und das Kalb ließen wir den Hottentotten, die dann auch nicht säumten, sogleich ein großes Feuer anzuzün- den, und das für sie bestimmte Fleisch zu braten. Das allererste, welches sie aussuchten und aufs Feuer legten, waren die Bein- und Schenkelknochen; das Mark bra- tete also in den Knochen selbst, und wurde von ihnen, als das, worauf sie am ganzen Thiere den meisten Werth setzen, mit dem größten Appetit verzehrt. Die Därme, Eingeweide, Fleisch und andre Sachen hingen sie auf die Zweige und Bäume umher, so daß der Platz in kur- zer Zeit, wie die Stelle, wo die Schlächter ihr Vieh schlachten, aussah. Sie selbst lagerten sich rund her- um, um zu braten, zu essen und zu schlafen.
Als der Tag anfing sich zu neigen, fanden ich und meine Reisegesellschafter für gut, uns wieder zu unserm Fuhrwerke zu begeben, um das Festbinden unsrer Ochsen zu besorgen, ehe es ganz finster würde. Unterweges gingen wir in der Entfernung von einigen hundert Schritten fünf Löwen vorbey, die bey unserm Anblicke so höflich waren, wegzugehen und sich ins Holz zu verfü- gen. Hierauf banden wir unser Zugvieh an den Wa- gen fest, schossen ein Paar Schüsse in die Luft, zün- deten rings um unsre Lagerstelle einige Feuer an, (eine Vorsicht, die sowohl der Elefanten, als auch hauptsäch- lich der Löwen wegen sehr nöthig ist), legten uns nieder und an jede Seite eine geladne Büchse, und schliefen so in Gottes Nahmen ruhig ein. Diese Umstände beobach- teten wir seit dieser Zeit immer, wenn wir in der Noth- wendigkeit waren, auf freyem Felde in solchen Gegen- den zu campiren, wo Menschen am Tage, und wilde Thiere des Nachts, wechselsweise uns in ihrer Gewalt zu haben schienen. Die wilden Thiere liegen während der Hitze des Tages meistentheils im Schatten der Wäl-
Erſte Abtheilung. Dritter Abſchnitt.
und das Kalb ließen wir den Hottentotten, die dann auch nicht ſaͤumten, ſogleich ein großes Feuer anzuzuͤn- den, und das fuͤr ſie beſtimmte Fleiſch zu braten. Das allererſte, welches ſie ausſuchten und aufs Feuer legten, waren die Bein- und Schenkelknochen; das Mark bra- tete alſo in den Knochen ſelbſt, und wurde von ihnen, als das, worauf ſie am ganzen Thiere den meiſten Werth ſetzen, mit dem groͤßten Appetit verzehrt. Die Daͤrme, Eingeweide, Fleiſch und andre Sachen hingen ſie auf die Zweige und Baͤume umher, ſo daß der Platz in kur- zer Zeit, wie die Stelle, wo die Schlaͤchter ihr Vieh ſchlachten, ausſah. Sie ſelbſt lagerten ſich rund her- um, um zu braten, zu eſſen und zu ſchlafen.
Als der Tag anfing ſich zu neigen, fanden ich und meine Reiſegeſellſchafter fuͤr gut, uns wieder zu unſerm Fuhrwerke zu begeben, um das Feſtbinden unſrer Ochſen zu beſorgen, ehe es ganz finſter wuͤrde. Unterweges gingen wir in der Entfernung von einigen hundert Schritten fuͤnf Loͤwen vorbey, die bey unſerm Anblicke ſo hoͤflich waren, wegzugehen und ſich ins Holz zu verfuͤ- gen. Hierauf banden wir unſer Zugvieh an den Wa- gen feſt, ſchoſſen ein Paar Schuͤſſe in die Luft, zuͤn- deten rings um unſre Lagerſtelle einige Feuer an, (eine Vorſicht, die ſowohl der Elefanten, als auch hauptſaͤch- lich der Loͤwen wegen ſehr noͤthig iſt), legten uns nieder und an jede Seite eine geladne Buͤchſe, und ſchliefen ſo in Gottes Nahmen ruhig ein. Dieſe Umſtaͤnde beobach- teten wir ſeit dieſer Zeit immer, wenn wir in der Noth- wendigkeit waren, auf freyem Felde in ſolchen Gegen- den zu campiren, wo Menſchen am Tage, und wilde Thiere des Nachts, wechſelsweiſe uns in ihrer Gewalt zu haben ſchienen. Die wilden Thiere liegen waͤhrend der Hitze des Tages meiſtentheils im Schatten der Waͤl-
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Erſte Abtheilung. Dritter Abſchnitt.
und das Kalb ließen wir den Hottentotten, die dann
auch nicht ſaͤumten, ſogleich ein großes Feuer anzuzuͤn-
den, und das fuͤr ſie beſtimmte Fleiſch zu braten. Das
allererſte, welches ſie ausſuchten und aufs Feuer legten,
waren die Bein- und Schenkelknochen; das Mark bra-
tete alſo in den Knochen ſelbſt, und wurde von ihnen, als
das, worauf ſie am ganzen Thiere den meiſten Werth
ſetzen, mit dem groͤßten Appetit verzehrt. Die Daͤrme,
Eingeweide, Fleiſch und andre Sachen hingen ſie auf
die Zweige und Baͤume umher, ſo daß der Platz in kur-
zer Zeit, wie die Stelle, wo die Schlaͤchter ihr Vieh
ſchlachten, ausſah. Sie ſelbſt lagerten ſich rund her-
um, um zu braten, zu eſſen und zu ſchlafen.
Als der Tag anfing ſich zu neigen, fanden ich und
meine Reiſegeſellſchafter fuͤr gut, uns wieder zu unſerm
Fuhrwerke zu begeben, um das Feſtbinden unſrer Ochſen
zu beſorgen, ehe es ganz finſter wuͤrde. Unterweges
gingen wir in der Entfernung von einigen hundert
Schritten fuͤnf Loͤwen vorbey, die bey unſerm Anblicke ſo
hoͤflich waren, wegzugehen und ſich ins Holz zu verfuͤ-
gen. Hierauf banden wir unſer Zugvieh an den Wa-
gen feſt, ſchoſſen ein Paar Schuͤſſe in die Luft, zuͤn-
deten rings um unſre Lagerſtelle einige Feuer an, (eine
Vorſicht, die ſowohl der Elefanten, als auch hauptſaͤch-
lich der Loͤwen wegen ſehr noͤthig iſt), legten uns nieder
und an jede Seite eine geladne Buͤchſe, und ſchliefen ſo
in Gottes Nahmen ruhig ein. Dieſe Umſtaͤnde beobach-
teten wir ſeit dieſer Zeit immer, wenn wir in der Noth-
wendigkeit waren, auf freyem Felde in ſolchen Gegen-
den zu campiren, wo Menſchen am Tage, und wilde
Thiere des Nachts, wechſelsweiſe uns in ihrer Gewalt
zu haben ſchienen. Die wilden Thiere liegen waͤhrend
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/414>, abgerufen am 23.07.2024.
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