Gefangenen gemacht, die aber meistentheils kleine Kin- der waren, und zum Theil mitgeführt wurden. Im Jahr 1765 sollen sie bey einer ähnlichen Expedition hundert und sechs und achtzig todtgeschossen haben. Von den jetzt dorther zurückkommenden Christen hatte keiner das Leben verlohren.
Die Hottentotten werden wie Bundesgenossen an- gesehen, und dürfen daher nicht zu Sklaven gemacht werden. Diejenigen von ihnen aber, welche im Kriege gefangen genommen werden, besonders junge Leute, wer- den auf einige Zeit Leibeigene, und müssen ohne Lohn die- nen, dürfen aber nicht an andre verkauft werden. Wenn ein Kolonist ein älternloses Hottentottisches Kind zu sich nimmt, um es groß zu ziehen, so muß es zwar bis in sein fünf und zwanzigstes Jahr umsonst dienen; alsdann aber hat es Freyheit, entweder davon zu gehen, oder noch länger, jedoch für bestimmten jährlichen Lohn, zu dienen.
Die Buschmänner fügen indessen nicht nur den Kolonisten Schaden zu, sondern bestehlen und berauben auch die hier wohnenden andern Hottentotten, welche auch von jenen durch die unter ihnen ausgeübten Gewalt- thätigkeiten und Plünderungen größtentheils wirklich rui- nirt sind, und sich daher in Menge bey den Kolonisten in Dienst gegeben haben.
Die Buschhottentotten gebrauchen bisweilen Wurfspieße, die aber dickere und kürzere Schafte haben, als die Assagayen der Kaffern. Sie bedienen sich ihrer nicht nur zum Werfen, sondern auch das gestohlne Vieh damit todt zu stechen. Ihr eigentliches Gewehr aber, womit sie Krieg führen und sich vertheidigen, sind Bo- gen und giftige Pfeile, womit sie sehr gut umzugehen wissen. Der Pfeil ist mit einem dreyeckigen dünnen
Reiſe durchs Bockland und ins Rockenland.
Gefangenen gemacht, die aber meiſtentheils kleine Kin- der waren, und zum Theil mitgefuͤhrt wurden. Im Jahr 1765 ſollen ſie bey einer aͤhnlichen Expedition hundert und ſechs und achtzig todtgeſchoſſen haben. Von den jetzt dorther zuruͤckkommenden Chriſten hatte keiner das Leben verlohren.
Die Hottentotten werden wie Bundesgenoſſen an- geſehen, und duͤrfen daher nicht zu Sklaven gemacht werden. Diejenigen von ihnen aber, welche im Kriege gefangen genommen werden, beſonders junge Leute, wer- den auf einige Zeit Leibeigene, und muͤſſen ohne Lohn die- nen, duͤrfen aber nicht an andre verkauft werden. Wenn ein Koloniſt ein aͤlternloſes Hottentottiſches Kind zu ſich nimmt, um es groß zu ziehen, ſo muß es zwar bis in ſein fuͤnf und zwanzigſtes Jahr umſonſt dienen; alsdann aber hat es Freyheit, entweder davon zu gehen, oder noch laͤnger, jedoch fuͤr beſtimmten jaͤhrlichen Lohn, zu dienen.
Die Buſchmaͤnner fuͤgen indeſſen nicht nur den Koloniſten Schaden zu, ſondern beſtehlen und berauben auch die hier wohnenden andern Hottentotten, welche auch von jenen durch die unter ihnen ausgeuͤbten Gewalt- thaͤtigkeiten und Pluͤnderungen groͤßtentheils wirklich rui- nirt ſind, und ſich daher in Menge bey den Koloniſten in Dienſt gegeben haben.
Die Buſchhottentotten gebrauchen bisweilen Wurfſpieße, die aber dickere und kuͤrzere Schafte haben, als die Aſſagayen der Kaffern. Sie bedienen ſich ihrer nicht nur zum Werfen, ſondern auch das geſtohlne Vieh damit todt zu ſtechen. Ihr eigentliches Gewehr aber, womit ſie Krieg fuͤhren und ſich vertheidigen, ſind Bo- gen und giftige Pfeile, womit ſie ſehr gut umzugehen wiſſen. Der Pfeil iſt mit einem dreyeckigen duͤnnen
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Reiſe durchs Bockland und ins Rockenland.
Gefangenen gemacht, die aber meiſtentheils kleine Kin-
der waren, und zum Theil mitgefuͤhrt wurden. Im
Jahr 1765 ſollen ſie bey einer aͤhnlichen Expedition
hundert und ſechs und achtzig todtgeſchoſſen haben.
Von den jetzt dorther zuruͤckkommenden Chriſten hatte
keiner das Leben verlohren.
Die Hottentotten werden wie Bundesgenoſſen an-
geſehen, und duͤrfen daher nicht zu Sklaven gemacht
werden. Diejenigen von ihnen aber, welche im Kriege
gefangen genommen werden, beſonders junge Leute, wer-
den auf einige Zeit Leibeigene, und muͤſſen ohne Lohn die-
nen, duͤrfen aber nicht an andre verkauft werden. Wenn
ein Koloniſt ein aͤlternloſes Hottentottiſches Kind zu ſich
nimmt, um es groß zu ziehen, ſo muß es zwar bis in
ſein fuͤnf und zwanzigſtes Jahr umſonſt dienen; alsdann
aber hat es Freyheit, entweder davon zu gehen, oder
noch laͤnger, jedoch fuͤr beſtimmten jaͤhrlichen Lohn, zu
dienen.
Die Buſchmaͤnner fuͤgen indeſſen nicht nur den
Koloniſten Schaden zu, ſondern beſtehlen und berauben
auch die hier wohnenden andern Hottentotten, welche
auch von jenen durch die unter ihnen ausgeuͤbten Gewalt-
thaͤtigkeiten und Pluͤnderungen groͤßtentheils wirklich rui-
nirt ſind, und ſich daher in Menge bey den Koloniſten
in Dienſt gegeben haben.
Die Buſchhottentotten gebrauchen bisweilen
Wurfſpieße, die aber dickere und kuͤrzere Schafte haben,
als die Aſſagayen der Kaffern. Sie bedienen ſich ihrer
nicht nur zum Werfen, ſondern auch das geſtohlne Vieh
damit todt zu ſtechen. Ihr eigentliches Gewehr aber,
womit ſie Krieg fuͤhren und ſich vertheidigen, ſind Bo-
gen und giftige Pfeile, womit ſie ſehr gut umzugehen
wiſſen. Der Pfeil iſt mit einem dreyeckigen duͤnnen
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/475>, abgerufen am 22.11.2024.
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