kraut (Spartium scopavium), den deutschen Geniste, das rohrartige Glanzgras (Phalaris arundinacea) und andre Gewächse. In den Wirthshäusern, deren man auf dieser Straße viele antrifft, findet man zur Erfri- schung starkes Bier, Wein und Meet. Das Prinzliche Schloß vor Haag, welches einen schönen Garten hat, ging ich vorbey. Doch besah ich, ehe ich zur Stadt kam, den medicinischen Garten, welcher ziemlich klein ist, aber gleichwohl einige ungemein seltne Gewächse enthielt.
Haag ist eine hübsche Stadt. Die Häuser sind viel breiter, als man sie in Holland gemeiniglich findet, und kommen den Häusern zu Stockholm und Paris nahe. Die Dächer gehen nach vorn, und haben kei- nen Giebel. Die Märkte sind außerordentlich groß und mit Bäumen bepflanzt.
Zu Haag logirte ich bey einem Schweden aus Cal- mar. In seinem Hause sah ich einen Schwedischen Ka- chelofen. In ganz Holland bedient man sich, wie ich schon bemerkt habe, der Kamine, die man mit Torf heitzt. Diese sind auch nicht so eingerichtet, daß man die Röhre mit einer eisernen Platte zuschieben oder zudecken kann, damit die Wärme nicht herausgehe. Die Einwohner glauben, solche Kamine, so wie auch Oefen, würden in einem so feuchten Lande mehr nachtheilig als mützlich seyn, und bilden sich ein, sie möchten dadurch noch mehr Schnupfen, Flüsse und Gicht bekommen. Die wahre Ursache aber scheint wohl die zu seyn, daß es an Holz fehlt, oder dieses doch wenigstens im ganzen Lande höchst theuer ist, und Oefen sich nicht recht gut mit Torf heitzen lassen. Der Torf wird hier bald tonnenweise, bald nach der Zahl verkauft. Er dunstet auf eine unangenehme Art, beynahe wie Fett, so daß jemand, der dessen nicht
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Aufenthalt und Reiſen in Holland.
kraut (Spartium ſcopavium), den deutſchen Geniſte, das rohrartige Glanzgras (Phalaris arundinacea) und andre Gewaͤchſe. In den Wirthshaͤuſern, deren man auf dieſer Straße viele antrifft, findet man zur Erfri- ſchung ſtarkes Bier, Wein und Meet. Das Prinzliche Schloß vor Haag, welches einen ſchoͤnen Garten hat, ging ich vorbey. Doch beſah ich, ehe ich zur Stadt kam, den mediciniſchen Garten, welcher ziemlich klein iſt, aber gleichwohl einige ungemein ſeltne Gewaͤchſe enthielt.
Haag iſt eine huͤbſche Stadt. Die Haͤuſer ſind viel breiter, als man ſie in Holland gemeiniglich findet, und kommen den Haͤuſern zu Stockholm und Paris nahe. Die Daͤcher gehen nach vorn, und haben kei- nen Giebel. Die Maͤrkte ſind außerordentlich groß und mit Baͤumen bepflanzt.
Zu Haag logirte ich bey einem Schweden aus Cal- mar. In ſeinem Hauſe ſah ich einen Schwediſchen Ka- chelofen. In ganz Holland bedient man ſich, wie ich ſchon bemerkt habe, der Kamine, die man mit Torf heitzt. Dieſe ſind auch nicht ſo eingerichtet, daß man die Roͤhre mit einer eiſernen Platte zuſchieben oder zudecken kann, damit die Waͤrme nicht herausgehe. Die Einwohner glauben, ſolche Kamine, ſo wie auch Oefen, wuͤrden in einem ſo feuchten Lande mehr nachtheilig als muͤtzlich ſeyn, und bilden ſich ein, ſie moͤchten dadurch noch mehr Schnupfen, Fluͤſſe und Gicht bekommen. Die wahre Urſache aber ſcheint wohl die zu ſeyn, daß es an Holz fehlt, oder dieſes doch wenigſtens im ganzen Lande hoͤchſt theuer iſt, und Oefen ſich nicht recht gut mit Torf heitzen laſſen. Der Torf wird hier bald tonnenweiſe, bald nach der Zahl verkauft. Er dunſtet auf eine unangenehme Art, beynahe wie Fett, ſo daß jemand, der deſſen nicht
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Aufenthalt und Reiſen in Holland.
kraut (Spartium ſcopavium), den deutſchen Geniſte,
das rohrartige Glanzgras (Phalaris arundinacea) und
andre Gewaͤchſe. In den Wirthshaͤuſern, deren man
auf dieſer Straße viele antrifft, findet man zur Erfri-
ſchung ſtarkes Bier, Wein und Meet. Das Prinzliche
Schloß vor Haag, welches einen ſchoͤnen Garten hat,
ging ich vorbey. Doch beſah ich, ehe ich zur Stadt
kam, den mediciniſchen Garten, welcher ziemlich klein
iſt, aber gleichwohl einige ungemein ſeltne Gewaͤchſe
enthielt.
Haag iſt eine huͤbſche Stadt. Die Haͤuſer ſind
viel breiter, als man ſie in Holland gemeiniglich findet,
und kommen den Haͤuſern zu Stockholm und Paris
nahe. Die Daͤcher gehen nach vorn, und haben kei-
nen Giebel. Die Maͤrkte ſind außerordentlich groß und
mit Baͤumen bepflanzt.
Zu Haag logirte ich bey einem Schweden aus Cal-
mar. In ſeinem Hauſe ſah ich einen Schwediſchen Ka-
chelofen. In ganz Holland bedient man ſich, wie ich
ſchon bemerkt habe, der Kamine, die man mit Torf heitzt.
Dieſe ſind auch nicht ſo eingerichtet, daß man die Roͤhre
mit einer eiſernen Platte zuſchieben oder zudecken kann,
damit die Waͤrme nicht herausgehe. Die Einwohner
glauben, ſolche Kamine, ſo wie auch Oefen, wuͤrden in
einem ſo feuchten Lande mehr nachtheilig als muͤtzlich ſeyn,
und bilden ſich ein, ſie moͤchten dadurch noch mehr
Schnupfen, Fluͤſſe und Gicht bekommen. Die wahre
Urſache aber ſcheint wohl die zu ſeyn, daß es an Holz
fehlt, oder dieſes doch wenigſtens im ganzen Lande hoͤchſt
theuer iſt, und Oefen ſich nicht recht gut mit Torf heitzen
laſſen. Der Torf wird hier bald tonnenweiſe, bald nach
der Zahl verkauft. Er dunſtet auf eine unangenehme
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/47>, abgerufen am 23.11.2024.
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