl das Jahr hindurch ſehr verſchieden iſt, je nachdem mehr oder weniger verheerende Krankheiten graſſiren, oder mehr oder weniger Schiffe ankommen,
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Sechste Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
es mir vor, daß die Gerechtigkeit hier keine Handels-
waare iſt.
Außer dieſem Rathe, unter deſſen Gerechtigkeits-
pflege die Beamten und Bedienten der Compagnie, ſo
wohl die hohen als niedrigen, in Civil- und Criminal-
Sachen, auch was den Schleichhandel betrifft, ſtehen,
hat die Stadt ihr eignes Rathhaus. Im Stadtrathe
hat einer von den Mitgliedern des großen Indiſchen
Raths den Vorſitz, und verſchiedne aus der Buͤrger-
ſchaft ſind unter dem Nahmen Schoͤpfen Mitglieder.
Dieſer Rath entſcheidet in den vor ihn gehoͤrenden Sa-
chen, ſo gar uͤber Leben und Eigenthum der Indier.
Dergleichen Rathsherren-Aemter werden vom General-
Gouverneur vergeben, und ehrſuͤchtige Leute, die ſich
auf keine andre Art einen hohen Rang verſchaffen koͤn-
nen, bezahlen dafuͤr anſehnliche Summen.
Das Militair beſteht zum Theil aus Europaͤern,
zum Theil aus Indiern, die ordentlich in Dienſt genom-
men und exercirt ſind. Dazu kommen noch die Buͤr-
gerſchaft und die Chineſer, welche ebenfalls, wenn Krieg
entſteht, Dienſte thun muͤſſen. Die Officiere werden
ſo wohl hier, als in ganz Indien als Bediente angeſehen,
welche die Compagnie fuͤr verabredeten Sold zur Ver-
theidigung und zu ihrem Dienſte angenommen hat. Sie
haben hier daher keinen Theil weder an der Verwaltung
der Regierung, noch an der Betreibung des Handels.
Eben ſo wenig hat man ihnen den Rang uͤber die hoͤhe-
ren Beamten eingeraͤumt, die in Anſehung des ſo un-
glaublich eintraͤglichen Handlungsverkehrs fuͤr die nuͤtz-
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je nachdem mehr oder weniger verheerende Krankheiten
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/538>, abgerufen am 25.11.2024.
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