einander unter lautem herzlichen Lachen an, und endlich, welches das possirlichste war, guckten sie auch hinter den Spiegel, ob sie da eben die Bilder fänden, die sie im Spiegel gesehen hatten. Einige von diesen Leuten hat- ten einen spitz zugehenden ledernen Beutel mit vier Rie- men um den Hals vor der Brust hangen, den sie zum Tobaksbeutel gebrauchten. Andre trugen eine Schnur Schnecken oder sogenannter Schlangenschalen (sonst Por- zellane, oder guineisches Geld, Cyprea moneta) um den Hals, woran unten eine Schildkrötenschale hing, um ihre Buckusalbe darin zu verwahren. Die meisten waren mit Wurfspießen bewaffnet, und zwar jeder mit so vielen, als er in einer Hand halten konnte. Ihre Hütten waren mit Schilfmatten gedeckt, die, wie ihre geflochtenen Milchgefäße, so dicht waren, daß kein Was- ser durchdringen konnte.
Das Land ist hier überall mit wilden Thieren ange- füllt; daher ist es allerdings gefährlich durchzureisen. Besonders waren wir unsrer Zugochsen wegen besorgt, die durch die Löwen leicht scheu gemacht und für uns ver- lohren gehen konnten. Auch war unsre Gesellschaft zu klein, und zu wenig bewaffnet, als daß wir vor den Einwohnern so ganz hätten sicher seyn können, deren Sprache unsre Hottentotten nicht einmahl recht verstan- den. Wir faßten deswegen den Entschluß, auch aus diesem Dorfe einen Trupp Hottentotten an uns zu zie- hen, und mitzunehmen. Wir versprachen sie mit To- bak und andern Sachen, die ihnen lieb seyn würden, zu beschenken, und ihnen so viel wilde Büffel, als sie nur verzehren könnten, zu schießen. Durch dies Verspre- chen wurden mehr, als wir wünschten, herbeygelockt, und unsre Gesellschaft machte nunmehr eine Zahl von mehr als hundert Personen aus.
Erſte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.
einander unter lautem herzlichen Lachen an, und endlich, welches das poſſirlichſte war, guckten ſie auch hinter den Spiegel, ob ſie da eben die Bilder faͤnden, die ſie im Spiegel geſehen hatten. Einige von dieſen Leuten hat- ten einen ſpitz zugehenden ledernen Beutel mit vier Rie- men um den Hals vor der Bruſt hangen, den ſie zum Tobaksbeutel gebrauchten. Andre trugen eine Schnur Schnecken oder ſogenannter Schlangenſchalen (ſonſt Por- zellane, oder guineiſches Geld, Cyprea moneta) um den Hals, woran unten eine Schildkroͤtenſchale hing, um ihre Buckuſalbe darin zu verwahren. Die meiſten waren mit Wurfſpießen bewaffnet, und zwar jeder mit ſo vielen, als er in einer Hand halten konnte. Ihre Huͤtten waren mit Schilfmatten gedeckt, die, wie ihre geflochtenen Milchgefaͤße, ſo dicht waren, daß kein Waſ- ſer durchdringen konnte.
Das Land iſt hier uͤberall mit wilden Thieren ange- fuͤllt; daher iſt es allerdings gefaͤhrlich durchzureiſen. Beſonders waren wir unſrer Zugochſen wegen beſorgt, die durch die Loͤwen leicht ſcheu gemacht und fuͤr uns ver- lohren gehen konnten. Auch war unſre Geſellſchaft zu klein, und zu wenig bewaffnet, als daß wir vor den Einwohnern ſo ganz haͤtten ſicher ſeyn koͤnnen, deren Sprache unſre Hottentotten nicht einmahl recht verſtan- den. Wir faßten deswegen den Entſchluß, auch aus dieſem Dorfe einen Trupp Hottentotten an uns zu zie- hen, und mitzunehmen. Wir verſprachen ſie mit To- bak und andern Sachen, die ihnen lieb ſeyn wuͤrden, zu beſchenken, und ihnen ſo viel wilde Buͤffel, als ſie nur verzehren koͤnnten, zu ſchießen. Durch dies Verſpre- chen wurden mehr, als wir wuͤnſchten, herbeygelockt, und unſre Geſellſchaft machte nunmehr eine Zahl von mehr als hundert Perſonen aus.
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0410"n="72"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Erſte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.</hi></fw><lb/>
einander unter lautem herzlichen Lachen an, und endlich,<lb/>
welches das poſſirlichſte war, guckten ſie auch hinter den<lb/>
Spiegel, ob ſie da eben die Bilder faͤnden, die ſie im<lb/>
Spiegel geſehen hatten. Einige von dieſen Leuten hat-<lb/>
ten einen ſpitz zugehenden ledernen Beutel mit vier Rie-<lb/>
men um den Hals vor der Bruſt hangen, den ſie zum<lb/>
Tobaksbeutel gebrauchten. Andre trugen eine Schnur<lb/>
Schnecken oder ſogenannter Schlangenſchalen (ſonſt Por-<lb/>
zellane, oder guineiſches Geld, <hirendition="#aq">Cyprea moneta</hi>) um<lb/>
den Hals, woran unten eine Schildkroͤtenſchale hing,<lb/>
um ihre Buckuſalbe darin zu verwahren. Die meiſten<lb/>
waren mit Wurfſpießen bewaffnet, und zwar jeder mit<lb/>ſo vielen, als er in einer Hand halten konnte. Ihre<lb/>
Huͤtten waren mit Schilfmatten gedeckt, die, wie ihre<lb/>
geflochtenen Milchgefaͤße, ſo dicht waren, daß kein Waſ-<lb/>ſer durchdringen konnte.</p><lb/><p>Das Land iſt hier uͤberall mit wilden Thieren ange-<lb/>
fuͤllt; daher iſt es allerdings gefaͤhrlich durchzureiſen.<lb/>
Beſonders waren wir unſrer Zugochſen wegen beſorgt,<lb/>
die durch die Loͤwen leicht ſcheu gemacht und fuͤr uns ver-<lb/>
lohren gehen konnten. Auch war unſre Geſellſchaft zu<lb/>
klein, und zu wenig bewaffnet, als daß wir vor den<lb/>
Einwohnern ſo ganz haͤtten ſicher ſeyn koͤnnen, deren<lb/>
Sprache unſre Hottentotten nicht einmahl recht verſtan-<lb/>
den. Wir faßten deswegen den Entſchluß, auch aus<lb/>
dieſem Dorfe einen Trupp Hottentotten an uns zu zie-<lb/>
hen, und mitzunehmen. Wir verſprachen ſie mit To-<lb/>
bak und andern Sachen, die ihnen lieb ſeyn wuͤrden, zu<lb/>
beſchenken, und ihnen ſo viel wilde Buͤffel, als ſie nur<lb/>
verzehren koͤnnten, zu ſchießen. Durch dies Verſpre-<lb/>
chen wurden mehr, als wir wuͤnſchten, herbeygelockt, und<lb/>
unſre Geſellſchaft machte nunmehr eine Zahl von mehr<lb/>
als hundert Perſonen aus.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[72/0410]
Erſte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.
einander unter lautem herzlichen Lachen an, und endlich,
welches das poſſirlichſte war, guckten ſie auch hinter den
Spiegel, ob ſie da eben die Bilder faͤnden, die ſie im
Spiegel geſehen hatten. Einige von dieſen Leuten hat-
ten einen ſpitz zugehenden ledernen Beutel mit vier Rie-
men um den Hals vor der Bruſt hangen, den ſie zum
Tobaksbeutel gebrauchten. Andre trugen eine Schnur
Schnecken oder ſogenannter Schlangenſchalen (ſonſt Por-
zellane, oder guineiſches Geld, Cyprea moneta) um
den Hals, woran unten eine Schildkroͤtenſchale hing,
um ihre Buckuſalbe darin zu verwahren. Die meiſten
waren mit Wurfſpießen bewaffnet, und zwar jeder mit
ſo vielen, als er in einer Hand halten konnte. Ihre
Huͤtten waren mit Schilfmatten gedeckt, die, wie ihre
geflochtenen Milchgefaͤße, ſo dicht waren, daß kein Waſ-
ſer durchdringen konnte.
Das Land iſt hier uͤberall mit wilden Thieren ange-
fuͤllt; daher iſt es allerdings gefaͤhrlich durchzureiſen.
Beſonders waren wir unſrer Zugochſen wegen beſorgt,
die durch die Loͤwen leicht ſcheu gemacht und fuͤr uns ver-
lohren gehen konnten. Auch war unſre Geſellſchaft zu
klein, und zu wenig bewaffnet, als daß wir vor den
Einwohnern ſo ganz haͤtten ſicher ſeyn koͤnnen, deren
Sprache unſre Hottentotten nicht einmahl recht verſtan-
den. Wir faßten deswegen den Entſchluß, auch aus
dieſem Dorfe einen Trupp Hottentotten an uns zu zie-
hen, und mitzunehmen. Wir verſprachen ſie mit To-
bak und andern Sachen, die ihnen lieb ſeyn wuͤrden, zu
beſchenken, und ihnen ſo viel wilde Buͤffel, als ſie nur
verzehren koͤnnten, zu ſchießen. Durch dies Verſpre-
chen wurden mehr, als wir wuͤnſchten, herbeygelockt, und
unſre Geſellſchaft machte nunmehr eine Zahl von mehr
als hundert Perſonen aus.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/410>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.