genommen hatte. Denn von der Menge scharfer Stei- ne, die theils unten am Berge, theils in den Vertie- fungen, durch welche der Weg geht, herabgerollt lie- gen, werden nicht nur die Sohlen der Schuhe abgenutzt, sondern auch das Oberleder geht entzwey. Nette und dünne Französische Schuhe kann man daher auf solchen Berg-Wallfahrten gar nicht gebrauchen, sondern sie müssen von gewichstem Leder gemacht seyn und dicke Sohlen haben.
Der Tafelberg hat seinen Nahmen davon bekom- men, daß er vorn gegen die Stadt und den Hafen eben abgeschnitten und wie ein Tisch aussieht. Wenn man hinauf kommt, merkt man, daß er vorwärts etwas eben ist; hernach aber erstreckt er sich in Absätzen allmählig wei- ter. In den oben auf dem Berge befindlichen Tiefen nehmen verschiedne Bäche ihren Anfang, die theils nach der Stadt, theils seitwärts fließen, und gutes, frisches, kaltes Wasser haben. Gleichwohl konnte ich keine ei- gentliche Quelle gewahr werden, auch fand ich oben nicht, wie Einige vorgeben, einen fischreichen See. Sondern alles dies Wasser sammelt sich zum Theil vom Regen, und zum Theil aus den Wolken, welche über den Berg hinziehen, ohne unten Regen zu geben. Oben auf dem Berge stehen verschiedne schon ziemlich ausgewit- terte Steine von sonderbarer Gestalt, und zugleich in solcher Stellung, daß man glauben sollte, sie wären durch Kunst hingestellt.
Die Höhe des Tafelberges beträgt 3350, oder, nach de la Cailles Berechnung, 3353 Fuß, und zwar auf der West-Seite, welche die niedrigste ist. Der Teufelsberg gränzet auf der Ost-Seite an ihn und ist 30 Fuß nie- driger, ob es gleich das Ansehen hat, als wenn seine Spitze höher sey. Mit diesem und dem Löwenberge
Vierte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
genommen hatte. Denn von der Menge ſcharfer Stei- ne, die theils unten am Berge, theils in den Vertie- fungen, durch welche der Weg geht, herabgerollt lie- gen, werden nicht nur die Sohlen der Schuhe abgenutzt, ſondern auch das Oberleder geht entzwey. Nette und duͤnne Franzoͤſiſche Schuhe kann man daher auf ſolchen Berg-Wallfahrten gar nicht gebrauchen, ſondern ſie muͤſſen von gewichstem Leder gemacht ſeyn und dicke Sohlen haben.
Der Tafelberg hat ſeinen Nahmen davon bekom- men, daß er vorn gegen die Stadt und den Hafen eben abgeſchnitten und wie ein Tiſch ausſieht. Wenn man hinauf kommt, merkt man, daß er vorwaͤrts etwas eben iſt; hernach aber erſtreckt er ſich in Abſaͤtzen allmaͤhlig wei- ter. In den oben auf dem Berge befindlichen Tiefen nehmen verſchiedne Baͤche ihren Anfang, die theils nach der Stadt, theils ſeitwaͤrts fließen, und gutes, friſches, kaltes Waſſer haben. Gleichwohl konnte ich keine ei- gentliche Quelle gewahr werden, auch fand ich oben nicht, wie Einige vorgeben, einen fiſchreichen See. Sondern alles dies Waſſer ſammelt ſich zum Theil vom Regen, und zum Theil aus den Wolken, welche uͤber den Berg hinziehen, ohne unten Regen zu geben. Oben auf dem Berge ſtehen verſchiedne ſchon ziemlich ausgewit- terte Steine von ſonderbarer Geſtalt, und zugleich in ſolcher Stellung, daß man glauben ſollte, ſie waͤren durch Kunſt hingeſtellt.
Die Hoͤhe des Tafelberges betraͤgt 3350, oder, nach de la Cailles Berechnung, 3353 Fuß, und zwar auf der Weſt-Seite, welche die niedrigſte iſt. Der Teufelsberg graͤnzet auf der Oſt-Seite an ihn und iſt 30 Fuß nie- driger, ob es gleich das Anſehen hat, als wenn ſeine Spitze hoͤher ſey. Mit dieſem und dem Loͤwenberge
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0230"n="202"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Vierte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.</hi></fw><lb/>
genommen hatte. Denn von der Menge ſcharfer Stei-<lb/>
ne, die theils unten am Berge, theils in den Vertie-<lb/>
fungen, durch welche der Weg geht, herabgerollt lie-<lb/>
gen, werden nicht nur die Sohlen der Schuhe abgenutzt,<lb/>ſondern auch das Oberleder geht entzwey. Nette und<lb/>
duͤnne Franzoͤſiſche Schuhe kann man daher auf ſolchen<lb/>
Berg-Wallfahrten gar nicht gebrauchen, ſondern ſie<lb/>
muͤſſen von gewichstem Leder gemacht ſeyn und dicke<lb/>
Sohlen haben.</p><lb/><p>Der <placeName>Tafelberg</placeName> hat ſeinen Nahmen davon bekom-<lb/>
men, daß er vorn gegen die Stadt und den Hafen eben<lb/>
abgeſchnitten und wie ein Tiſch ausſieht. Wenn man<lb/>
hinauf kommt, merkt man, daß er vorwaͤrts etwas eben<lb/>
iſt; hernach aber erſtreckt er ſich in Abſaͤtzen allmaͤhlig wei-<lb/>
ter. In den oben auf dem Berge befindlichen Tiefen<lb/>
nehmen verſchiedne Baͤche ihren Anfang, die theils nach<lb/>
der Stadt, theils ſeitwaͤrts fließen, und gutes, friſches,<lb/>
kaltes Waſſer haben. Gleichwohl konnte ich keine ei-<lb/>
gentliche Quelle gewahr werden, auch fand ich oben<lb/>
nicht, wie Einige vorgeben, einen fiſchreichen See.<lb/>
Sondern alles dies Waſſer ſammelt ſich zum Theil vom<lb/>
Regen, und zum Theil aus den Wolken, welche uͤber<lb/>
den Berg hinziehen, ohne unten Regen zu geben. Oben<lb/>
auf dem Berge ſtehen verſchiedne ſchon ziemlich ausgewit-<lb/>
terte Steine von ſonderbarer Geſtalt, und zugleich in<lb/>ſolcher Stellung, daß man glauben ſollte, ſie waͤren<lb/>
durch Kunſt hingeſtellt.</p><lb/><p>Die Hoͤhe des <placeName>Tafelberges</placeName> betraͤgt 3350, oder, nach<lb/><persName>de la Cailles</persName> Berechnung, 3353 Fuß, und zwar auf der<lb/>
Weſt-Seite, welche die niedrigſte iſt. Der <placeName>Teufelsberg</placeName><lb/>
graͤnzet auf der Oſt-Seite an ihn und iſt 30 Fuß nie-<lb/>
driger, ob es gleich das Anſehen hat, als wenn ſeine<lb/>
Spitze hoͤher ſey. Mit dieſem und dem <placeName>Loͤwenberge</placeName><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[202/0230]
Vierte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
genommen hatte. Denn von der Menge ſcharfer Stei-
ne, die theils unten am Berge, theils in den Vertie-
fungen, durch welche der Weg geht, herabgerollt lie-
gen, werden nicht nur die Sohlen der Schuhe abgenutzt,
ſondern auch das Oberleder geht entzwey. Nette und
duͤnne Franzoͤſiſche Schuhe kann man daher auf ſolchen
Berg-Wallfahrten gar nicht gebrauchen, ſondern ſie
muͤſſen von gewichstem Leder gemacht ſeyn und dicke
Sohlen haben.
Der Tafelberg hat ſeinen Nahmen davon bekom-
men, daß er vorn gegen die Stadt und den Hafen eben
abgeſchnitten und wie ein Tiſch ausſieht. Wenn man
hinauf kommt, merkt man, daß er vorwaͤrts etwas eben
iſt; hernach aber erſtreckt er ſich in Abſaͤtzen allmaͤhlig wei-
ter. In den oben auf dem Berge befindlichen Tiefen
nehmen verſchiedne Baͤche ihren Anfang, die theils nach
der Stadt, theils ſeitwaͤrts fließen, und gutes, friſches,
kaltes Waſſer haben. Gleichwohl konnte ich keine ei-
gentliche Quelle gewahr werden, auch fand ich oben
nicht, wie Einige vorgeben, einen fiſchreichen See.
Sondern alles dies Waſſer ſammelt ſich zum Theil vom
Regen, und zum Theil aus den Wolken, welche uͤber
den Berg hinziehen, ohne unten Regen zu geben. Oben
auf dem Berge ſtehen verſchiedne ſchon ziemlich ausgewit-
terte Steine von ſonderbarer Geſtalt, und zugleich in
ſolcher Stellung, daß man glauben ſollte, ſie waͤren
durch Kunſt hingeſtellt.
Die Hoͤhe des Tafelberges betraͤgt 3350, oder, nach
de la Cailles Berechnung, 3353 Fuß, und zwar auf der
Weſt-Seite, welche die niedrigſte iſt. Der Teufelsberg
graͤnzet auf der Oſt-Seite an ihn und iſt 30 Fuß nie-
driger, ob es gleich das Anſehen hat, als wenn ſeine
Spitze hoͤher ſey. Mit dieſem und dem Loͤwenberge
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/230>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.