gemeinschaftliche Feinde; da bewaffnen sie sich alle und ziehen zusammen in den Streit. Ihre Waffen und Ge- wehr, so wohl auf der Jagd als im Kriege, bestehen in zugespitzten Wurfstäben (Kirris), Wurfspießen (Assaguay) und Bogen und giftigen Pfeilen.
In Wissenschaften und Künsten aller Art sind die Hottentotten eben so roh und unwissend, als in allen andern Dingen. Einige besitzen schlechterdings nichts eignes, weder Haus noch Hof, noch einen gewissen Ort des Aufenthalts. Ihr Handel ist sehr eingeschränkt; weit hin erstreckt er sich nicht, auch besteht er bloß im Tausche gewisser Waaren gegen andre. Geld oder Münze besitzen sie daher eben so wenig, als sie dessen bedürfen. Doch wissen die Namaquas, welche in ih- rem Lande Berge haben, die Kupferkies und so gar Ei- senstein enthalten, auf die ungekünstelteste und ein- fachste Art aus diesen Erzen Kupfer und Eisen zu schmelzen, das sie hernach schmieden und gebrauchen.
Ihre Hütten bauen die Hottentotten von hölzernen Sprossen, die sie in die Erde stecken und oben in Bogen zusammenbiegen, so daß sie eine runde Gestalt geben und eine Höhe von ungefähr zwey Ellen behalten. Diese bedecken sie hernach mit Matten, die aus Schilf ge- flochten sind. An der einen Seite lassen sie nach unten eine Oeffnung, von der Höhe einer Elle zum Eingange für die Menschen und zum Ausgange für den Rauch vom Herde, welcher sogleich vorn beym Eingange ist. Dergleichen Hütten, in einen bald größern bald kleinern Kreis zusammengestellt, machen ein Dorf aus. In- nerhalb des runden Bezirks eines solchen Dorfs wird das Vieh, wenigstens die Schafe, des Nachts eingenom- men und vor wilden Thieren gesichert. So lange in einer Gegend für das Vieh Weide genug ist, wohnen
Vierte Abtheilung. Aufenthalt zu Cap
gemeinſchaftliche Feinde; da bewaffnen ſie ſich alle und ziehen zuſammen in den Streit. Ihre Waffen und Ge- wehr, ſo wohl auf der Jagd als im Kriege, beſtehen in zugeſpitzten Wurfſtaͤben (Kirris), Wurfſpießen (Aſſaguay) und Bogen und giftigen Pfeilen.
In Wiſſenſchaften und Kuͤnſten aller Art ſind die Hottentotten eben ſo roh und unwiſſend, als in allen andern Dingen. Einige beſitzen ſchlechterdings nichts eignes, weder Haus noch Hof, noch einen gewiſſen Ort des Aufenthalts. Ihr Handel iſt ſehr eingeſchraͤnkt; weit hin erſtreckt er ſich nicht, auch beſteht er bloß im Tauſche gewiſſer Waaren gegen andre. Geld oder Muͤnze beſitzen ſie daher eben ſo wenig, als ſie deſſen beduͤrfen. Doch wiſſen die Namaquas, welche in ih- rem Lande Berge haben, die Kupferkies und ſo gar Ei- ſenſtein enthalten, auf die ungekuͤnſtelteſte und ein- fachſte Art aus dieſen Erzen Kupfer und Eiſen zu ſchmelzen, das ſie hernach ſchmieden und gebrauchen.
Ihre Huͤtten bauen die Hottentotten von hoͤlzernen Sproſſen, die ſie in die Erde ſtecken und oben in Bogen zuſammenbiegen, ſo daß ſie eine runde Geſtalt geben und eine Hoͤhe von ungefaͤhr zwey Ellen behalten. Dieſe bedecken ſie hernach mit Matten, die aus Schilf ge- flochten ſind. An der einen Seite laſſen ſie nach unten eine Oeffnung, von der Hoͤhe einer Elle zum Eingange fuͤr die Menſchen und zum Ausgange fuͤr den Rauch vom Herde, welcher ſogleich vorn beym Eingange iſt. Dergleichen Huͤtten, in einen bald groͤßern bald kleinern Kreis zuſammengeſtellt, machen ein Dorf aus. In- nerhalb des runden Bezirks eines ſolchen Dorfs wird das Vieh, wenigſtens die Schafe, des Nachts eingenom- men und vor wilden Thieren geſichert. So lange in einer Gegend fuͤr das Vieh Weide genug iſt, wohnen
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Vierte Abtheilung. Aufenthalt zu Cap
gemeinſchaftliche Feinde; da bewaffnen ſie ſich alle und
ziehen zuſammen in den Streit. Ihre Waffen und Ge-
wehr, ſo wohl auf der Jagd als im Kriege, beſtehen
in zugeſpitzten Wurfſtaͤben (Kirris), Wurfſpießen
(Aſſaguay) und Bogen und giftigen Pfeilen.
In Wiſſenſchaften und Kuͤnſten aller Art ſind die
Hottentotten eben ſo roh und unwiſſend, als in allen
andern Dingen. Einige beſitzen ſchlechterdings nichts
eignes, weder Haus noch Hof, noch einen gewiſſen Ort
des Aufenthalts. Ihr Handel iſt ſehr eingeſchraͤnkt;
weit hin erſtreckt er ſich nicht, auch beſteht er bloß im
Tauſche gewiſſer Waaren gegen andre. Geld oder
Muͤnze beſitzen ſie daher eben ſo wenig, als ſie deſſen
beduͤrfen. Doch wiſſen die Namaquas, welche in ih-
rem Lande Berge haben, die Kupferkies und ſo gar Ei-
ſenſtein enthalten, auf die ungekuͤnſtelteſte und ein-
fachſte Art aus dieſen Erzen Kupfer und Eiſen zu
ſchmelzen, das ſie hernach ſchmieden und gebrauchen.
Ihre Huͤtten bauen die Hottentotten von hoͤlzernen
Sproſſen, die ſie in die Erde ſtecken und oben in Bogen
zuſammenbiegen, ſo daß ſie eine runde Geſtalt geben
und eine Hoͤhe von ungefaͤhr zwey Ellen behalten. Dieſe
bedecken ſie hernach mit Matten, die aus Schilf ge-
flochten ſind. An der einen Seite laſſen ſie nach unten
eine Oeffnung, von der Hoͤhe einer Elle zum Eingange
fuͤr die Menſchen und zum Ausgange fuͤr den Rauch
vom Herde, welcher ſogleich vorn beym Eingange iſt.
Dergleichen Huͤtten, in einen bald groͤßern bald kleinern
Kreis zuſammengeſtellt, machen ein Dorf aus. In-
nerhalb des runden Bezirks eines ſolchen Dorfs wird das
Vieh, wenigſtens die Schafe, des Nachts eingenom-
men und vor wilden Thieren geſichert. So lange in
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/502>, abgerufen am 22.11.2024.
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