Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Reise von Cap nach Zwellendam.
nen, und die Steinhaufen sehen davon wie Marmor
aus. Sonderbar kam es mir vor, daß ich weder hier
noch in andern Gebirgen dieser Gegenden Kalkstein oder
Kalkberge, auch keinen Marmor und Kiesel antraf.
Doch zeigte man mir an einem Orte Strahlgyps (Sti-
rium gypseum
) den man in den Bergen beym Hexen-
flusse
gefunden hatte. -- Außer andern seltnen Gewächsen
bemerkte ich auch die so rare Disa caerulea, nebst der eben-
falls raren Protea nana, deren Blumen wie Rosen aus-
sehen. Uebrigens wächst hier der Fliegenstrauch sehr häufig.

Daß Rothesand weiter nichts als ein zwischen ho-
hen Gebirgen liegendes Thal ist, sieht man deutlich dar-
an, daß in den Gründen, wo das strömende Wasser
die Erde weggespühlt und Rinnen von ein bis zwey Faden
Tiefe gebildet hat, der Boden aus nackten Klippen be-
steht, die ihre Schichten oder Lagen haben, welche fast
senkrecht auf der Kante stehen, und sich nur ein wenig süd-
ostwärts neigen. Diese Schichten sind vom Wasser sehr
weich, los und bleich geworden, und gleichen hart geword-
ner Lehmerde; die Zwischenräume sind mit Sand angefüllt,
den das Wasser mitgebracht und da angesetzt hat.

Die Höfe liegen hier eben nicht weit von einander,
und die Kolonisten sind fast sämmtlich begüterte Leute.
Weinberge sind hier in großer Menge; Weitzen wird un-
gemein häufig gesäet und Obstgärten findet man allenthal-
ben. Das Land bringt also die einträglichsten Produkte
hervor, als Weitzen, Wein, Apfelsinen, Citronen
und dergleichen. Im Winter ist aber doch die Kälte
hier manchmahl ziemlich streng, und im letztverfloßnen
Winter, der ganz ungewöhnlich kalt gewesen ist, hatten
die jungen Weinstöcke sehr gelitten, und an einigen Or-
ten waren sie ganz erfroren. Man hält hier nur so viel
Hornvieh und Schafe, als man zum Behufe der Wirth-

Reiſe von Cap nach Zwellendam.
nen, und die Steinhaufen ſehen davon wie Marmor
aus. Sonderbar kam es mir vor, daß ich weder hier
noch in andern Gebirgen dieſer Gegenden Kalkſtein oder
Kalkberge, auch keinen Marmor und Kieſel antraf.
Doch zeigte man mir an einem Orte Strahlgyps (Sti-
rium gypſeum
) den man in den Bergen beym Hexen-
fluſſe
gefunden hatte. — Außer andern ſeltnen Gewaͤchſen
bemerkte ich auch die ſo rare Diſa caerulea, nebſt der eben-
falls raren Protea nana, deren Blumen wie Roſen aus-
ſehen. Uebrigens waͤchſt hier der Fliegenſtrauch ſehr haͤufig.

Daß Rotheſand weiter nichts als ein zwiſchen ho-
hen Gebirgen liegendes Thal iſt, ſieht man deutlich dar-
an, daß in den Gruͤnden, wo das ſtroͤmende Waſſer
die Erde weggeſpuͤhlt und Rinnen von ein bis zwey Faden
Tiefe gebildet hat, der Boden aus nackten Klippen be-
ſteht, die ihre Schichten oder Lagen haben, welche faſt
ſenkrecht auf der Kante ſtehen, und ſich nur ein wenig ſuͤd-
oſtwaͤrts neigen. Dieſe Schichten ſind vom Waſſer ſehr
weich, los und bleich geworden, und gleichen hart geword-
ner Lehmerde; die Zwiſchenraͤume ſind mit Sand angefuͤllt,
den das Waſſer mitgebracht und da angeſetzt hat.

Die Hoͤfe liegen hier eben nicht weit von einander,
und die Koloniſten ſind faſt ſaͤmmtlich beguͤterte Leute.
Weinberge ſind hier in großer Menge; Weitzen wird un-
gemein haͤufig geſaͤet und Obſtgaͤrten findet man allenthal-
ben. Das Land bringt alſo die eintraͤglichſten Produkte
hervor, als Weitzen, Wein, Apfelſinen, Citronen
und dergleichen. Im Winter iſt aber doch die Kaͤlte
hier manchmahl ziemlich ſtreng, und im letztverfloßnen
Winter, der ganz ungewoͤhnlich kalt geweſen iſt, hatten
die jungen Weinſtoͤcke ſehr gelitten, und an einigen Or-
ten waren ſie ganz erfroren. Man haͤlt hier nur ſo viel
Hornvieh und Schafe, als man zum Behufe der Wirth-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0367" n="29"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Rei&#x017F;e von <placeName>Cap</placeName> nach <placeName>Zwellendam</placeName>.</hi></fw><lb/>
nen, und die Steinhaufen &#x017F;ehen davon wie Marmor<lb/>
aus. Sonderbar kam es mir vor, daß ich weder hier<lb/>
noch in andern Gebirgen die&#x017F;er Gegenden Kalk&#x017F;tein oder<lb/>
Kalkberge, auch keinen Marmor und Kie&#x017F;el antraf.<lb/>
Doch zeigte man mir an einem Orte Strahlgyps (<hi rendition="#aq">Sti-<lb/>
rium gyp&#x017F;eum</hi>) den man in den Bergen beym <placeName>Hexen-<lb/>
flu&#x017F;&#x017F;e</placeName> gefunden hatte. &#x2014; Außer andern &#x017F;eltnen Gewa&#x0364;ch&#x017F;en<lb/>
bemerkte ich auch die &#x017F;o rare <hi rendition="#aq">Di&#x017F;a caerulea,</hi> neb&#x017F;t der eben-<lb/>
falls raren <hi rendition="#aq">Protea nana,</hi> deren Blumen wie Ro&#x017F;en aus-<lb/>
&#x017F;ehen. Uebrigens wa&#x0364;ch&#x017F;t hier der Fliegen&#x017F;trauch &#x017F;ehr ha&#x0364;ufig.</p><lb/>
          <p>Daß <placeName>Rothe&#x017F;and</placeName> weiter nichts als ein zwi&#x017F;chen ho-<lb/>
hen Gebirgen liegendes Thal i&#x017F;t, &#x017F;ieht man deutlich dar-<lb/>
an, daß in den Gru&#x0364;nden, wo das &#x017F;tro&#x0364;mende Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
die Erde wegge&#x017F;pu&#x0364;hlt und Rinnen von ein bis zwey Faden<lb/>
Tiefe gebildet hat, der Boden aus nackten Klippen be-<lb/>
&#x017F;teht, die ihre Schichten oder Lagen haben, welche fa&#x017F;t<lb/>
&#x017F;enkrecht auf der Kante &#x017F;tehen, und &#x017F;ich nur ein wenig &#x017F;u&#x0364;d-<lb/>
o&#x017F;twa&#x0364;rts neigen. Die&#x017F;e Schichten &#x017F;ind vom Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ehr<lb/>
weich, los und bleich geworden, und gleichen hart geword-<lb/>
ner Lehmerde; die Zwi&#x017F;chenra&#x0364;ume &#x017F;ind mit Sand angefu&#x0364;llt,<lb/>
den das Wa&#x017F;&#x017F;er mitgebracht und da ange&#x017F;etzt hat.</p><lb/>
          <p>Die Ho&#x0364;fe liegen hier eben nicht weit von einander,<lb/>
und die Koloni&#x017F;ten &#x017F;ind fa&#x017F;t &#x017F;a&#x0364;mmtlich begu&#x0364;terte Leute.<lb/>
Weinberge &#x017F;ind hier in großer Menge; Weitzen wird un-<lb/>
gemein ha&#x0364;ufig ge&#x017F;a&#x0364;et und Ob&#x017F;tga&#x0364;rten findet man allenthal-<lb/>
ben. Das Land bringt al&#x017F;o die eintra&#x0364;glich&#x017F;ten Produkte<lb/>
hervor, als Weitzen, Wein, Apfel&#x017F;inen, Citronen<lb/>
und dergleichen. Im Winter i&#x017F;t aber doch die Ka&#x0364;lte<lb/>
hier manchmahl ziemlich &#x017F;treng, und im letztverfloßnen<lb/>
Winter, der ganz ungewo&#x0364;hnlich kalt gewe&#x017F;en i&#x017F;t, hatten<lb/>
die jungen Wein&#x017F;to&#x0364;cke &#x017F;ehr gelitten, und an einigen Or-<lb/>
ten waren &#x017F;ie ganz erfroren. Man ha&#x0364;lt hier nur &#x017F;o viel<lb/>
Hornvieh und Schafe, als man zum Behufe der Wirth-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0367] Reiſe von Cap nach Zwellendam. nen, und die Steinhaufen ſehen davon wie Marmor aus. Sonderbar kam es mir vor, daß ich weder hier noch in andern Gebirgen dieſer Gegenden Kalkſtein oder Kalkberge, auch keinen Marmor und Kieſel antraf. Doch zeigte man mir an einem Orte Strahlgyps (Sti- rium gypſeum) den man in den Bergen beym Hexen- fluſſe gefunden hatte. — Außer andern ſeltnen Gewaͤchſen bemerkte ich auch die ſo rare Diſa caerulea, nebſt der eben- falls raren Protea nana, deren Blumen wie Roſen aus- ſehen. Uebrigens waͤchſt hier der Fliegenſtrauch ſehr haͤufig. Daß Rotheſand weiter nichts als ein zwiſchen ho- hen Gebirgen liegendes Thal iſt, ſieht man deutlich dar- an, daß in den Gruͤnden, wo das ſtroͤmende Waſſer die Erde weggeſpuͤhlt und Rinnen von ein bis zwey Faden Tiefe gebildet hat, der Boden aus nackten Klippen be- ſteht, die ihre Schichten oder Lagen haben, welche faſt ſenkrecht auf der Kante ſtehen, und ſich nur ein wenig ſuͤd- oſtwaͤrts neigen. Dieſe Schichten ſind vom Waſſer ſehr weich, los und bleich geworden, und gleichen hart geword- ner Lehmerde; die Zwiſchenraͤume ſind mit Sand angefuͤllt, den das Waſſer mitgebracht und da angeſetzt hat. Die Hoͤfe liegen hier eben nicht weit von einander, und die Koloniſten ſind faſt ſaͤmmtlich beguͤterte Leute. Weinberge ſind hier in großer Menge; Weitzen wird un- gemein haͤufig geſaͤet und Obſtgaͤrten findet man allenthal- ben. Das Land bringt alſo die eintraͤglichſten Produkte hervor, als Weitzen, Wein, Apfelſinen, Citronen und dergleichen. Im Winter iſt aber doch die Kaͤlte hier manchmahl ziemlich ſtreng, und im letztverfloßnen Winter, der ganz ungewoͤhnlich kalt geweſen iſt, hatten die jungen Weinſtoͤcke ſehr gelitten, und an einigen Or- ten waren ſie ganz erfroren. Man haͤlt hier nur ſo viel Hornvieh und Schafe, als man zum Behufe der Wirth-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/367
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/367>, abgerufen am 25.11.2024.