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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Beschreibung der Stadt Batavia.
kein Votum haben. In diese Rathsversammlung darf
niemand mit dem Degen kommen, sondern dieser muß
allezeit draußen gelassen werden, wo ihn die Wache in
Verwahrung nimmt. Der General-Gouverneur besitzt
völlig Königliche Macht und Autorität. Was ihm be-
liebt, dem stimmen die andern gemeiniglich bey; und
wenn diese auch gegen ihn sind, kann er die Sache doch
zur Ausführung bringen, da er denn aber auch allein
des Erfolges wegen die Verantwortung hat. Er besitzt
auch das Recht, mit den Indischen Fürsten Bündnisse
einzugehen, Krieg anzufangen und Frieden zu schließen.
Ja er maßet es sich so gar wohl an, wenn das Interesse
der Compagnie es erfordert, Könige und Fürsten ein- und
abzusetzen. Der General-Director hat die höchste Auf-
sicht über die Handlung, Waaren und Waaren-Maga-
zine der Compagnie; von seiner Verwaltung hängt alles
ab. Jeder Rathsherr hat die besondre Aufsicht über eines
von den andern Indischen Comtoiren, ist dabey auch oft
Präsident eines oder des andern von den in der Stadt be-
findlichen Collegien. Wenn ein Rathsherr mit zwey Läu-
fern vor dem Wagen, jemand vorbeyfährt oder begegnet,
so muß man, während man grüßt, mit dem Wagen still
halten. Wenn die Gemahlin des General-Gouverneurs
ausreiset, reiten zwey Trabanten voraus, und oft reiten
zwölf Mann hinter dem Wagen.

Der Justiz-Rath zu Batavia, welcher aus eini-
gen Mitgliedern, die in Holland ernannt werden, besteht,
ist, so wie auch der Fiskal, vom großen Indischen Rath
unabhängig. Diese Männer werden aber schlecht besol-
det, und sie können nicht darauf rechnen, Schätze zu
sammeln. Mit verschiednen von ihnen hatte ich Ge-
legenheit Bekanntschaft zu stiften, und so wohl aus
ihren Aeußerungen, als aus andern Umständen kam

Beſchreibung der Stadt Batavia.
kein Votum haben. In dieſe Rathsverſammlung darf
niemand mit dem Degen kommen, ſondern dieſer muß
allezeit draußen gelaſſen werden, wo ihn die Wache in
Verwahrung nimmt. Der General-Gouverneur beſitzt
voͤllig Koͤnigliche Macht und Autoritaͤt. Was ihm be-
liebt, dem ſtimmen die andern gemeiniglich bey; und
wenn dieſe auch gegen ihn ſind, kann er die Sache doch
zur Ausfuͤhrung bringen, da er denn aber auch allein
des Erfolges wegen die Verantwortung hat. Er beſitzt
auch das Recht, mit den Indiſchen Fuͤrſten Buͤndniſſe
einzugehen, Krieg anzufangen und Frieden zu ſchließen.
Ja er maßet es ſich ſo gar wohl an, wenn das Intereſſe
der Compagnie es erfordert, Koͤnige und Fuͤrſten ein- und
abzuſetzen. Der General-Director hat die hoͤchſte Auf-
ſicht uͤber die Handlung, Waaren und Waaren-Maga-
zine der Compagnie; von ſeiner Verwaltung haͤngt alles
ab. Jeder Rathsherr hat die beſondre Aufſicht uͤber eines
von den andern Indiſchen Comtoiren, iſt dabey auch oft
Praͤſident eines oder des andern von den in der Stadt be-
findlichen Collegien. Wenn ein Rathsherr mit zwey Laͤu-
fern vor dem Wagen, jemand vorbeyfaͤhrt oder begegnet,
ſo muß man, waͤhrend man gruͤßt, mit dem Wagen ſtill
halten. Wenn die Gemahlin des General-Gouverneurs
ausreiſet, reiten zwey Trabanten voraus, und oft reiten
zwoͤlf Mann hinter dem Wagen.

Der Juſtiz-Rath zu Batavia, welcher aus eini-
gen Mitgliedern, die in Holland ernannt werden, beſteht,
iſt, ſo wie auch der Fiskal, vom großen Indiſchen Rath
unabhaͤngig. Dieſe Maͤnner werden aber ſchlecht beſol-
det, und ſie koͤnnen nicht darauf rechnen, Schaͤtze zu
ſammeln. Mit verſchiednen von ihnen hatte ich Ge-
legenheit Bekanntſchaft zu ſtiften, und ſo wohl aus
ihren Aeußerungen, als aus andern Umſtaͤnden kam

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[199/0537] Beſchreibung der Stadt Batavia. kein Votum haben. In dieſe Rathsverſammlung darf niemand mit dem Degen kommen, ſondern dieſer muß allezeit draußen gelaſſen werden, wo ihn die Wache in Verwahrung nimmt. Der General-Gouverneur beſitzt voͤllig Koͤnigliche Macht und Autoritaͤt. Was ihm be- liebt, dem ſtimmen die andern gemeiniglich bey; und wenn dieſe auch gegen ihn ſind, kann er die Sache doch zur Ausfuͤhrung bringen, da er denn aber auch allein des Erfolges wegen die Verantwortung hat. Er beſitzt auch das Recht, mit den Indiſchen Fuͤrſten Buͤndniſſe einzugehen, Krieg anzufangen und Frieden zu ſchließen. Ja er maßet es ſich ſo gar wohl an, wenn das Intereſſe der Compagnie es erfordert, Koͤnige und Fuͤrſten ein- und abzuſetzen. Der General-Director hat die hoͤchſte Auf- ſicht uͤber die Handlung, Waaren und Waaren-Maga- zine der Compagnie; von ſeiner Verwaltung haͤngt alles ab. Jeder Rathsherr hat die beſondre Aufſicht uͤber eines von den andern Indiſchen Comtoiren, iſt dabey auch oft Praͤſident eines oder des andern von den in der Stadt be- findlichen Collegien. Wenn ein Rathsherr mit zwey Laͤu- fern vor dem Wagen, jemand vorbeyfaͤhrt oder begegnet, ſo muß man, waͤhrend man gruͤßt, mit dem Wagen ſtill halten. Wenn die Gemahlin des General-Gouverneurs ausreiſet, reiten zwey Trabanten voraus, und oft reiten zwoͤlf Mann hinter dem Wagen. Der Juſtiz-Rath zu Batavia, welcher aus eini- gen Mitgliedern, die in Holland ernannt werden, beſteht, iſt, ſo wie auch der Fiskal, vom großen Indiſchen Rath unabhaͤngig. Dieſe Maͤnner werden aber ſchlecht beſol- det, und ſie koͤnnen nicht darauf rechnen, Schaͤtze zu ſammeln. Mit verſchiednen von ihnen hatte ich Ge- legenheit Bekanntſchaft zu ſtiften, und ſo wohl aus ihren Aeußerungen, als aus andern Umſtaͤnden kam

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/537>, abgerufen am 22.11.2024.