einmahl ein feines baumwollnes Hemd auf dem Leibe, am wenigsten auf den Schultern, welche der Sonnenhitze am meisten ausgesetzt gewesen waren, leiden konnte, ehe ich mit süßem Rohm mich geschmiert und die verbrannte Haut erweicht hatte.
Unser Wirth, der oben genannte Meyer, war ein alter biedrer Mann, ein gebohrner Europäer, und einer der tüchtigsten Schützen im Lande. Er hatte verschiedne- mahl weite Reisen nach der Küste der Kaffern gemacht, um Elefanten zu schießen, durch deren Zähne er zu dem Besitze eines ziemlichen Vermögens gelangt war, worauf er sich diese schöne und vortheilhafte Stelle am Seekuhberge zum Wohnplatze und Anbauorte gewählt hatte. Er er- zählte mir verschiednes, wovon er Augenzeuge gewesen war, und das ein Reisender in diesen Gegenden auch bey der größten Sorgfalt nur sehr selten zu bemerken Ge- legenheit hat. Dahin rechne ich folgendes: Einmahl wur- de er auf einem seiner Jagdzüge eine sogenannte Seekuh (Nilpferd, Hippopotamus amphibius) gewahr, die eine Strecke vom Flusse abwärts gegangen war, um ihr Jun- ges zu werfen. Er kroch mit seinem Gefährten in ein Gebüsch, und hielt sich da ganz still und unsichtbar, bis das Junge sich zeigte. Hierauf schoß er nach der Mut- ter, traf auch so gut, daß sie auf dem Platze todt liegen blieb. Die Hottentotten, welche er bey sich hatte, wollten das Junge lebendig fangen, und liefen hinzu, um es fest zu halten. Obgleich ihrer aber mehrere wa- ren, gelang ihnen dies so wenig, daß das Junge, wel- ches vor einigen Augenblicken erst aus Mutterleibe ge- kommen, und noch ganz glatt und schlüpfrig war, ih- nen entwischte, und gerades Weges nach dem Flusse zulief, ohne den geringsten Unterricht von der Mutter, weder in Ansehung des Weges zum Flusse, noch dieses
Erſte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.
einmahl ein feines baumwollnes Hemd auf dem Leibe, am wenigſten auf den Schultern, welche der Sonnenhitze am meiſten ausgeſetzt geweſen waren, leiden konnte, ehe ich mit ſuͤßem Rohm mich geſchmiert und die verbrannte Haut erweicht hatte.
Unſer Wirth, der oben genannte Meyer, war ein alter biedrer Mann, ein gebohrner Europaͤer, und einer der tuͤchtigſten Schuͤtzen im Lande. Er hatte verſchiedne- mahl weite Reiſen nach der Kuͤſte der Kaffern gemacht, um Elefanten zu ſchießen, durch deren Zaͤhne er zu dem Beſitze eines ziemlichen Vermoͤgens gelangt war, worauf er ſich dieſe ſchoͤne und vortheilhafte Stelle am Seekuhberge zum Wohnplatze und Anbauorte gewaͤhlt hatte. Er er- zaͤhlte mir verſchiednes, wovon er Augenzeuge geweſen war, und das ein Reiſender in dieſen Gegenden auch bey der groͤßten Sorgfalt nur ſehr ſelten zu bemerken Ge- legenheit hat. Dahin rechne ich folgendes: Einmahl wur- de er auf einem ſeiner Jagdzuͤge eine ſogenannte Seekuh (Nilpferd, Hippopotamus amphibius) gewahr, die eine Strecke vom Fluſſe abwaͤrts gegangen war, um ihr Jun- ges zu werfen. Er kroch mit ſeinem Gefaͤhrten in ein Gebuͤſch, und hielt ſich da ganz ſtill und unſichtbar, bis das Junge ſich zeigte. Hierauf ſchoß er nach der Mut- ter, traf auch ſo gut, daß ſie auf dem Platze todt liegen blieb. Die Hottentotten, welche er bey ſich hatte, wollten das Junge lebendig fangen, und liefen hinzu, um es feſt zu halten. Obgleich ihrer aber mehrere wa- ren, gelang ihnen dies ſo wenig, daß das Junge, wel- ches vor einigen Augenblicken erſt aus Mutterleibe ge- kommen, und noch ganz glatt und ſchluͤpfrig war, ih- nen entwiſchte, und gerades Weges nach dem Fluſſe zulief, ohne den geringſten Unterricht von der Mutter, weder in Anſehung des Weges zum Fluſſe, noch dieſes
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Erſte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.
einmahl ein feines baumwollnes Hemd auf dem Leibe, am
wenigſten auf den Schultern, welche der Sonnenhitze
am meiſten ausgeſetzt geweſen waren, leiden konnte, ehe
ich mit ſuͤßem Rohm mich geſchmiert und die verbrannte
Haut erweicht hatte.
Unſer Wirth, der oben genannte Meyer, war ein
alter biedrer Mann, ein gebohrner Europaͤer, und einer
der tuͤchtigſten Schuͤtzen im Lande. Er hatte verſchiedne-
mahl weite Reiſen nach der Kuͤſte der Kaffern gemacht,
um Elefanten zu ſchießen, durch deren Zaͤhne er zu dem
Beſitze eines ziemlichen Vermoͤgens gelangt war, worauf er
ſich dieſe ſchoͤne und vortheilhafte Stelle am Seekuhberge
zum Wohnplatze und Anbauorte gewaͤhlt hatte. Er er-
zaͤhlte mir verſchiednes, wovon er Augenzeuge geweſen
war, und das ein Reiſender in dieſen Gegenden auch
bey der groͤßten Sorgfalt nur ſehr ſelten zu bemerken Ge-
legenheit hat. Dahin rechne ich folgendes: Einmahl wur-
de er auf einem ſeiner Jagdzuͤge eine ſogenannte Seekuh
(Nilpferd, Hippopotamus amphibius) gewahr, die eine
Strecke vom Fluſſe abwaͤrts gegangen war, um ihr Jun-
ges zu werfen. Er kroch mit ſeinem Gefaͤhrten in ein
Gebuͤſch, und hielt ſich da ganz ſtill und unſichtbar, bis
das Junge ſich zeigte. Hierauf ſchoß er nach der Mut-
ter, traf auch ſo gut, daß ſie auf dem Platze todt liegen
blieb. Die Hottentotten, welche er bey ſich hatte,
wollten das Junge lebendig fangen, und liefen hinzu,
um es feſt zu halten. Obgleich ihrer aber mehrere wa-
ren, gelang ihnen dies ſo wenig, daß das Junge, wel-
ches vor einigen Augenblicken erſt aus Mutterleibe ge-
kommen, und noch ganz glatt und ſchluͤpfrig war, ih-
nen entwiſchte, und gerades Weges nach dem Fluſſe
zulief, ohne den geringſten Unterricht von der Mutter,
weder in Anſehung des Weges zum Fluſſe, noch dieſes
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/394>, abgerufen am 22.11.2024.
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