die Gewerbe gelegt zur Vermehrung der Produktionsko- sten des Getreides beiträgt, nicht gesteigert.
Nun wissen wir aber ebenfalls aus den Betrachtun- gen im vorigen §., daß, wenn der Volkscharakter sich nicht ändert, alle aktiven Staatsbürger, also auch die Landbebauer, nach Einführung der Abgabe und nach vollendeter Wirkung derselben, noch eben so reichlich ih- ren Unterhalt sich erwerben können als früher, und es frägt sich nun, woher denn die Landbebauer die Entschä- digung für die Abgabe nehmen, da dieses nicht wie bei den Gewerbebetreibenden durch Erhöhung des Preises ihrer Arbeitsprodukte geschehen kann.
Der Ackerbau unterscheidet sich darin sehr wesentlich von den Gewerben, daß derselbe auf verschiedenen Boden- arten betrieben, die nämliche menschliche Anstrengung mit einer sehr verschiedenen Quantität von Erzeugnissen be- lohnt, während bei den Gewerben dieselbe Thätigkeit und Geschicklichkeit auch immer ein gleiches Arbeitspro- dukt liefert.
Wenn eine Abgabe auf die Gewerbe gelegt werden könnte, der sich diese durch Erhöhung der Preise ihrer Waaren nicht entziehen könnten, oder wenn durch künst- liche Maaßregeln die Getreidepreise fortwährend über ihren natürlichen Stand erhalten werden könnten: so würde dies alle Gewerbetreibenden gleich stark treffen, und die Gewerbe würden, wenn die Belastung stark genug wäre, sämmtlich und auf einmal dadurch nie- dergedrückt werden.
Bei der Landwirthschaft kann aber eine mit der Größe des Betriebs im Verhältniß stehende Abgabe, nur den Anbau des schlechtern Guts -- in dem isolirten Staat des entferntern Guts -- vernichten, aber nicht zugleich den des durch seinen Boden oder durch seine Lage begünstigten bessern Guts; und das Räthsel, wie
die Gewerbe gelegt zur Vermehrung der Produktionsko- ſten des Getreides beitraͤgt, nicht geſteigert.
Nun wiſſen wir aber ebenfalls aus den Betrachtun- gen im vorigen §., daß, wenn der Volkscharakter ſich nicht aͤndert, alle aktiven Staatsbuͤrger, alſo auch die Landbebauer, nach Einfuͤhrung der Abgabe und nach vollendeter Wirkung derſelben, noch eben ſo reichlich ih- ren Unterhalt ſich erwerben koͤnnen als fruͤher, und es fraͤgt ſich nun, woher denn die Landbebauer die Entſchaͤ- digung fuͤr die Abgabe nehmen, da dieſes nicht wie bei den Gewerbebetreibenden durch Erhoͤhung des Preiſes ihrer Arbeitsprodukte geſchehen kann.
Der Ackerbau unterſcheidet ſich darin ſehr weſentlich von den Gewerben, daß derſelbe auf verſchiedenen Boden- arten betrieben, die naͤmliche menſchliche Anſtrengung mit einer ſehr verſchiedenen Quantitaͤt von Erzeugniſſen be- lohnt, waͤhrend bei den Gewerben dieſelbe Thaͤtigkeit und Geſchicklichkeit auch immer ein gleiches Arbeitspro- dukt liefert.
Wenn eine Abgabe auf die Gewerbe gelegt werden koͤnnte, der ſich dieſe durch Erhoͤhung der Preiſe ihrer Waaren nicht entziehen koͤnnten, oder wenn durch kuͤnſt- liche Maaßregeln die Getreidepreiſe fortwaͤhrend uͤber ihren natuͤrlichen Stand erhalten werden koͤnnten: ſo wuͤrde dies alle Gewerbetreibenden gleich ſtark treffen, und die Gewerbe wuͤrden, wenn die Belaſtung ſtark genug waͤre, ſaͤmmtlich und auf einmal dadurch nie- dergedruͤckt werden.
Bei der Landwirthſchaft kann aber eine mit der Groͤße des Betriebs im Verhaͤltniß ſtehende Abgabe, nur den Anbau des ſchlechtern Guts — in dem iſolirten Staat des entferntern Guts — vernichten, aber nicht zugleich den des durch ſeinen Boden oder durch ſeine Lage beguͤnſtigten beſſern Guts; und das Raͤthſel, wie
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die Gewerbe gelegt zur Vermehrung der Produktionsko-
ſten des Getreides beitraͤgt, nicht geſteigert.
Nun wiſſen wir aber ebenfalls aus den Betrachtun-
gen im vorigen §., daß, wenn der Volkscharakter ſich
nicht aͤndert, alle aktiven Staatsbuͤrger, alſo auch die
Landbebauer, nach Einfuͤhrung der Abgabe und nach
vollendeter Wirkung derſelben, noch eben ſo reichlich ih-
ren Unterhalt ſich erwerben koͤnnen als fruͤher, und es
fraͤgt ſich nun, woher denn die Landbebauer die Entſchaͤ-
digung fuͤr die Abgabe nehmen, da dieſes nicht wie bei
den Gewerbebetreibenden durch Erhoͤhung des Preiſes ihrer
Arbeitsprodukte geſchehen kann.
Der Ackerbau unterſcheidet ſich darin ſehr weſentlich
von den Gewerben, daß derſelbe auf verſchiedenen Boden-
arten betrieben, die naͤmliche menſchliche Anſtrengung mit
einer ſehr verſchiedenen Quantitaͤt von Erzeugniſſen be-
lohnt, waͤhrend bei den Gewerben dieſelbe Thaͤtigkeit
und Geſchicklichkeit auch immer ein gleiches Arbeitspro-
dukt liefert.
Wenn eine Abgabe auf die Gewerbe gelegt werden
koͤnnte, der ſich dieſe durch Erhoͤhung der Preiſe ihrer
Waaren nicht entziehen koͤnnten, oder wenn durch kuͤnſt-
liche Maaßregeln die Getreidepreiſe fortwaͤhrend uͤber
ihren natuͤrlichen Stand erhalten werden koͤnnten: ſo
wuͤrde dies alle Gewerbetreibenden gleich ſtark treffen,
und die Gewerbe wuͤrden, wenn die Belaſtung ſtark
genug waͤre, ſaͤmmtlich und auf einmal dadurch nie-
dergedruͤckt werden.
Bei der Landwirthſchaft kann aber eine mit der
Groͤße des Betriebs im Verhaͤltniß ſtehende Abgabe, nur
den Anbau des ſchlechtern Guts — in dem iſolirten
Staat des entferntern Guts — vernichten, aber nicht
zugleich den des durch ſeinen Boden oder durch ſeine
Lage beguͤnſtigten beſſern Guts; und das Raͤthſel, wie
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Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/285>, abgerufen am 16.02.2025.
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