Wir müssen nun in Betracht ziehen, wie der zu ei- nem Gute gehörende Acker, wenn dieser auch von durch- aus gleicher Beschaffenheit und gleicher Ertragsfähigkeit ist, doch einen sehr verschiedenen Werth hat, je nachdem er dem Hofe näher oder ferner liegt. Die Kosten der Dungfuhren und des Einfahrens der Produkte stehen in geradem Verhältniß mit der Entfernung des Ackers vom Hofe. Für die übrigen Arbeiten, die auf dem Felde selbst geschehen, geht der Theil der Zeit, den die Menschen und Pferde zum Hin- und Zurückgehen gebrauchen, verloren; und dieser Theil wächst ebenfalls mit der größern Entfer- nung vom Hofe. Die Arbeitskosten sind also geringer für den nahe am Hofe liegenden Acker, als für den ent- fernteren; bei gleicher Fruchtbarkeit muß jener also einen höhern Reinertrag geben als dieser.
Wenn nun beim Preise von 0,549 Thalern für den Scheffel Rocken der Ertrag eines ganzen Guts in der Koppelwirthschaft = 0 ist, die vordere Hälfte des Ackers aber einen größern Ertrag gibt, als die entferntere Hälfte: so folgt daraus, daß der Reinertrag der ersten Hälfte po- sitiv, der Reinertrag der zweiten aber negativ seyn müsse, und daß der Gewinn, den die Bebauung des nähern Ackers gibt, durch den Verlust, den der Anbau des ent- ferntern bringt, wieder verschlungen wird, und so der Reinertrag des Ganzen zu 0 herabsinkt.
Die Koppelwirthschaft, deren Reinertrag im Ganzen = 0 ist, wird also dann wieder zum Reinertrag gelan- gen, wenn der entferntere Acker unbebauet liegen bleibt, und nur der nähere kultivirt wird. Unter dieser Bedin- gung endet auch die Kultur noch nicht bei der Entfer- nung von 28,6 Meilen von der Stadt.
Aber auch diese Koppelwirthschaft, bloß auf den nä- hern Boden beschränkt, muß bei noch größerer Entfernung vom Marktplatze, oder was dasselbe ist, bei noch niedri-
Wir muͤſſen nun in Betracht ziehen, wie der zu ei- nem Gute gehoͤrende Acker, wenn dieſer auch von durch- aus gleicher Beſchaffenheit und gleicher Ertragsfaͤhigkeit iſt, doch einen ſehr verſchiedenen Werth hat, je nachdem er dem Hofe naͤher oder ferner liegt. Die Koſten der Dungfuhren und des Einfahrens der Produkte ſtehen in geradem Verhaͤltniß mit der Entfernung des Ackers vom Hofe. Fuͤr die uͤbrigen Arbeiten, die auf dem Felde ſelbſt geſchehen, geht der Theil der Zeit, den die Menſchen und Pferde zum Hin- und Zuruͤckgehen gebrauchen, verloren; und dieſer Theil waͤchſt ebenfalls mit der groͤßern Entfer- nung vom Hofe. Die Arbeitskoſten ſind alſo geringer fuͤr den nahe am Hofe liegenden Acker, als fuͤr den ent- fernteren; bei gleicher Fruchtbarkeit muß jener alſo einen hoͤhern Reinertrag geben als dieſer.
Wenn nun beim Preiſe von 0,549 Thalern fuͤr den Scheffel Rocken der Ertrag eines ganzen Guts in der Koppelwirthſchaft = 0 iſt, die vordere Haͤlfte des Ackers aber einen groͤßern Ertrag gibt, als die entferntere Haͤlfte: ſo folgt daraus, daß der Reinertrag der erſten Haͤlfte po- ſitiv, der Reinertrag der zweiten aber negativ ſeyn muͤſſe, und daß der Gewinn, den die Bebauung des naͤhern Ackers gibt, durch den Verluſt, den der Anbau des ent- ferntern bringt, wieder verſchlungen wird, und ſo der Reinertrag des Ganzen zu 0 herabſinkt.
Die Koppelwirthſchaft, deren Reinertrag im Ganzen = 0 iſt, wird alſo dann wieder zum Reinertrag gelan- gen, wenn der entferntere Acker unbebauet liegen bleibt, und nur der naͤhere kultivirt wird. Unter dieſer Bedin- gung endet auch die Kultur noch nicht bei der Entfer- nung von 28,6 Meilen von der Stadt.
Aber auch dieſe Koppelwirthſchaft, bloß auf den naͤ- hern Boden beſchraͤnkt, muß bei noch groͤßerer Entfernung vom Marktplatze, oder was daſſelbe iſt, bei noch niedri-
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Wir muͤſſen nun in Betracht ziehen, wie der zu ei-
nem Gute gehoͤrende Acker, wenn dieſer auch von durch-
aus gleicher Beſchaffenheit und gleicher Ertragsfaͤhigkeit
iſt, doch einen ſehr verſchiedenen Werth hat, je nachdem
er dem Hofe naͤher oder ferner liegt. Die Koſten der
Dungfuhren und des Einfahrens der Produkte ſtehen in
geradem Verhaͤltniß mit der Entfernung des Ackers vom
Hofe. Fuͤr die uͤbrigen Arbeiten, die auf dem Felde ſelbſt
geſchehen, geht der Theil der Zeit, den die Menſchen und
Pferde zum Hin- und Zuruͤckgehen gebrauchen, verloren;
und dieſer Theil waͤchſt ebenfalls mit der groͤßern Entfer-
nung vom Hofe. Die Arbeitskoſten ſind alſo geringer
fuͤr den nahe am Hofe liegenden Acker, als fuͤr den ent-
fernteren; bei gleicher Fruchtbarkeit muß jener alſo einen
hoͤhern Reinertrag geben als dieſer.
Wenn nun beim Preiſe von 0,549 Thalern fuͤr den
Scheffel Rocken der Ertrag eines ganzen Guts in der
Koppelwirthſchaft = 0 iſt, die vordere Haͤlfte des Ackers
aber einen groͤßern Ertrag gibt, als die entferntere Haͤlfte:
ſo folgt daraus, daß der Reinertrag der erſten Haͤlfte po-
ſitiv, der Reinertrag der zweiten aber negativ ſeyn muͤſſe,
und daß der Gewinn, den die Bebauung des naͤhern
Ackers gibt, durch den Verluſt, den der Anbau des ent-
ferntern bringt, wieder verſchlungen wird, und ſo der
Reinertrag des Ganzen zu 0 herabſinkt.
Die Koppelwirthſchaft, deren Reinertrag im Ganzen
= 0 iſt, wird alſo dann wieder zum Reinertrag gelan-
gen, wenn der entferntere Acker unbebauet liegen bleibt,
und nur der naͤhere kultivirt wird. Unter dieſer Bedin-
gung endet auch die Kultur noch nicht bei der Entfer-
nung von 28,6 Meilen von der Stadt.
Aber auch dieſe Koppelwirthſchaft, bloß auf den naͤ-
hern Boden beſchraͤnkt, muß bei noch groͤßerer Entfernung
vom Marktplatze, oder was daſſelbe iſt, bei noch niedri-
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Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/53>, abgerufen am 16.02.2025.
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