Nun etwas zur Botanik gehöriges. Die Zwie- belgewächse ruhen hier ohne Zweifel bisweilen aus, weil man sie nicht alle Jahre in gleicher Menge sieht. An einigen Stellen findet man sie das eine Jahr in der größ- ten Menge, und das folgende Jahr fast gar nicht.
Die Frucht der Zaserblume (Mesembryanthe- mum) wird bisweilen als eine Seltenheit nach der Stadt gebracht, und hier Rose von Jericho genannt. Wenn man sie ins Wasser legt, öffnet sie nach und nach alle ihre Samenbehältnisse, und sieht völlig wie eine Sonne aus; wenn sie wieder trocken wird, zieht sie sich allmählig zusammen. Eine sonderbare, aber auch sehr nöthige Eigenschaft, die von einer weisen Einrich- tung des Schöpfers zeugt. Denn dies Gewächs, das in den dürresten Ebenen wächst, schließt seine Samen- körner während der heißen trocknen Zeit sorgfältig ein, wenn aber die Regenzeit eintritt, und der Same auf- gehen kann, öffnet es seine Behältnisse, und läßt den Samen herausfallen, damit er vom Winde umher ge- streuet werden kann. Das Wasser, worin eine solche Frucht gelegen hat, giebt man bisweilen schwangern Frauen, die ihre Niederkunft erwarten, weil man glaubt, es erleichtre ihnen die Entbindung.
Granatäpfel wachsen zwar in verschiednen Gärten, werden aber nicht verkauft, in der Stadt auch eben nicht häufig gegessen. Desto häufiger werden ächte Ka- stanien (Aesculus pavia) zum Verkauf gebracht. Man ißt sie theils als Frucht bey Tische, theils gebraten und geschält mit etwas Butter.
Bey dem Rathsherrn Berg sah ich einen sehr son- derbaren Schwamm, der ihm als eine merkwürdige Seltenheit von einem im Innern des Landes wohnenden Kolonisten zugeschickt war. Dieser Schwamm, wel-
cher
Zweyte Abtheilung. Aufenthalt zu Cap
Nun etwas zur Botanik gehoͤriges. Die Zwie- belgewaͤchſe ruhen hier ohne Zweifel bisweilen aus, weil man ſie nicht alle Jahre in gleicher Menge ſieht. An einigen Stellen findet man ſie das eine Jahr in der groͤß- ten Menge, und das folgende Jahr faſt gar nicht.
Die Frucht der Zaſerblume (Meſembryanthe- mum) wird bisweilen als eine Seltenheit nach der Stadt gebracht, und hier Roſe von Jericho genannt. Wenn man ſie ins Waſſer legt, oͤffnet ſie nach und nach alle ihre Samenbehaͤltniſſe, und ſieht voͤllig wie eine Sonne aus; wenn ſie wieder trocken wird, zieht ſie ſich allmaͤhlig zuſammen. Eine ſonderbare, aber auch ſehr noͤthige Eigenſchaft, die von einer weiſen Einrich- tung des Schoͤpfers zeugt. Denn dies Gewaͤchs, das in den duͤrreſten Ebenen waͤchſt, ſchließt ſeine Samen- koͤrner waͤhrend der heißen trocknen Zeit ſorgfaͤltig ein, wenn aber die Regenzeit eintritt, und der Same auf- gehen kann, oͤffnet es ſeine Behaͤltniſſe, und laͤßt den Samen herausfallen, damit er vom Winde umher ge- ſtreuet werden kann. Das Waſſer, worin eine ſolche Frucht gelegen hat, giebt man bisweilen ſchwangern Frauen, die ihre Niederkunft erwarten, weil man glaubt, es erleichtre ihnen die Entbindung.
Granataͤpfel wachſen zwar in verſchiednen Gaͤrten, werden aber nicht verkauft, in der Stadt auch eben nicht haͤufig gegeſſen. Deſto haͤufiger werden aͤchte Ka- ſtanien (Aeſculus pavia) zum Verkauf gebracht. Man ißt ſie theils als Frucht bey Tiſche, theils gebraten und geſchaͤlt mit etwas Butter.
Bey dem Rathsherrn Berg ſah ich einen ſehr ſon- derbaren Schwamm, der ihm als eine merkwuͤrdige Seltenheit von einem im Innern des Landes wohnenden Koloniſten zugeſchickt war. Dieſer Schwamm, wel-
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Zweyte Abtheilung. Aufenthalt zu Cap
Nun etwas zur Botanik gehoͤriges. Die Zwie-
belgewaͤchſe ruhen hier ohne Zweifel bisweilen aus, weil
man ſie nicht alle Jahre in gleicher Menge ſieht. An
einigen Stellen findet man ſie das eine Jahr in der groͤß-
ten Menge, und das folgende Jahr faſt gar nicht.
Die Frucht der Zaſerblume (Meſembryanthe-
mum) wird bisweilen als eine Seltenheit nach der
Stadt gebracht, und hier Roſe von Jericho genannt.
Wenn man ſie ins Waſſer legt, oͤffnet ſie nach und
nach alle ihre Samenbehaͤltniſſe, und ſieht voͤllig wie
eine Sonne aus; wenn ſie wieder trocken wird, zieht ſie
ſich allmaͤhlig zuſammen. Eine ſonderbare, aber auch
ſehr noͤthige Eigenſchaft, die von einer weiſen Einrich-
tung des Schoͤpfers zeugt. Denn dies Gewaͤchs, das
in den duͤrreſten Ebenen waͤchſt, ſchließt ſeine Samen-
koͤrner waͤhrend der heißen trocknen Zeit ſorgfaͤltig ein,
wenn aber die Regenzeit eintritt, und der Same auf-
gehen kann, oͤffnet es ſeine Behaͤltniſſe, und laͤßt den
Samen herausfallen, damit er vom Winde umher ge-
ſtreuet werden kann. Das Waſſer, worin eine ſolche
Frucht gelegen hat, giebt man bisweilen ſchwangern
Frauen, die ihre Niederkunft erwarten, weil man
glaubt, es erleichtre ihnen die Entbindung.
Granataͤpfel wachſen zwar in verſchiednen Gaͤrten,
werden aber nicht verkauft, in der Stadt auch eben
nicht haͤufig gegeſſen. Deſto haͤufiger werden aͤchte Ka-
ſtanien (Aeſculus pavia) zum Verkauf gebracht. Man
ißt ſie theils als Frucht bey Tiſche, theils gebraten und
geſchaͤlt mit etwas Butter.
Bey dem Rathsherrn Berg ſah ich einen ſehr ſon-
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Seltenheit von einem im Innern des Landes wohnenden
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/450>, abgerufen am 22.11.2024.
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