Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede des Verfassers.
ihr Leben auf die allereinfachste und roheste Art,
wenig anders als die wilden Thiere, unter welchen
sie leben, zubringen, ohne alle Wissenschaften,
Künste und nützliche Einrichtungen, ohne Gemein-
schaft mit andern, als ihren nächsten, eben so un-
wissenden und ungebildeten Nachbaren, ohne Krieg,
aber auch ohne Handel und Wandel mit angrän-
zenden Völkern, ohne die geringste Kenntniß und
Idee von der Größe, Gestalt und Beschaffenheit
unsrer Erde, und von den Himmelskörpern, die
alle Tage über ihren viehischdummen Häuptern
leuchten und weglaufen. Die Kolonie, welche
von Europäern täglich Zuwachs bekommt, ist schon
sehr ansehnlich. Der Fleiß und die Betriebsamkeit
dieser Kolonisten hat es auch bereits dahin gebracht,
daß verschiedne Gegenden einem irdischen Para-
diese ähnlich sehen, und das Land bringt einen gro-
ßen Theil dessen hervor, was zum Unterhalte und
der Bequemlichkeit des menschlichen Lebens erfor-
dert wird. Demungeachtet aber entbehrt man hier
noch sehr viele von den Vortheilen, deren Europa
sich erfreuet. Es giebt im Lande keine Seen, we-
der größe noch kleine, keine schiffbare Flüsse, kei-
nen andern Fischfang als an den Seeküsten und
den Mündungen der Flüsse; keine hinlängliche, ja
nicht einmahl zur Noth hinreichende Wälder und

Vorrede des Verfaſſers.
ihr Leben auf die allereinfachſte und roheſte Art,
wenig anders als die wilden Thiere, unter welchen
ſie leben, zubringen, ohne alle Wiſſenſchaften,
Kuͤnſte und nuͤtzliche Einrichtungen, ohne Gemein-
ſchaft mit andern, als ihren naͤchſten, eben ſo un-
wiſſenden und ungebildeten Nachbaren, ohne Krieg,
aber auch ohne Handel und Wandel mit angraͤn-
zenden Voͤlkern, ohne die geringſte Kenntniß und
Idee von der Groͤße, Geſtalt und Beſchaffenheit
unſrer Erde, und von den Himmelskoͤrpern, die
alle Tage uͤber ihren viehiſchdummen Haͤuptern
leuchten und weglaufen. Die Kolonie, welche
von Europaͤern taͤglich Zuwachs bekommt, iſt ſchon
ſehr anſehnlich. Der Fleiß und die Betriebſamkeit
dieſer Koloniſten hat es auch bereits dahin gebracht,
daß verſchiedne Gegenden einem irdiſchen Para-
dieſe aͤhnlich ſehen, und das Land bringt einen gro-
ßen Theil deſſen hervor, was zum Unterhalte und
der Bequemlichkeit des menſchlichen Lebens erfor-
dert wird. Demungeachtet aber entbehrt man hier
noch ſehr viele von den Vortheilen, deren Europa
ſich erfreuet. Es giebt im Lande keine Seen, we-
der groͤße noch kleine, keine ſchiffbare Fluͤſſe, kei-
nen andern Fiſchfang als an den Seekuͤſten und
den Muͤndungen der Fluͤſſe; keine hinlaͤngliche, ja
nicht einmahl zur Noth hinreichende Waͤlder und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0334"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Vorrede des Verfa&#x017F;&#x017F;ers</hi>.</hi></fw><lb/>
ihr Leben auf die allereinfach&#x017F;te und rohe&#x017F;te Art,<lb/>
wenig anders als die wilden Thiere, unter welchen<lb/>
&#x017F;ie leben, zubringen, ohne alle Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften,<lb/>
Ku&#x0364;n&#x017F;te und nu&#x0364;tzliche Einrichtungen, ohne Gemein-<lb/>
&#x017F;chaft mit andern, als ihren na&#x0364;ch&#x017F;ten, eben &#x017F;o un-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;enden und ungebildeten Nachbaren, ohne Krieg,<lb/>
aber auch ohne Handel und Wandel mit angra&#x0364;n-<lb/>
zenden Vo&#x0364;lkern, ohne die gering&#x017F;te Kenntniß und<lb/>
Idee von der Gro&#x0364;ße, Ge&#x017F;talt und Be&#x017F;chaffenheit<lb/>
un&#x017F;rer Erde, und von den Himmelsko&#x0364;rpern, die<lb/>
alle Tage u&#x0364;ber ihren viehi&#x017F;chdummen Ha&#x0364;uptern<lb/>
leuchten und weglaufen. Die Kolonie, welche<lb/>
von Europa&#x0364;ern ta&#x0364;glich Zuwachs bekommt, i&#x017F;t &#x017F;chon<lb/>
&#x017F;ehr an&#x017F;ehnlich. Der Fleiß und die Betrieb&#x017F;amkeit<lb/>
die&#x017F;er Koloni&#x017F;ten hat es auch bereits dahin gebracht,<lb/>
daß ver&#x017F;chiedne Gegenden einem irdi&#x017F;chen Para-<lb/>
die&#x017F;e a&#x0364;hnlich &#x017F;ehen, und das Land bringt einen gro-<lb/>
ßen Theil de&#x017F;&#x017F;en hervor, was zum Unterhalte und<lb/>
der Bequemlichkeit des men&#x017F;chlichen Lebens erfor-<lb/>
dert wird. Demungeachtet aber entbehrt man hier<lb/>
noch &#x017F;ehr viele von den Vortheilen, deren <placeName>Europa</placeName><lb/>
&#x017F;ich erfreuet. Es giebt im Lande keine Seen, we-<lb/>
der gro&#x0364;ße noch kleine, keine &#x017F;chiffbare Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, kei-<lb/>
nen andern Fi&#x017F;chfang als an den Seeku&#x0364;&#x017F;ten und<lb/>
den Mu&#x0364;ndungen der Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e; keine hinla&#x0364;ngliche, ja<lb/>
nicht einmahl zur Noth hinreichende Wa&#x0364;lder und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0334] Vorrede des Verfaſſers. ihr Leben auf die allereinfachſte und roheſte Art, wenig anders als die wilden Thiere, unter welchen ſie leben, zubringen, ohne alle Wiſſenſchaften, Kuͤnſte und nuͤtzliche Einrichtungen, ohne Gemein- ſchaft mit andern, als ihren naͤchſten, eben ſo un- wiſſenden und ungebildeten Nachbaren, ohne Krieg, aber auch ohne Handel und Wandel mit angraͤn- zenden Voͤlkern, ohne die geringſte Kenntniß und Idee von der Groͤße, Geſtalt und Beſchaffenheit unſrer Erde, und von den Himmelskoͤrpern, die alle Tage uͤber ihren viehiſchdummen Haͤuptern leuchten und weglaufen. Die Kolonie, welche von Europaͤern taͤglich Zuwachs bekommt, iſt ſchon ſehr anſehnlich. Der Fleiß und die Betriebſamkeit dieſer Koloniſten hat es auch bereits dahin gebracht, daß verſchiedne Gegenden einem irdiſchen Para- dieſe aͤhnlich ſehen, und das Land bringt einen gro- ßen Theil deſſen hervor, was zum Unterhalte und der Bequemlichkeit des menſchlichen Lebens erfor- dert wird. Demungeachtet aber entbehrt man hier noch ſehr viele von den Vortheilen, deren Europa ſich erfreuet. Es giebt im Lande keine Seen, we- der groͤße noch kleine, keine ſchiffbare Fluͤſſe, kei- nen andern Fiſchfang als an den Seekuͤſten und den Muͤndungen der Fluͤſſe; keine hinlaͤngliche, ja nicht einmahl zur Noth hinreichende Waͤlder und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/334
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/334>, abgerufen am 28.11.2024.