Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

nach der dritten Afrikanischen Reise.
sie da auf diese Art ungestört bey einander. Gebrichts
aber an Nahrung für ihr Vieh, oder stirbt jemand von
ihnen, so zieht die ganze Dorfschaft anders wohin. So
sind demnach die Hottentotten, eben so wie die Lappen und
Araber, herumziehende Hirten. In einer Hütte wohnen
einige zusammen, die denn freylich keinen andern Platz
haben, als daß sie an der Wand herum ganz zusam-
mengekrümmt liegen können.

Hausgeräth haben sie wenig oder nichts. Eben
die Kleidung, welche einen Theil des Körpers bedeckt,
dient ihnen auch zum Bette. Das Essen kochen sie in
Wasser, und zwar in ledernen Schläuchen mit glühend
gemachten Steinen; einige bedienen sich dazu doch aber
auch irdener Töpfe. -- Die Milch verwahren sie in
ledernen Säcken, Blasen von Thieren und Körben, die
aus Rohr, und zwar so dicht, daß sie Wasser halten,
geflochten sind. Ein lederner Tobaksbeutel und eine
steinerne oder hölzerne Tobakspfeife machen, nebst den
Waffen, das übrige aus.

Hunde halten sie allein bloß zur Vertheidigung
ihrer Viehherden, wenn sie auf der Weide sind. Diese
Hunde sind sehr häßlich, aber doch muthig und dreist.

Fette Sachen sind das, was die Hottentotten am
liebsten, und mit unglaublicher Wohllust und Begierde,
genießen. Das Fett von Seekühen können sie beynahe
wie Wasser trinken, und den Schwanz der Schafe,
welcher ganz und gar aus lauter Fett besteht, ziehen sie
allem andern vor. -- Berauschende Getränke lieben
sie auch sehr. Aus gewissen Wurzeln und aus Honig
verstehen sie einen Meth zu bereiten, der leicht und stark
berauscht. Arrak und Branntwein trinken sie gern.
Auf das Tobakrauchen sind sie sehr erpicht. Sie rau-
chen ihn theils allein, theils mit Hanf vermischt; wenn

nach der dritten Afrikaniſchen Reiſe.
ſie da auf dieſe Art ungeſtoͤrt bey einander. Gebrichts
aber an Nahrung fuͤr ihr Vieh, oder ſtirbt jemand von
ihnen, ſo zieht die ganze Dorfſchaft anders wohin. So
ſind demnach die Hottentotten, eben ſo wie die Lappen und
Araber, herumziehende Hirten. In einer Huͤtte wohnen
einige zuſammen, die denn freylich keinen andern Platz
haben, als daß ſie an der Wand herum ganz zuſam-
mengekruͤmmt liegen koͤnnen.

Hausgeraͤth haben ſie wenig oder nichts. Eben
die Kleidung, welche einen Theil des Koͤrpers bedeckt,
dient ihnen auch zum Bette. Das Eſſen kochen ſie in
Waſſer, und zwar in ledernen Schlaͤuchen mit gluͤhend
gemachten Steinen; einige bedienen ſich dazu doch aber
auch irdener Toͤpfe. — Die Milch verwahren ſie in
ledernen Saͤcken, Blaſen von Thieren und Koͤrben, die
aus Rohr, und zwar ſo dicht, daß ſie Waſſer halten,
geflochten ſind. Ein lederner Tobaksbeutel und eine
ſteinerne oder hoͤlzerne Tobakspfeife machen, nebſt den
Waffen, das uͤbrige aus.

Hunde halten ſie allein bloß zur Vertheidigung
ihrer Viehherden, wenn ſie auf der Weide ſind. Dieſe
Hunde ſind ſehr haͤßlich, aber doch muthig und dreiſt.

Fette Sachen ſind das, was die Hottentotten am
liebſten, und mit unglaublicher Wohlluſt und Begierde,
genießen. Das Fett von Seekuͤhen koͤnnen ſie beynahe
wie Waſſer trinken, und den Schwanz der Schafe,
welcher ganz und gar aus lauter Fett beſteht, ziehen ſie
allem andern vor. — Berauſchende Getraͤnke lieben
ſie auch ſehr. Aus gewiſſen Wurzeln und aus Honig
verſtehen ſie einen Meth zu bereiten, der leicht und ſtark
berauſcht. Arrak und Branntwein trinken ſie gern.
Auf das Tobakrauchen ſind ſie ſehr erpicht. Sie rau-
chen ihn theils allein, theils mit Hanf vermiſcht; wenn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0503" n="165"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">nach der dritten Afrikani&#x017F;chen Rei&#x017F;e.</hi></fw><lb/>
&#x017F;ie da auf die&#x017F;e Art unge&#x017F;to&#x0364;rt bey einander. Gebrichts<lb/>
aber an Nahrung fu&#x0364;r ihr Vieh, oder &#x017F;tirbt jemand von<lb/>
ihnen, &#x017F;o zieht die ganze Dorf&#x017F;chaft anders wohin. So<lb/>
&#x017F;ind demnach die Hottentotten, eben &#x017F;o wie die Lappen und<lb/>
Araber, herumziehende Hirten. In einer Hu&#x0364;tte wohnen<lb/>
einige zu&#x017F;ammen, die denn freylich keinen andern Platz<lb/>
haben, als daß &#x017F;ie an der Wand herum ganz zu&#x017F;am-<lb/>
mengekru&#x0364;mmt liegen ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
        <p>Hausgera&#x0364;th haben &#x017F;ie wenig oder nichts. Eben<lb/>
die Kleidung, welche einen Theil des Ko&#x0364;rpers bedeckt,<lb/>
dient ihnen auch zum Bette. Das E&#x017F;&#x017F;en kochen &#x017F;ie in<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er, und zwar in ledernen Schla&#x0364;uchen mit glu&#x0364;hend<lb/>
gemachten Steinen; einige bedienen &#x017F;ich dazu doch aber<lb/>
auch irdener To&#x0364;pfe. &#x2014; Die Milch verwahren &#x017F;ie in<lb/>
ledernen Sa&#x0364;cken, Bla&#x017F;en von Thieren und Ko&#x0364;rben, die<lb/>
aus Rohr, und zwar &#x017F;o dicht, daß &#x017F;ie Wa&#x017F;&#x017F;er halten,<lb/>
geflochten &#x017F;ind. Ein lederner Tobaksbeutel und eine<lb/>
&#x017F;teinerne oder ho&#x0364;lzerne Tobakspfeife machen, neb&#x017F;t den<lb/>
Waffen, das u&#x0364;brige aus.</p><lb/>
        <p>Hunde halten &#x017F;ie allein bloß zur Vertheidigung<lb/>
ihrer Viehherden, wenn &#x017F;ie auf der Weide &#x017F;ind. Die&#x017F;e<lb/>
Hunde &#x017F;ind &#x017F;ehr ha&#x0364;ßlich, aber doch muthig und drei&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Fette Sachen &#x017F;ind das, was die Hottentotten am<lb/>
lieb&#x017F;ten, und mit unglaublicher Wohllu&#x017F;t und Begierde,<lb/>
genießen. Das Fett von Seeku&#x0364;hen ko&#x0364;nnen &#x017F;ie beynahe<lb/>
wie Wa&#x017F;&#x017F;er trinken, und den Schwanz der Schafe,<lb/>
welcher ganz und gar aus lauter Fett be&#x017F;teht, ziehen &#x017F;ie<lb/>
allem andern vor. &#x2014; Berau&#x017F;chende Getra&#x0364;nke lieben<lb/>
&#x017F;ie auch &#x017F;ehr. Aus gewi&#x017F;&#x017F;en Wurzeln und aus Honig<lb/>
ver&#x017F;tehen &#x017F;ie einen Meth zu bereiten, der leicht und &#x017F;tark<lb/>
berau&#x017F;cht. Arrak und Branntwein trinken &#x017F;ie gern.<lb/>
Auf das Tobakrauchen &#x017F;ind &#x017F;ie &#x017F;ehr erpicht. Sie rau-<lb/>
chen ihn theils allein, theils mit Hanf vermi&#x017F;cht; wenn<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[165/0503] nach der dritten Afrikaniſchen Reiſe. ſie da auf dieſe Art ungeſtoͤrt bey einander. Gebrichts aber an Nahrung fuͤr ihr Vieh, oder ſtirbt jemand von ihnen, ſo zieht die ganze Dorfſchaft anders wohin. So ſind demnach die Hottentotten, eben ſo wie die Lappen und Araber, herumziehende Hirten. In einer Huͤtte wohnen einige zuſammen, die denn freylich keinen andern Platz haben, als daß ſie an der Wand herum ganz zuſam- mengekruͤmmt liegen koͤnnen. Hausgeraͤth haben ſie wenig oder nichts. Eben die Kleidung, welche einen Theil des Koͤrpers bedeckt, dient ihnen auch zum Bette. Das Eſſen kochen ſie in Waſſer, und zwar in ledernen Schlaͤuchen mit gluͤhend gemachten Steinen; einige bedienen ſich dazu doch aber auch irdener Toͤpfe. — Die Milch verwahren ſie in ledernen Saͤcken, Blaſen von Thieren und Koͤrben, die aus Rohr, und zwar ſo dicht, daß ſie Waſſer halten, geflochten ſind. Ein lederner Tobaksbeutel und eine ſteinerne oder hoͤlzerne Tobakspfeife machen, nebſt den Waffen, das uͤbrige aus. Hunde halten ſie allein bloß zur Vertheidigung ihrer Viehherden, wenn ſie auf der Weide ſind. Dieſe Hunde ſind ſehr haͤßlich, aber doch muthig und dreiſt. Fette Sachen ſind das, was die Hottentotten am liebſten, und mit unglaublicher Wohlluſt und Begierde, genießen. Das Fett von Seekuͤhen koͤnnen ſie beynahe wie Waſſer trinken, und den Schwanz der Schafe, welcher ganz und gar aus lauter Fett beſteht, ziehen ſie allem andern vor. — Berauſchende Getraͤnke lieben ſie auch ſehr. Aus gewiſſen Wurzeln und aus Honig verſtehen ſie einen Meth zu bereiten, der leicht und ſtark berauſcht. Arrak und Branntwein trinken ſie gern. Auf das Tobakrauchen ſind ſie ſehr erpicht. Sie rau- chen ihn theils allein, theils mit Hanf vermiſcht; wenn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/503
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/503>, abgerufen am 22.11.2024.