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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Vierte Abtheilung. Sechster Abschnitt.

Im Winter kommen auf den vielen um das Cap
liegenden Inseln ungemein viele Robben an, die man
hier überall Seehunde nennt, weil sie, wenn sie im
Wasser springen, einem Hunde nicht unähnlich sehen.
Sie werfen und säugen hier während dieser Zeit ihre
Jungen, und werden alsdann auch in Menge gefangen
und todtgeschlagen, um aus ihrem Fette für Rechnung
der Compagnie Thran zu kochen. Sonderbar ists, daß
diese Seehunde, welche doch eigentlich Wasserthiere sind,
nicht, sobald sie zur Welt kommen, von Natur schwim-
men können. Es geht ihnen, wie gewissen Vögeln, die
die Mutter fliegen lehren muß. Der Seehund lernt
von seiner Mutter schwimmen. Sobald das Junge ein
gewisses Alter erreicht hat, faßt die Alte es um den
Hals und zieht es mit sich ins Wasser, wo es so lan-
ge plätschert, bis es endlich anfängt zu sinken, da
denn die Mutter ihm wieder aufhilft. Auf diese Art
läßt sie das Junge verschiedne Versuche machen, bis
es endlich schwimmen gelernt hat, und in See gehen
kann.

Des Winters werdenauch, wenn der Nord-
West-Wind nach der Tafelbay zustürmt, bisweilen
Nordkaper in dieselbe hineingetrieben. Als ich zu Cap
war, trug sich dieser Fall einmahl zu; das Thier war
aber schon todt. Seine Länge betrug über zwey Klafter.
Aus dem über dem Wasser liegenden Rücken schnitt man
große Stücke heraus, um aus dem Specke Thran zu
kochen.

Diejenige Art Landschildkröten, welche den Nah-
men geometrische Schildkröte (Testudo geometrica)
führt, und ohne Zweifel die schönste unter allen diesen
Thieren ist, findet man hier sehr häufig in den Sand-
strecken unter den Büschen. Die Schalen derer, welche

Vierte Abtheilung. Sechster Abſchnitt.

Im Winter kommen auf den vielen um das Cap
liegenden Inſeln ungemein viele Robben an, die man
hier uͤberall Seehunde nennt, weil ſie, wenn ſie im
Waſſer ſpringen, einem Hunde nicht unaͤhnlich ſehen.
Sie werfen und ſaͤugen hier waͤhrend dieſer Zeit ihre
Jungen, und werden alsdann auch in Menge gefangen
und todtgeſchlagen, um aus ihrem Fette fuͤr Rechnung
der Compagnie Thran zu kochen. Sonderbar iſts, daß
dieſe Seehunde, welche doch eigentlich Waſſerthiere ſind,
nicht, ſobald ſie zur Welt kommen, von Natur ſchwim-
men koͤnnen. Es geht ihnen, wie gewiſſen Voͤgeln, die
die Mutter fliegen lehren muß. Der Seehund lernt
von ſeiner Mutter ſchwimmen. Sobald das Junge ein
gewiſſes Alter erreicht hat, faßt die Alte es um den
Hals und zieht es mit ſich ins Waſſer, wo es ſo lan-
ge plaͤtſchert, bis es endlich anfaͤngt zu ſinken, da
denn die Mutter ihm wieder aufhilft. Auf dieſe Art
laͤßt ſie das Junge verſchiedne Verſuche machen, bis
es endlich ſchwimmen gelernt hat, und in See gehen
kann.

Des Winters werdenauch, wenn der Nord-
Weſt-Wind nach der Tafelbay zuſtuͤrmt, bisweilen
Nordkaper in dieſelbe hineingetrieben. Als ich zu Cap
war, trug ſich dieſer Fall einmahl zu; das Thier war
aber ſchon todt. Seine Laͤnge betrug uͤber zwey Klafter.
Aus dem uͤber dem Waſſer liegenden Ruͤcken ſchnitt man
große Stuͤcke heraus, um aus dem Specke Thran zu
kochen.

Diejenige Art Landſchildkroͤten, welche den Nah-
men geometriſche Schildkroͤte (Teſtudo geometrica)
fuͤhrt, und ohne Zweifel die ſchoͤnſte unter allen dieſen
Thieren iſt, findet man hier ſehr haͤufig in den Sand-
ſtrecken unter den Buͤſchen. Die Schalen derer, welche

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[266/0294] Vierte Abtheilung. Sechster Abſchnitt. Im Winter kommen auf den vielen um das Cap liegenden Inſeln ungemein viele Robben an, die man hier uͤberall Seehunde nennt, weil ſie, wenn ſie im Waſſer ſpringen, einem Hunde nicht unaͤhnlich ſehen. Sie werfen und ſaͤugen hier waͤhrend dieſer Zeit ihre Jungen, und werden alsdann auch in Menge gefangen und todtgeſchlagen, um aus ihrem Fette fuͤr Rechnung der Compagnie Thran zu kochen. Sonderbar iſts, daß dieſe Seehunde, welche doch eigentlich Waſſerthiere ſind, nicht, ſobald ſie zur Welt kommen, von Natur ſchwim- men koͤnnen. Es geht ihnen, wie gewiſſen Voͤgeln, die die Mutter fliegen lehren muß. Der Seehund lernt von ſeiner Mutter ſchwimmen. Sobald das Junge ein gewiſſes Alter erreicht hat, faßt die Alte es um den Hals und zieht es mit ſich ins Waſſer, wo es ſo lan- ge plaͤtſchert, bis es endlich anfaͤngt zu ſinken, da denn die Mutter ihm wieder aufhilft. Auf dieſe Art laͤßt ſie das Junge verſchiedne Verſuche machen, bis es endlich ſchwimmen gelernt hat, und in See gehen kann. Des Winters werdenauch, wenn der Nord- Weſt-Wind nach der Tafelbay zuſtuͤrmt, bisweilen Nordkaper in dieſelbe hineingetrieben. Als ich zu Cap war, trug ſich dieſer Fall einmahl zu; das Thier war aber ſchon todt. Seine Laͤnge betrug uͤber zwey Klafter. Aus dem uͤber dem Waſſer liegenden Ruͤcken ſchnitt man große Stuͤcke heraus, um aus dem Specke Thran zu kochen. Diejenige Art Landſchildkroͤten, welche den Nah- men geometriſche Schildkroͤte (Teſtudo geometrica) fuͤhrt, und ohne Zweifel die ſchoͤnſte unter allen dieſen Thieren iſt, findet man hier ſehr haͤufig in den Sand- ſtrecken unter den Buͤſchen. Die Schalen derer, welche

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/294>, abgerufen am 28.11.2024.