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Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826.

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Auflage gemäß sich gebildet hat, und der Unterthan dann
den Druck der Abgabe nicht mehr empfindet; wogegen
andernseits jede neue oder veränderte Auflage, wie ein
Eingriff in das Eigenthum wirkt, indem dadurch unfehl-
bar einige Zweige der Kultur oder der Indüstrie beschränkt,
und die damit beschäftigt gewesenen Menschen, wenigstens
so lange bis sie zu einem andern Fach übergegangen sind,
unverdienter Weise brodtlos werden: so möchte man hier-
aus wohl schließen dürfen, daß die Ungleichheit der Ab-
gaben, ein weit geringeres Uebel sey, als die häufige
Veränderung derselben.

§. 38.
Auflagen auf die Landrente.

Wenn der Eigenthümer eines Guts einen Theil der
Landrente, die das Gut ihm bringt, an den Staat ab-
geben muß, so ändert dies in der Form und der Aus-
dehnung der Wirthschaft gar nichts. Diejenigen Güter,
deren Landrente nahe an 0 ist, tragen zu dieser Abgabe
sehr wenig bei, und das entfernteste oder schlechteste Gut,
wird davon gar nicht ergriffen. Diese Abgabe kann also
so wenig auf die Ausdehnung der Kultur, als auf die
Bevölkerung, die Anwendung des Kapitals und die
Quantität der erzeugten Produkte einen nachtheiligen
Einfluß äußern; ja, wenn die ganze Landrente von der
Abgabe hinweggenommen würde, bliebe die Kultur des
Bodens dennoch wie sie gewesen ist.

Auch in anderer Rücksicht mag es für das Wohl
der Nation gleichgültig seyn, ob die Landrente in den
Händen des Regenten oder des Eigenthümers und Kapi-
talisten ist; denn in beiden Fällen wird sie gewöhnlich
unproduktiv verwandt.

In der Regel ist die Landrente weit mehr in den
Händen der Kapitalisten als der Eigenthümer, die zwar

Auflage gemaͤß ſich gebildet hat, und der Unterthan dann
den Druck der Abgabe nicht mehr empfindet; wogegen
andernſeits jede neue oder veraͤnderte Auflage, wie ein
Eingriff in das Eigenthum wirkt, indem dadurch unfehl-
bar einige Zweige der Kultur oder der Induͤſtrie beſchraͤnkt,
und die damit beſchaͤftigt geweſenen Menſchen, wenigſtens
ſo lange bis ſie zu einem andern Fach uͤbergegangen ſind,
unverdienter Weiſe brodtlos werden: ſo moͤchte man hier-
aus wohl ſchließen duͤrfen, daß die Ungleichheit der Ab-
gaben, ein weit geringeres Uebel ſey, als die haͤufige
Veraͤnderung derſelben.

§. 38.
Auflagen auf die Landrente.

Wenn der Eigenthuͤmer eines Guts einen Theil der
Landrente, die das Gut ihm bringt, an den Staat ab-
geben muß, ſo aͤndert dies in der Form und der Aus-
dehnung der Wirthſchaft gar nichts. Diejenigen Guͤter,
deren Landrente nahe an 0 iſt, tragen zu dieſer Abgabe
ſehr wenig bei, und das entfernteſte oder ſchlechteſte Gut,
wird davon gar nicht ergriffen. Dieſe Abgabe kann alſo
ſo wenig auf die Ausdehnung der Kultur, als auf die
Bevoͤlkerung, die Anwendung des Kapitals und die
Quantitaͤt der erzeugten Produkte einen nachtheiligen
Einfluß aͤußern; ja, wenn die ganze Landrente von der
Abgabe hinweggenommen wuͤrde, bliebe die Kultur des
Bodens dennoch wie ſie geweſen iſt.

Auch in anderer Ruͤckſicht mag es fuͤr das Wohl
der Nation gleichguͤltig ſeyn, ob die Landrente in den
Haͤnden des Regenten oder des Eigenthuͤmers und Kapi-
taliſten iſt; denn in beiden Faͤllen wird ſie gewoͤhnlich
unproduktiv verwandt.

In der Regel iſt die Landrente weit mehr in den
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[276/0290] Auflage gemaͤß ſich gebildet hat, und der Unterthan dann den Druck der Abgabe nicht mehr empfindet; wogegen andernſeits jede neue oder veraͤnderte Auflage, wie ein Eingriff in das Eigenthum wirkt, indem dadurch unfehl- bar einige Zweige der Kultur oder der Induͤſtrie beſchraͤnkt, und die damit beſchaͤftigt geweſenen Menſchen, wenigſtens ſo lange bis ſie zu einem andern Fach uͤbergegangen ſind, unverdienter Weiſe brodtlos werden: ſo moͤchte man hier- aus wohl ſchließen duͤrfen, daß die Ungleichheit der Ab- gaben, ein weit geringeres Uebel ſey, als die haͤufige Veraͤnderung derſelben. §. 38. Auflagen auf die Landrente. Wenn der Eigenthuͤmer eines Guts einen Theil der Landrente, die das Gut ihm bringt, an den Staat ab- geben muß, ſo aͤndert dies in der Form und der Aus- dehnung der Wirthſchaft gar nichts. Diejenigen Guͤter, deren Landrente nahe an 0 iſt, tragen zu dieſer Abgabe ſehr wenig bei, und das entfernteſte oder ſchlechteſte Gut, wird davon gar nicht ergriffen. Dieſe Abgabe kann alſo ſo wenig auf die Ausdehnung der Kultur, als auf die Bevoͤlkerung, die Anwendung des Kapitals und die Quantitaͤt der erzeugten Produkte einen nachtheiligen Einfluß aͤußern; ja, wenn die ganze Landrente von der Abgabe hinweggenommen wuͤrde, bliebe die Kultur des Bodens dennoch wie ſie geweſen iſt. Auch in anderer Ruͤckſicht mag es fuͤr das Wohl der Nation gleichguͤltig ſeyn, ob die Landrente in den Haͤnden des Regenten oder des Eigenthuͤmers und Kapi- taliſten iſt; denn in beiden Faͤllen wird ſie gewoͤhnlich unproduktiv verwandt. In der Regel iſt die Landrente weit mehr in den Haͤnden der Kapitaliſten als der Eigenthuͤmer, die zwar

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Zitationshilfe: Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/290>, abgerufen am 23.11.2024.