Ehemahls war Jaccatra eine von den Hauptstädten der Insel, ehe sie von den Holländern im Jahr 1619 erobert, und das jetzt blühende Batavia, näher nach der See hin, angelegt wurde. Jetzt ist Jaccatra nur eine Schanze, oder, wie man dergleichen hier nennt, ein Feldposten. Noch heutiges Tages wird zu Batavia jährlich das Andenken dieser Eroberung gefeyert, indem man an dem Tage, da sie geschah, den 13. May, des Mittags alle Kanonen um die Stadt abfeuert.
Der General-Gouverneur zu Batavia führt einen sehr großen und Fürstlichen Staat. Besonders fällt die- ser sehr in die Augen, wenn er in seinem großen vergol- deten Staatswagen ausfährt. Er hat seinen eignen Stallmeister und Hofmeister, und eine Leibwache von zwölf Mann zu Pferde, nebst zwey Trompetern, die alle in Uniform gekleidet sind. Die Leibwache reitet sehr oft mit bloßem Degen, die beyden Trompeter, einen Europäischen Läufer und vier Mohren als Läufer, alle schön gekleidet, vor sich her, vor dem Wagen, und zur Seite des Wagens reitet ein Officier. Bisweilen reitet so gar ein Commando von funfzig bis sechzig Mann, unter Anführung eines Fähnrichs oder Sergeanten hin- ter dem Wagen. Jedermann, die Rathsherren aus- genommen, muß ihm, wenn er vorbey fährt, seine Ehrerbiethung beweisen: wer geht, muß still stehen; wer fährt, aussteigen. Im Rathe, der gewöhnlich Dienstags und Freytags zusammenkommt, sitzt außer ihm ein General-Director, und fünf wirkliche Raths- herren, die nicht nur ihre Meinung sagen und ihr Gut- achten geben können, sondern auch förmliche Stimme im Collegium haben. Außer diesen sind einige, bald mehr, bald weniger, extraordinaire Rathsherren, die nur ihre Meinung äußern und Rath geben dürfen, aber
Sechste Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
Ehemahls war Jaccatra eine von den Hauptſtaͤdten der Inſel, ehe ſie von den Hollaͤndern im Jahr 1619 erobert, und das jetzt bluͤhende Batavia, naͤher nach der See hin, angelegt wurde. Jetzt iſt Jaccatra nur eine Schanze, oder, wie man dergleichen hier nennt, ein Feldpoſten. Noch heutiges Tages wird zu Batavia jaͤhrlich das Andenken dieſer Eroberung gefeyert, indem man an dem Tage, da ſie geſchah, den 13. May, des Mittags alle Kanonen um die Stadt abfeuert.
Der General-Gouverneur zu Batavia fuͤhrt einen ſehr großen und Fuͤrſtlichen Staat. Beſonders faͤllt die- ſer ſehr in die Augen, wenn er in ſeinem großen vergol- deten Staatswagen ausfaͤhrt. Er hat ſeinen eignen Stallmeiſter und Hofmeiſter, und eine Leibwache von zwoͤlf Mann zu Pferde, nebſt zwey Trompetern, die alle in Uniform gekleidet ſind. Die Leibwache reitet ſehr oft mit bloßem Degen, die beyden Trompeter, einen Europaͤiſchen Laͤufer und vier Mohren als Laͤufer, alle ſchoͤn gekleidet, vor ſich her, vor dem Wagen, und zur Seite des Wagens reitet ein Officier. Bisweilen reitet ſo gar ein Commando von funfzig bis ſechzig Mann, unter Anfuͤhrung eines Faͤhnrichs oder Sergeanten hin- ter dem Wagen. Jedermann, die Rathsherren aus- genommen, muß ihm, wenn er vorbey faͤhrt, ſeine Ehrerbiethung beweiſen: wer geht, muß ſtill ſtehen; wer faͤhrt, ausſteigen. Im Rathe, der gewoͤhnlich Dienſtags und Freytags zuſammenkommt, ſitzt außer ihm ein General-Director, und fuͤnf wirkliche Raths- herren, die nicht nur ihre Meinung ſagen und ihr Gut- achten geben koͤnnen, ſondern auch foͤrmliche Stimme im Collegium haben. Außer dieſen ſind einige, bald mehr, bald weniger, extraordinaire Rathsherren, die nur ihre Meinung aͤußern und Rath geben duͤrfen, aber
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Sechste Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
Ehemahls war Jaccatra eine von den Hauptſtaͤdten
der Inſel, ehe ſie von den Hollaͤndern im Jahr 1619
erobert, und das jetzt bluͤhende Batavia, naͤher nach
der See hin, angelegt wurde. Jetzt iſt Jaccatra nur
eine Schanze, oder, wie man dergleichen hier nennt,
ein Feldpoſten. Noch heutiges Tages wird zu Batavia
jaͤhrlich das Andenken dieſer Eroberung gefeyert, indem
man an dem Tage, da ſie geſchah, den 13. May, des
Mittags alle Kanonen um die Stadt abfeuert.
Der General-Gouverneur zu Batavia fuͤhrt einen
ſehr großen und Fuͤrſtlichen Staat. Beſonders faͤllt die-
ſer ſehr in die Augen, wenn er in ſeinem großen vergol-
deten Staatswagen ausfaͤhrt. Er hat ſeinen eignen
Stallmeiſter und Hofmeiſter, und eine Leibwache von
zwoͤlf Mann zu Pferde, nebſt zwey Trompetern, die
alle in Uniform gekleidet ſind. Die Leibwache reitet ſehr
oft mit bloßem Degen, die beyden Trompeter, einen
Europaͤiſchen Laͤufer und vier Mohren als Laͤufer, alle
ſchoͤn gekleidet, vor ſich her, vor dem Wagen, und zur
Seite des Wagens reitet ein Officier. Bisweilen reitet
ſo gar ein Commando von funfzig bis ſechzig Mann,
unter Anfuͤhrung eines Faͤhnrichs oder Sergeanten hin-
ter dem Wagen. Jedermann, die Rathsherren aus-
genommen, muß ihm, wenn er vorbey faͤhrt, ſeine
Ehrerbiethung beweiſen: wer geht, muß ſtill ſtehen;
wer faͤhrt, ausſteigen. Im Rathe, der gewoͤhnlich
Dienſtags und Freytags zuſammenkommt, ſitzt außer
ihm ein General-Director, und fuͤnf wirkliche Raths-
herren, die nicht nur ihre Meinung ſagen und ihr Gut-
achten geben koͤnnen, ſondern auch foͤrmliche Stimme
im Collegium haben. Außer dieſen ſind einige, bald
mehr, bald weniger, extraordinaire Rathsherren, die
nur ihre Meinung aͤußern und Rath geben duͤrfen, aber
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/536>, abgerufen am 22.11.2024.
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