der West-Seite des Berges in den Ocean hinab. Daher hat man auf der Nord-Ost-Seite früheren Morgen und Sonnenschein, auf der Süd-West-Seite hingegen längeren Abend und späteren Sonnenschein. Auf dem Gipfel des Tafelberges zeigten sich mir also ungefähr um fünf Uhr des Abends gleichsam zwey verschiedne Wel- ten; die westliche hatte noch die schönste Abendsonne und einen hellen Horizont, die östliche aber war schon mit Finsterniß und dickem Nebel bedeckt. Dieser aus der erwärmten Erde aufsteigende Nebel verdickte sich so- gleich in der geschwind abgekühlten Luft, und war daher so stark, daß man vom ganzen Lande gar nichts sehen konnte. Man hätte glauben sollen, eine große dicke Wol- ke zu sehen. Eben dies war auch eine von den Ursachen, warum die Aussichten auf beyden Seiten des Berges, die einen Augenblick vorher gleich waren, jetzt auf eine so sehr in die Augen fallende Art sich von einander un- terschieden.
In der Mitte des Maymonaths machte ich in Herrn Gordons und eines vor nicht gar langer Zeit hie- her gekommnen englischen Gärtners, Nahmens Masson, Gesellschaft eine Reise um die sämmtlichen zwischen Cap und der falschen Bay liegenden Berge herum. Wir waren zu Fuß, und brachten auf dieser Excursion ver- schiedne Tage zu.
Wenn man in der vorhin erwähnten Vertiefung zu dem Gipfel des Tafelberges hinaufsteigt, so hat man zur Rechten eine andre Vertiefung, die nach der See- seite hinabgeht. Zur Linken entspringt eine Quelle, die in einem kleinen Bache hinunterfließt; sie ist aber mit Gebüsch so bewachsen, daß man ihren Ursprung, der sich unter einer großen Klippe befindet, nicht sehen kann. In allen an und auf dem Berge befindlichen, theils grö-
Kleine Nebenreiſen in der Naͤhe der Capſtadt.
der Weſt-Seite des Berges in den Ocean hinab. Daher hat man auf der Nord-Oſt-Seite fruͤheren Morgen und Sonnenſchein, auf der Suͤd-Weſt-Seite hingegen laͤngeren Abend und ſpaͤteren Sonnenſchein. Auf dem Gipfel des Tafelberges zeigten ſich mir alſo ungefaͤhr um fuͤnf Uhr des Abends gleichſam zwey verſchiedne Wel- ten; die weſtliche hatte noch die ſchoͤnſte Abendſonne und einen hellen Horizont, die oͤſtliche aber war ſchon mit Finſterniß und dickem Nebel bedeckt. Dieſer aus der erwaͤrmten Erde aufſteigende Nebel verdickte ſich ſo- gleich in der geſchwind abgekuͤhlten Luft, und war daher ſo ſtark, daß man vom ganzen Lande gar nichts ſehen konnte. Man haͤtte glauben ſollen, eine große dicke Wol- ke zu ſehen. Eben dies war auch eine von den Urſachen, warum die Ausſichten auf beyden Seiten des Berges, die einen Augenblick vorher gleich waren, jetzt auf eine ſo ſehr in die Augen fallende Art ſich von einander un- terſchieden.
In der Mitte des Maymonaths machte ich in Herrn Gordons und eines vor nicht gar langer Zeit hie- her gekommnen engliſchen Gaͤrtners, Nahmens Maſſon, Geſellſchaft eine Reiſe um die ſaͤmmtlichen zwiſchen Cap und der falſchen Bay liegenden Berge herum. Wir waren zu Fuß, und brachten auf dieſer Excurſion ver- ſchiedne Tage zu.
Wenn man in der vorhin erwaͤhnten Vertiefung zu dem Gipfel des Tafelberges hinaufſteigt, ſo hat man zur Rechten eine andre Vertiefung, die nach der See- ſeite hinabgeht. Zur Linken entſpringt eine Quelle, die in einem kleinen Bache hinunterfließt; ſie iſt aber mit Gebuͤſch ſo bewachſen, daß man ihren Urſprung, der ſich unter einer großen Klippe befindet, nicht ſehen kann. In allen an und auf dem Berge befindlichen, theils groͤ-
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Kleine Nebenreiſen in der Naͤhe der Capſtadt.
der Weſt-Seite des Berges in den Ocean hinab. Daher
hat man auf der Nord-Oſt-Seite fruͤheren Morgen und
Sonnenſchein, auf der Suͤd-Weſt-Seite hingegen
laͤngeren Abend und ſpaͤteren Sonnenſchein. Auf dem
Gipfel des Tafelberges zeigten ſich mir alſo ungefaͤhr um
fuͤnf Uhr des Abends gleichſam zwey verſchiedne Wel-
ten; die weſtliche hatte noch die ſchoͤnſte Abendſonne
und einen hellen Horizont, die oͤſtliche aber war ſchon
mit Finſterniß und dickem Nebel bedeckt. Dieſer aus
der erwaͤrmten Erde aufſteigende Nebel verdickte ſich ſo-
gleich in der geſchwind abgekuͤhlten Luft, und war daher
ſo ſtark, daß man vom ganzen Lande gar nichts ſehen
konnte. Man haͤtte glauben ſollen, eine große dicke Wol-
ke zu ſehen. Eben dies war auch eine von den Urſachen,
warum die Ausſichten auf beyden Seiten des Berges,
die einen Augenblick vorher gleich waren, jetzt auf eine
ſo ſehr in die Augen fallende Art ſich von einander un-
terſchieden.
In der Mitte des Maymonaths machte ich in
Herrn Gordons und eines vor nicht gar langer Zeit hie-
her gekommnen engliſchen Gaͤrtners, Nahmens Maſſon,
Geſellſchaft eine Reiſe um die ſaͤmmtlichen zwiſchen Cap
und der falſchen Bay liegenden Berge herum. Wir
waren zu Fuß, und brachten auf dieſer Excurſion ver-
ſchiedne Tage zu.
Wenn man in der vorhin erwaͤhnten Vertiefung
zu dem Gipfel des Tafelberges hinaufſteigt, ſo hat man
zur Rechten eine andre Vertiefung, die nach der See-
ſeite hinabgeht. Zur Linken entſpringt eine Quelle, die
in einem kleinen Bache hinunterfließt; ſie iſt aber mit
Gebuͤſch ſo bewachſen, daß man ihren Urſprung, der
ſich unter einer großen Klippe befindet, nicht ſehen kann.
In allen an und auf dem Berge befindlichen, theils groͤ-
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/235>, abgerufen am 16.02.2025.
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