Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Reise v. Ataquathale durchs Houtniqualand.
Berges sieht man verschiedne theils große, theils kleine
Gruben, von denen einige so rund sind, als wenn die
Kunst sie gemacht hätte, andre aber eine längliche Figur
haben. An einer Seite besteht die unterste Lage aus
weißgrauem fettem Quarz. Ueberdem hat dieser Berg
lange Ritzen und Spalten, worin dicke Stalaktiten
hängen, die mit feinen, hin und wieder grünlichen,
Flocken überzogen sind. Der Sandstein ist sehr fein.

Zu Pisangrivier hatte ich wieder Gelegenheit, vie-
les von den Sitten und der Lebensart der Hottentotten
kennen zu lernen. Mit dem Zubereiten des Essens ha-
ben sie nicht viel Mühe. Das Büffelfleisch schneiden
sie nur in Scheiben, legen es in die Asche auf einige
wenige Kohlen, da es denn zugleich halb geräuchert und
halb gebraten wird, und essen es hernach ohne Brot,
wenn es gleich schon stinkend geworden ist. Fett ißt der
Hottentotte am allerliebsten, ja er kann es sogar in großen
Portionen trinken, ohne Unbequemlichkeit davon zu ver-
spüren. Wenn eine Kuh nicht kalbet, sondern un-
fruchtbar ist, muß sie geschlachtet werden; von dem
Fleische essen alsdann aber nur die Verheiratheten, die
Unverheiratheten dürfen nicht davon kosten. -- Die
kleinen Hütten der Hottentotten werden oft sowohl mit
kriechendem als hüpfendem Ungeziefer so angefüllt, daß
sie sie nicht bewohnen können. Sie sind alsdann genö-
thigt, sie nach einer andern Stelle zu versetzen. Ein
solches Umziehen dauert auch nicht sehr lange, und kostet
sehr wenig; ich sah es hier in Geschwindigkeit und ohne
Mühe verrichten. Sie stecken zuerst einige schlanke Zwei-
ge oder Wieden in die Erde, und beugen sie, daß sie eine
bogenförmige Gestalt bekommen, um der Hütte die ge-
hörige Höhe und Wölbung zu geben. Darauf über-
decken sie diese mit Binsen oder Cypergras (Cyperus

Reiſe v. Ataquathale durchs Houtniqualand.
Berges ſieht man verſchiedne theils große, theils kleine
Gruben, von denen einige ſo rund ſind, als wenn die
Kunſt ſie gemacht haͤtte, andre aber eine laͤngliche Figur
haben. An einer Seite beſteht die unterſte Lage aus
weißgrauem fettem Quarz. Ueberdem hat dieſer Berg
lange Ritzen und Spalten, worin dicke Stalaktiten
haͤngen, die mit feinen, hin und wieder gruͤnlichen,
Flocken uͤberzogen ſind. Der Sandſtein iſt ſehr fein.

Zu Piſangrivier hatte ich wieder Gelegenheit, vie-
les von den Sitten und der Lebensart der Hottentotten
kennen zu lernen. Mit dem Zubereiten des Eſſens ha-
ben ſie nicht viel Muͤhe. Das Buͤffelfleiſch ſchneiden
ſie nur in Scheiben, legen es in die Aſche auf einige
wenige Kohlen, da es denn zugleich halb geraͤuchert und
halb gebraten wird, und eſſen es hernach ohne Brot,
wenn es gleich ſchon ſtinkend geworden iſt. Fett ißt der
Hottentotte am allerliebſten, ja er kann es ſogar in großen
Portionen trinken, ohne Unbequemlichkeit davon zu ver-
ſpuͤren. Wenn eine Kuh nicht kalbet, ſondern un-
fruchtbar iſt, muß ſie geſchlachtet werden; von dem
Fleiſche eſſen alsdann aber nur die Verheiratheten, die
Unverheiratheten duͤrfen nicht davon koſten. — Die
kleinen Huͤtten der Hottentotten werden oft ſowohl mit
kriechendem als huͤpfendem Ungeziefer ſo angefuͤllt, daß
ſie ſie nicht bewohnen koͤnnen. Sie ſind alsdann genoͤ-
thigt, ſie nach einer andern Stelle zu verſetzen. Ein
ſolches Umziehen dauert auch nicht ſehr lange, und koſtet
ſehr wenig; ich ſah es hier in Geſchwindigkeit und ohne
Muͤhe verrichten. Sie ſtecken zuerſt einige ſchlanke Zwei-
ge oder Wieden in die Erde, und beugen ſie, daß ſie eine
bogenfoͤrmige Geſtalt bekommen, um der Huͤtte die ge-
hoͤrige Hoͤhe und Woͤlbung zu geben. Darauf uͤber-
decken ſie dieſe mit Binſen oder Cypergras (Cyperus

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0203" n="175"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Rei&#x017F;e v. <placeName>Ataquathale</placeName> durchs <placeName>Houtniqualand</placeName>.</hi></fw><lb/>
Berges &#x017F;ieht man ver&#x017F;chiedne theils große, theils kleine<lb/>
Gruben, von denen einige &#x017F;o rund &#x017F;ind, als wenn die<lb/>
Kun&#x017F;t &#x017F;ie gemacht ha&#x0364;tte, andre aber eine la&#x0364;ngliche Figur<lb/>
haben. An einer Seite be&#x017F;teht die unter&#x017F;te Lage aus<lb/>
weißgrauem fettem Quarz. Ueberdem hat die&#x017F;er Berg<lb/>
lange Ritzen und Spalten, worin dicke Stalaktiten<lb/>
ha&#x0364;ngen, die mit feinen, hin und wieder gru&#x0364;nlichen,<lb/>
Flocken u&#x0364;berzogen &#x017F;ind. Der Sand&#x017F;tein i&#x017F;t &#x017F;ehr fein.</p><lb/>
          <p>Zu <placeName>Pi&#x017F;angrivier</placeName> hatte ich wieder Gelegenheit, vie-<lb/>
les von den Sitten und der Lebensart der Hottentotten<lb/>
kennen zu lernen. Mit dem Zubereiten des E&#x017F;&#x017F;ens ha-<lb/>
ben &#x017F;ie nicht viel Mu&#x0364;he. Das Bu&#x0364;ffelflei&#x017F;ch &#x017F;chneiden<lb/>
&#x017F;ie nur in Scheiben, legen es in die A&#x017F;che auf einige<lb/>
wenige Kohlen, da es denn zugleich halb gera&#x0364;uchert und<lb/>
halb gebraten wird, und e&#x017F;&#x017F;en es hernach ohne Brot,<lb/>
wenn es gleich &#x017F;chon &#x017F;tinkend geworden i&#x017F;t. Fett ißt der<lb/>
Hottentotte am allerlieb&#x017F;ten, ja er kann es &#x017F;ogar in großen<lb/>
Portionen trinken, ohne Unbequemlichkeit davon zu ver-<lb/>
&#x017F;pu&#x0364;ren. Wenn eine Kuh nicht kalbet, &#x017F;ondern un-<lb/>
fruchtbar i&#x017F;t, muß &#x017F;ie ge&#x017F;chlachtet werden; von dem<lb/>
Flei&#x017F;che e&#x017F;&#x017F;en alsdann aber nur die Verheiratheten, die<lb/>
Unverheiratheten du&#x0364;rfen nicht davon ko&#x017F;ten. &#x2014; Die<lb/>
kleinen Hu&#x0364;tten der Hottentotten werden oft &#x017F;owohl mit<lb/>
kriechendem als hu&#x0364;pfendem Ungeziefer &#x017F;o angefu&#x0364;llt, daß<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ie nicht bewohnen ko&#x0364;nnen. Sie &#x017F;ind alsdann geno&#x0364;-<lb/>
thigt, &#x017F;ie nach einer andern Stelle zu ver&#x017F;etzen. Ein<lb/>
&#x017F;olches Umziehen dauert auch nicht &#x017F;ehr lange, und ko&#x017F;tet<lb/>
&#x017F;ehr wenig; ich &#x017F;ah es hier in Ge&#x017F;chwindigkeit und ohne<lb/>
Mu&#x0364;he verrichten. Sie &#x017F;tecken zuer&#x017F;t einige &#x017F;chlanke Zwei-<lb/>
ge oder Wieden in die Erde, und beugen &#x017F;ie, daß &#x017F;ie eine<lb/>
bogenfo&#x0364;rmige Ge&#x017F;talt bekommen, um der Hu&#x0364;tte die ge-<lb/>
ho&#x0364;rige Ho&#x0364;he und Wo&#x0364;lbung zu geben. Darauf u&#x0364;ber-<lb/>
decken &#x017F;ie die&#x017F;e mit Bin&#x017F;en oder Cypergras (<hi rendition="#aq">Cyperus</hi><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0203] Reiſe v. Ataquathale durchs Houtniqualand. Berges ſieht man verſchiedne theils große, theils kleine Gruben, von denen einige ſo rund ſind, als wenn die Kunſt ſie gemacht haͤtte, andre aber eine laͤngliche Figur haben. An einer Seite beſteht die unterſte Lage aus weißgrauem fettem Quarz. Ueberdem hat dieſer Berg lange Ritzen und Spalten, worin dicke Stalaktiten haͤngen, die mit feinen, hin und wieder gruͤnlichen, Flocken uͤberzogen ſind. Der Sandſtein iſt ſehr fein. Zu Piſangrivier hatte ich wieder Gelegenheit, vie- les von den Sitten und der Lebensart der Hottentotten kennen zu lernen. Mit dem Zubereiten des Eſſens ha- ben ſie nicht viel Muͤhe. Das Buͤffelfleiſch ſchneiden ſie nur in Scheiben, legen es in die Aſche auf einige wenige Kohlen, da es denn zugleich halb geraͤuchert und halb gebraten wird, und eſſen es hernach ohne Brot, wenn es gleich ſchon ſtinkend geworden iſt. Fett ißt der Hottentotte am allerliebſten, ja er kann es ſogar in großen Portionen trinken, ohne Unbequemlichkeit davon zu ver- ſpuͤren. Wenn eine Kuh nicht kalbet, ſondern un- fruchtbar iſt, muß ſie geſchlachtet werden; von dem Fleiſche eſſen alsdann aber nur die Verheiratheten, die Unverheiratheten duͤrfen nicht davon koſten. — Die kleinen Huͤtten der Hottentotten werden oft ſowohl mit kriechendem als huͤpfendem Ungeziefer ſo angefuͤllt, daß ſie ſie nicht bewohnen koͤnnen. Sie ſind alsdann genoͤ- thigt, ſie nach einer andern Stelle zu verſetzen. Ein ſolches Umziehen dauert auch nicht ſehr lange, und koſtet ſehr wenig; ich ſah es hier in Geſchwindigkeit und ohne Muͤhe verrichten. Sie ſtecken zuerſt einige ſchlanke Zwei- ge oder Wieden in die Erde, und beugen ſie, daß ſie eine bogenfoͤrmige Geſtalt bekommen, um der Huͤtte die ge- hoͤrige Hoͤhe und Woͤlbung zu geben. Darauf uͤber- decken ſie dieſe mit Binſen oder Cypergras (Cyperus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/203
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/203>, abgerufen am 24.11.2024.