miren, aber Bevölkerung und Konsumtion werden dann rasch zunehmen, die kultivirte Ebene muß sich dann er- weitern, mit der Erweiterung steigt der Lieferungspreis und steigt bis dahin, daß er mit dem Preise, den das Volk zahlen kann, zusammenfällt.
Diesem gemäß finden wir auch in der Wirklichkeit in allen reichen Ländern hohe, und in allen armen Län- dern niedrige Kornpreise.
Ein Getreidemangel, selbst eine Hungersnoth in dem nördlichen Norwegen bringt keine hohen Kornpreise weder in den übrigen europäischen Ländern, noch in Nor- wegen selbst hervor, weil das Volk zu arm ist um hohe Preise bezahlen zu können. Dagegen steigert ein mäßiger Kornbedarf in London den Getreidepreis durch ganz Eu- ropa, und aus allen Häfen des Kontinents eilen dann Schiffe mit Getreide nach diesem Weltmarkt.
Wir finden in unsern Tagen bei allen europäischen Staaten ein Streben, durch hohe Zölle oder durch gänz- liche Einfuhrverbote, das fremde Getreide vom inlän- dischen Markt zu entfernen, um durch künstlich erzeugte hohe Preise den inländischen Ackerbau zu heben.
Daß nun der Ackerbau durch hohe Getreidepreise intensive und extensive gehoben wird, ist völlig begründet und geht auch aus allen unsern bisherigen Untersuchun- gen hervor; aber man hat es übersehen, daß, wenn man hohe Getreidepreise erzwingen will, man auch zugleich das Volk reich machen muß, um diese hohen Preise zah- len zu können. Geschieht dies nicht gleichzeitig, so ist die Erhöhung des Getreidepreises nur von kurzer Dauer, und der Preis sinkt dann nach einigen Jahren wieder, so weit bis er mit den Zahlmitteln der Konsumenten im Gleichgewicht ist. Durch die künstliche Steigerung der
miren, aber Bevoͤlkerung und Konſumtion werden dann raſch zunehmen, die kultivirte Ebene muß ſich dann er- weitern, mit der Erweiterung ſteigt der Lieferungspreis und ſteigt bis dahin, daß er mit dem Preiſe, den das Volk zahlen kann, zuſammenfaͤllt.
Dieſem gemaͤß finden wir auch in der Wirklichkeit in allen reichen Laͤndern hohe, und in allen armen Laͤn- dern niedrige Kornpreiſe.
Ein Getreidemangel, ſelbſt eine Hungersnoth in dem noͤrdlichen Norwegen bringt keine hohen Kornpreiſe weder in den uͤbrigen europaͤiſchen Laͤndern, noch in Nor- wegen ſelbſt hervor, weil das Volk zu arm iſt um hohe Preiſe bezahlen zu koͤnnen. Dagegen ſteigert ein maͤßiger Kornbedarf in London den Getreidepreis durch ganz Eu- ropa, und aus allen Haͤfen des Kontinents eilen dann Schiffe mit Getreide nach dieſem Weltmarkt.
Wir finden in unſern Tagen bei allen europaͤiſchen Staaten ein Streben, durch hohe Zoͤlle oder durch gaͤnz- liche Einfuhrverbote, das fremde Getreide vom inlaͤn- diſchen Markt zu entfernen, um durch kuͤnſtlich erzeugte hohe Preiſe den inlaͤndiſchen Ackerbau zu heben.
Daß nun der Ackerbau durch hohe Getreidepreiſe intenſive und extenſive gehoben wird, iſt voͤllig begruͤndet und geht auch aus allen unſern bisherigen Unterſuchun- gen hervor; aber man hat es uͤberſehen, daß, wenn man hohe Getreidepreiſe erzwingen will, man auch zugleich das Volk reich machen muß, um dieſe hohen Preiſe zah- len zu koͤnnen. Geſchieht dies nicht gleichzeitig, ſo iſt die Erhoͤhung des Getreidepreiſes nur von kurzer Dauer, und der Preis ſinkt dann nach einigen Jahren wieder, ſo weit bis er mit den Zahlmitteln der Konſumenten im Gleichgewicht iſt. Durch die kuͤnſtliche Steigerung der
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miren, aber Bevoͤlkerung und Konſumtion werden dann
raſch zunehmen, die kultivirte Ebene muß ſich dann er-
weitern, mit der Erweiterung ſteigt der Lieferungspreis
und ſteigt bis dahin, daß er mit dem Preiſe, den das
Volk zahlen kann, zuſammenfaͤllt.
Dieſem gemaͤß finden wir auch in der Wirklichkeit
in allen reichen Laͤndern hohe, und in allen armen Laͤn-
dern niedrige Kornpreiſe.
Ein Getreidemangel, ſelbſt eine Hungersnoth in
dem noͤrdlichen Norwegen bringt keine hohen Kornpreiſe
weder in den uͤbrigen europaͤiſchen Laͤndern, noch in Nor-
wegen ſelbſt hervor, weil das Volk zu arm iſt um hohe
Preiſe bezahlen zu koͤnnen. Dagegen ſteigert ein maͤßiger
Kornbedarf in London den Getreidepreis durch ganz Eu-
ropa, und aus allen Haͤfen des Kontinents eilen dann
Schiffe mit Getreide nach dieſem Weltmarkt.
Wir finden in unſern Tagen bei allen europaͤiſchen
Staaten ein Streben, durch hohe Zoͤlle oder durch gaͤnz-
liche Einfuhrverbote, das fremde Getreide vom inlaͤn-
diſchen Markt zu entfernen, um durch kuͤnſtlich erzeugte
hohe Preiſe den inlaͤndiſchen Ackerbau zu heben.
Daß nun der Ackerbau durch hohe Getreidepreiſe
intenſive und extenſive gehoben wird, iſt voͤllig begruͤndet
und geht auch aus allen unſern bisherigen Unterſuchun-
gen hervor; aber man hat es uͤberſehen, daß, wenn man
hohe Getreidepreiſe erzwingen will, man auch zugleich
das Volk reich machen muß, um dieſe hohen Preiſe zah-
len zu koͤnnen. Geſchieht dies nicht gleichzeitig, ſo iſt
die Erhoͤhung des Getreidepreiſes nur von kurzer Dauer,
und der Preis ſinkt dann nach einigen Jahren wieder, ſo
weit bis er mit den Zahlmitteln der Konſumenten im
Gleichgewicht iſt. Durch die kuͤnſtliche Steigerung der
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Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/281>, abgerufen am 16.02.2025.
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