kleine Ritze, worin ein Baum, dem Anscheine nach von der Gattung des Eisenholzes (Sideroxylon) seine Wurzeln befestiget hatte, der vollkommen frisch und im besten Gedeihen, und über vier Ellen hoch war, ob er gleich zu seinem Wachsthum und Nahrung nicht mehr Wasser, als das wenige, das während der Regenzeit in der Ritze stehen bleibt, haben konnte.
Die Berge hier und rund umher haben übrigens ein dürres, mageres, kümmerliches Ansehen; sie sehen wie verbrannt aus, und sind mit einer Menge großer, nackter und loser Steine bedeckt.
Unterdessen daß wir uns hier erfrischten, und auch unsre abgematteten Zugochsen sich erquicken ließen, kam vom Elefantenflusse (Olifants-Rivier) ein Landmann zu Pferde an, der uns erzählte, daß da, wo unser Weg durchging, sich ein Löwe aufhielte, den man noch neulich am Wege gesehen, und der einem Hottentotten nachgesetzt hätte. Wir konnten gleichwohl nicht umhin, diese gefährliche Straße zu reisen, sondern brachen be- reits am folgenden Tage dahin auf. Um desto besser auf unserer Huth zu seyn, ritten wir den ganzen Tag mit scharf geladner Büchse, und zwar den Hahn gespannt, im Ar- me, bis wir Abends spät zu Peter van Seele am Ele- fantenflusse anlangten. Hier verweilten wir einige Tage und es gefiel uns bey diesen freundschaftlichen und gast- freyen Leuten sehr wohl.
Der Weg war größtentheils sandig, und die An- höhen, welche wir zu passiren hatten, zeigten auf ihren kahlen Oberflächen rothen Sandstein mit darin sitzenden Kieselsteinen, welche letztere vermuthlich in den Sand- stein hinein gekommen und von demselben umschlossen wa- ren, ehe er so hart geworden, daß er einen festen Berg ausgemacht. Eben so scheint ihre glatte Oberfläche davon
her-
Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
kleine Ritze, worin ein Baum, dem Anſcheine nach von der Gattung des Eiſenholzes (Sideroxylon) ſeine Wurzeln befeſtiget hatte, der vollkommen friſch und im beſten Gedeihen, und uͤber vier Ellen hoch war, ob er gleich zu ſeinem Wachsthum und Nahrung nicht mehr Waſſer, als das wenige, das waͤhrend der Regenzeit in der Ritze ſtehen bleibt, haben konnte.
Die Berge hier und rund umher haben uͤbrigens ein duͤrres, mageres, kuͤmmerliches Anſehen; ſie ſehen wie verbrannt aus, und ſind mit einer Menge großer, nackter und loſer Steine bedeckt.
Unterdeſſen daß wir uns hier erfriſchten, und auch unſre abgematteten Zugochſen ſich erquicken ließen, kam vom Elefantenfluſſe (Olifants-Rivier) ein Landmann zu Pferde an, der uns erzaͤhlte, daß da, wo unſer Weg durchging, ſich ein Loͤwe aufhielte, den man noch neulich am Wege geſehen, und der einem Hottentotten nachgeſetzt haͤtte. Wir konnten gleichwohl nicht umhin, dieſe gefaͤhrliche Straße zu reiſen, ſondern brachen be- reits am folgenden Tage dahin auf. Um deſto beſſer auf unſerer Huth zu ſeyn, ritten wir den ganzen Tag mit ſcharf geladner Buͤchſe, und zwar den Hahn geſpannt, im Ar- me, bis wir Abends ſpaͤt zu Peter van Seele am Ele- fantenfluſſe anlangten. Hier verweilten wir einige Tage und es gefiel uns bey dieſen freundſchaftlichen und gaſt- freyen Leuten ſehr wohl.
Der Weg war groͤßtentheils ſandig, und die An- hoͤhen, welche wir zu paſſiren hatten, zeigten auf ihren kahlen Oberflaͤchen rothen Sandſtein mit darin ſitzenden Kieſelſteinen, welche letztere vermuthlich in den Sand- ſtein hinein gekommen und von demſelben umſchloſſen wa- ren, ehe er ſo hart geworden, daß er einen feſten Berg ausgemacht. Eben ſo ſcheint ihre glatte Oberflaͤche davon
her-
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0466"n="128"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.</hi></fw><lb/>
kleine Ritze, worin ein Baum, dem Anſcheine nach<lb/>
von der Gattung des Eiſenholzes (<hirendition="#aq">Sideroxylon</hi>) ſeine<lb/>
Wurzeln befeſtiget hatte, der vollkommen friſch und im<lb/>
beſten Gedeihen, und uͤber vier Ellen hoch war, ob er<lb/>
gleich zu ſeinem Wachsthum und Nahrung nicht mehr<lb/>
Waſſer, als das wenige, das waͤhrend der Regenzeit<lb/>
in der Ritze ſtehen bleibt, haben konnte.</p><lb/><p>Die Berge hier und rund umher haben uͤbrigens<lb/>
ein duͤrres, mageres, kuͤmmerliches Anſehen; ſie ſehen<lb/>
wie verbrannt aus, und ſind mit einer Menge großer,<lb/>
nackter und loſer Steine bedeckt.</p><lb/><p>Unterdeſſen daß wir uns hier erfriſchten, und auch<lb/>
unſre abgematteten Zugochſen ſich erquicken ließen, kam<lb/>
vom <placeName>Elefantenfluſſe</placeName> (<hirendition="#aq"><placeName>Olifants-Rivier</placeName></hi>) ein Landmann<lb/>
zu Pferde an, der uns erzaͤhlte, daß da, wo unſer<lb/>
Weg durchging, ſich ein Loͤwe aufhielte, den man noch<lb/>
neulich am Wege geſehen, und der einem Hottentotten<lb/>
nachgeſetzt haͤtte. Wir konnten gleichwohl nicht umhin,<lb/>
dieſe gefaͤhrliche Straße zu reiſen, ſondern brachen be-<lb/>
reits am folgenden Tage dahin auf. Um deſto beſſer auf<lb/>
unſerer Huth zu ſeyn, ritten wir den ganzen Tag mit ſcharf<lb/>
geladner Buͤchſe, und zwar den Hahn geſpannt, im Ar-<lb/>
me, bis wir Abends ſpaͤt zu <persName>Peter van Seele</persName> am <placeName>Ele-<lb/>
fantenfluſſe</placeName> anlangten. Hier verweilten wir einige Tage<lb/>
und es gefiel uns bey dieſen freundſchaftlichen und gaſt-<lb/>
freyen Leuten ſehr wohl.</p><lb/><p>Der Weg war groͤßtentheils ſandig, und die An-<lb/>
hoͤhen, welche wir zu paſſiren hatten, zeigten auf ihren<lb/>
kahlen Oberflaͤchen rothen Sandſtein mit darin ſitzenden<lb/>
Kieſelſteinen, welche letztere vermuthlich in den Sand-<lb/>ſtein hinein gekommen und von demſelben umſchloſſen wa-<lb/>
ren, ehe er ſo hart geworden, daß er einen feſten Berg<lb/>
ausgemacht. Eben ſo ſcheint ihre glatte Oberflaͤche davon<lb/><fwplace="bottom"type="catch">her-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[128/0466]
Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
kleine Ritze, worin ein Baum, dem Anſcheine nach
von der Gattung des Eiſenholzes (Sideroxylon) ſeine
Wurzeln befeſtiget hatte, der vollkommen friſch und im
beſten Gedeihen, und uͤber vier Ellen hoch war, ob er
gleich zu ſeinem Wachsthum und Nahrung nicht mehr
Waſſer, als das wenige, das waͤhrend der Regenzeit
in der Ritze ſtehen bleibt, haben konnte.
Die Berge hier und rund umher haben uͤbrigens
ein duͤrres, mageres, kuͤmmerliches Anſehen; ſie ſehen
wie verbrannt aus, und ſind mit einer Menge großer,
nackter und loſer Steine bedeckt.
Unterdeſſen daß wir uns hier erfriſchten, und auch
unſre abgematteten Zugochſen ſich erquicken ließen, kam
vom Elefantenfluſſe (Olifants-Rivier) ein Landmann
zu Pferde an, der uns erzaͤhlte, daß da, wo unſer
Weg durchging, ſich ein Loͤwe aufhielte, den man noch
neulich am Wege geſehen, und der einem Hottentotten
nachgeſetzt haͤtte. Wir konnten gleichwohl nicht umhin,
dieſe gefaͤhrliche Straße zu reiſen, ſondern brachen be-
reits am folgenden Tage dahin auf. Um deſto beſſer auf
unſerer Huth zu ſeyn, ritten wir den ganzen Tag mit ſcharf
geladner Buͤchſe, und zwar den Hahn geſpannt, im Ar-
me, bis wir Abends ſpaͤt zu Peter van Seele am Ele-
fantenfluſſe anlangten. Hier verweilten wir einige Tage
und es gefiel uns bey dieſen freundſchaftlichen und gaſt-
freyen Leuten ſehr wohl.
Der Weg war groͤßtentheils ſandig, und die An-
hoͤhen, welche wir zu paſſiren hatten, zeigten auf ihren
kahlen Oberflaͤchen rothen Sandſtein mit darin ſitzenden
Kieſelſteinen, welche letztere vermuthlich in den Sand-
ſtein hinein gekommen und von demſelben umſchloſſen wa-
ren, ehe er ſo hart geworden, daß er einen feſten Berg
ausgemacht. Eben ſo ſcheint ihre glatte Oberflaͤche davon
her-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/466>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.