Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Rückreise von der Grenze des Kafferlandes etc.
Gebirges; ich hatte aber diesmahl nicht Zeit es zu
besehen.

Das Land war jetzt theils von der brennenden Som-
merhitze, theils von den heftigen austrocknenden Win-
den sehr dürr. Die Fliegen hatten sich so ansehnlich ver-
mehrt, daß sie auf den meisten Höfen höchst beschwerlich
waren. Um sie in den Häusern zu vermindern, hatte man
unter der Decke der Zimmer kleine Quäste aufgehängt.
Diese Quäste bestreicht man täglich mehrmahls mit süßer
Milch, und wenn Fliegen in Menge sich daran herum
gesetzt haben, nimmt man einen langen leinenen Beutel,
hält ihn unter, und schüttelt die Fliegen hinein; hernach
wringet man den Beutel um, daß sie nicht heraus können.

Hier hatte ich wieder Gelegenheit zu sehen, wie
der Secretärvogel, der eine Menge Schlangen auffrißt
und zerstört, dieselben mit den Füßen fest tritt, und mit
der Spitze der Flügel darauf schlägt, daß sie nicht an ihn
kommen und ihn beißen können. Dieser Vogel frißt
auch Fleisch und allerley Wurzeln. -- Die blauen Gold-
hähnchen (Chrysomela) fügen dem Getreide, an dem
sie fressen, großen Schaden zu.

Unter den Gewächsen traf ich hier die gefiederte
Psoralea (Psoralea pinnata, Holländisch Pinwortel)
häufig an. Die Landleute betrachten sie als das lästigste
und schlimmste Unkraut in den Gärten, weil es sehr tief in
die Erde wächst und ungemein fest steht, und daher
schwer auszujäten ist. -- Die wilden Kastanien, oder
die Frucht vom sternblättrichten Scepterbaume (Brabe-
jum stellatum
) fressen hier die wilden Schweine so gern,
daß selten eine liegen bleibt, die aufgehen kann, wofern
sie nicht zwischen Steine fällt.

Den 27. December kamen wir bey dem warmen
Bade des schwarzen Berges, oder dem sogenannten Ba-

N 2

Ruͤckreiſe von der Grenze des Kafferlandes ꝛc.
Gebirges; ich hatte aber diesmahl nicht Zeit es zu
beſehen.

Das Land war jetzt theils von der brennenden Som-
merhitze, theils von den heftigen austrocknenden Win-
den ſehr duͤrr. Die Fliegen hatten ſich ſo anſehnlich ver-
mehrt, daß ſie auf den meiſten Hoͤfen hoͤchſt beſchwerlich
waren. Um ſie in den Haͤuſern zu vermindern, hatte man
unter der Decke der Zimmer kleine Quaͤſte aufgehaͤngt.
Dieſe Quaͤſte beſtreicht man taͤglich mehrmahls mit ſuͤßer
Milch, und wenn Fliegen in Menge ſich daran herum
geſetzt haben, nimmt man einen langen leinenen Beutel,
haͤlt ihn unter, und ſchuͤttelt die Fliegen hinein; hernach
wringet man den Beutel um, daß ſie nicht heraus koͤnnen.

Hier hatte ich wieder Gelegenheit zu ſehen, wie
der Secretaͤrvogel, der eine Menge Schlangen auffrißt
und zerſtoͤrt, dieſelben mit den Fuͤßen feſt tritt, und mit
der Spitze der Fluͤgel darauf ſchlaͤgt, daß ſie nicht an ihn
kommen und ihn beißen koͤnnen. Dieſer Vogel frißt
auch Fleiſch und allerley Wurzeln. — Die blauen Gold-
haͤhnchen (Chryſomela) fuͤgen dem Getreide, an dem
ſie freſſen, großen Schaden zu.

Unter den Gewaͤchſen traf ich hier die gefiederte
Pſoralea (Pſoralea pinnata, Hollaͤndiſch Pinwortel)
haͤufig an. Die Landleute betrachten ſie als das laͤſtigſte
und ſchlimmſte Unkraut in den Gaͤrten, weil es ſehr tief in
die Erde waͤchſt und ungemein feſt ſteht, und daher
ſchwer auszujaͤten iſt. — Die wilden Kaſtanien, oder
die Frucht vom ſternblaͤttrichten Scepterbaume (Brabe-
jum ſtellatum
) freſſen hier die wilden Schweine ſo gern,
daß ſelten eine liegen bleibt, die aufgehen kann, wofern
ſie nicht zwiſchen Steine faͤllt.

Den 27. December kamen wir bey dem warmen
Bade des ſchwarzen Berges, oder dem ſogenannten Ba-

N 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0223" n="195"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ru&#x0364;ckrei&#x017F;e von der Grenze des <placeName>Kafferlandes</placeName> &#xA75B;c.</hi></fw><lb/>
Gebirges; ich hatte aber diesmahl nicht Zeit es zu<lb/>
be&#x017F;ehen.</p><lb/>
          <p>Das Land war jetzt theils von der brennenden Som-<lb/>
merhitze, theils von den heftigen austrocknenden Win-<lb/>
den &#x017F;ehr du&#x0364;rr. Die Fliegen hatten &#x017F;ich &#x017F;o an&#x017F;ehnlich ver-<lb/>
mehrt, daß &#x017F;ie auf den mei&#x017F;ten Ho&#x0364;fen ho&#x0364;ch&#x017F;t be&#x017F;chwerlich<lb/>
waren. Um &#x017F;ie in den Ha&#x0364;u&#x017F;ern zu vermindern, hatte man<lb/>
unter der Decke der Zimmer kleine Qua&#x0364;&#x017F;te aufgeha&#x0364;ngt.<lb/>
Die&#x017F;e Qua&#x0364;&#x017F;te be&#x017F;treicht man ta&#x0364;glich mehrmahls mit &#x017F;u&#x0364;ßer<lb/>
Milch, und wenn Fliegen in Menge &#x017F;ich daran herum<lb/>
ge&#x017F;etzt haben, nimmt man einen langen leinenen Beutel,<lb/>
ha&#x0364;lt ihn unter, und &#x017F;chu&#x0364;ttelt die Fliegen hinein; hernach<lb/>
wringet man den Beutel um, daß &#x017F;ie nicht heraus ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
          <p>Hier hatte ich wieder Gelegenheit zu &#x017F;ehen, wie<lb/>
der Secreta&#x0364;rvogel, der eine Menge Schlangen auffrißt<lb/>
und zer&#x017F;to&#x0364;rt, die&#x017F;elben mit den Fu&#x0364;ßen fe&#x017F;t tritt, und mit<lb/>
der Spitze der Flu&#x0364;gel darauf &#x017F;chla&#x0364;gt, daß &#x017F;ie nicht an ihn<lb/>
kommen und ihn beißen ko&#x0364;nnen. Die&#x017F;er Vogel frißt<lb/>
auch Flei&#x017F;ch und allerley Wurzeln. &#x2014; Die blauen Gold-<lb/>
ha&#x0364;hnchen (<hi rendition="#aq">Chry&#x017F;omela</hi>) fu&#x0364;gen dem Getreide, an dem<lb/>
&#x017F;ie fre&#x017F;&#x017F;en, großen Schaden zu.</p><lb/>
          <p>Unter den Gewa&#x0364;ch&#x017F;en traf ich hier die gefiederte<lb/>
P&#x017F;oralea (<hi rendition="#aq">P&#x017F;oralea pinnata,</hi> Holla&#x0364;ndi&#x017F;ch <hi rendition="#aq">Pinwortel</hi>)<lb/>
ha&#x0364;ufig an. Die Landleute betrachten &#x017F;ie als das la&#x0364;&#x017F;tig&#x017F;te<lb/>
und &#x017F;chlimm&#x017F;te Unkraut in den Ga&#x0364;rten, weil es &#x017F;ehr tief in<lb/>
die Erde wa&#x0364;ch&#x017F;t und ungemein fe&#x017F;t &#x017F;teht, und daher<lb/>
&#x017F;chwer auszuja&#x0364;ten i&#x017F;t. &#x2014; Die wilden Ka&#x017F;tanien, oder<lb/>
die Frucht vom &#x017F;ternbla&#x0364;ttrichten Scepterbaume (<hi rendition="#aq">Brabe-<lb/>
jum &#x017F;tellatum</hi>) fre&#x017F;&#x017F;en hier die wilden Schweine &#x017F;o gern,<lb/>
daß &#x017F;elten eine liegen bleibt, die aufgehen kann, wofern<lb/>
&#x017F;ie nicht zwi&#x017F;chen Steine fa&#x0364;llt.</p><lb/>
          <p>Den 27. December kamen wir bey dem warmen<lb/>
Bade des <placeName>&#x017F;chwarzen Berges</placeName>, oder dem &#x017F;ogenannten <placeName>Ba-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N 2</fw><lb/></placeName></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[195/0223] Ruͤckreiſe von der Grenze des Kafferlandes ꝛc. Gebirges; ich hatte aber diesmahl nicht Zeit es zu beſehen. Das Land war jetzt theils von der brennenden Som- merhitze, theils von den heftigen austrocknenden Win- den ſehr duͤrr. Die Fliegen hatten ſich ſo anſehnlich ver- mehrt, daß ſie auf den meiſten Hoͤfen hoͤchſt beſchwerlich waren. Um ſie in den Haͤuſern zu vermindern, hatte man unter der Decke der Zimmer kleine Quaͤſte aufgehaͤngt. Dieſe Quaͤſte beſtreicht man taͤglich mehrmahls mit ſuͤßer Milch, und wenn Fliegen in Menge ſich daran herum geſetzt haben, nimmt man einen langen leinenen Beutel, haͤlt ihn unter, und ſchuͤttelt die Fliegen hinein; hernach wringet man den Beutel um, daß ſie nicht heraus koͤnnen. Hier hatte ich wieder Gelegenheit zu ſehen, wie der Secretaͤrvogel, der eine Menge Schlangen auffrißt und zerſtoͤrt, dieſelben mit den Fuͤßen feſt tritt, und mit der Spitze der Fluͤgel darauf ſchlaͤgt, daß ſie nicht an ihn kommen und ihn beißen koͤnnen. Dieſer Vogel frißt auch Fleiſch und allerley Wurzeln. — Die blauen Gold- haͤhnchen (Chryſomela) fuͤgen dem Getreide, an dem ſie freſſen, großen Schaden zu. Unter den Gewaͤchſen traf ich hier die gefiederte Pſoralea (Pſoralea pinnata, Hollaͤndiſch Pinwortel) haͤufig an. Die Landleute betrachten ſie als das laͤſtigſte und ſchlimmſte Unkraut in den Gaͤrten, weil es ſehr tief in die Erde waͤchſt und ungemein feſt ſteht, und daher ſchwer auszujaͤten iſt. — Die wilden Kaſtanien, oder die Frucht vom ſternblaͤttrichten Scepterbaume (Brabe- jum ſtellatum) freſſen hier die wilden Schweine ſo gern, daß ſelten eine liegen bleibt, die aufgehen kann, wofern ſie nicht zwiſchen Steine faͤllt. Den 27. December kamen wir bey dem warmen Bade des ſchwarzen Berges, oder dem ſogenannten Ba- N 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/223
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/223>, abgerufen am 22.11.2024.