Die Schlüsse, wodurch wir dieses sehr auffallende Resultat erhalten, beruhen auf der Voraussetzung, daß nach der Einführung der Abgabe die Konsumtion dieselbe bleibt, und wir haben nun zu untersuchen ob diese Vor- aussetzung richtig ist oder nicht.
Wie wir bereits in §. 33. erwähnt haben, wird der Preis des Getreides nicht einseitig durch den Betrag der Kosten, den das Zumarktbringen desselben dem Landwirth verursacht, sondern zugleich auch durch das Vermögen der Konsumenten, diesen Preis zahlen zu können, bedingt.
In der Stadt sowohl als auf dem Lande gibt es eine große Menge Menschen, deren Einkommen nur grade hinreicht, die nothwendigsten Bedürfnisse zu er- kaufen. Steigt nun der Preis des Getreides, so reicht ihr Einkommen oder ihr Erwerb nicht hin, sich dasselbe in genügender Menge zu verschaffen. Wie unentbehrlich auch das Getreide seyn mag, immer kann der ärmere Konsument nicht mehr dafür hingeben, als sein Erwerb und sein Vermögen zusammen betragen; reicht nun bei- des nicht aus, so muß er sich mit kleinern Quantitäten behelfen, also hungern und zuletzt umkommen.
Gesetzt nun es stiege in dem isolirten Staat, in Folge einer direkt oder indirekt auf den Ackerbau fallen- den Abgabe, der Preis des Getreides: so muß, weil die ärmeren Bewohner der Stadt diesen Preis nicht zahlen können, die Konsumtion abnehmen. Da aber in dem Augenblicke, wo die Abgabe eingeführt wird, die Pro- duktion noch nicht abgenommen hat, und also kein wirk- licher Mangel an Getreide statt finden kann: so muß durch die verminderte Konsumtion Ueberfluß an Getreide entstehen, der Preis desselben wieder fallen und zwar so tief fallen, daß auch die ärmere Klasse sich dasselbe wieder in genügender Menge verschaffen kann, d. h. das
Die Schluͤſſe, wodurch wir dieſes ſehr auffallende Reſultat erhalten, beruhen auf der Vorausſetzung, daß nach der Einfuͤhrung der Abgabe die Konſumtion dieſelbe bleibt, und wir haben nun zu unterſuchen ob dieſe Vor- ausſetzung richtig iſt oder nicht.
Wie wir bereits in §. 33. erwaͤhnt haben, wird der Preis des Getreides nicht einſeitig durch den Betrag der Koſten, den das Zumarktbringen deſſelben dem Landwirth verurſacht, ſondern zugleich auch durch das Vermoͤgen der Konſumenten, dieſen Preis zahlen zu koͤnnen, bedingt.
In der Stadt ſowohl als auf dem Lande gibt es eine große Menge Menſchen, deren Einkommen nur grade hinreicht, die nothwendigſten Beduͤrfniſſe zu er- kaufen. Steigt nun der Preis des Getreides, ſo reicht ihr Einkommen oder ihr Erwerb nicht hin, ſich daſſelbe in genuͤgender Menge zu verſchaffen. Wie unentbehrlich auch das Getreide ſeyn mag, immer kann der aͤrmere Konſument nicht mehr dafuͤr hingeben, als ſein Erwerb und ſein Vermoͤgen zuſammen betragen; reicht nun bei- des nicht aus, ſo muß er ſich mit kleinern Quantitaͤten behelfen, alſo hungern und zuletzt umkommen.
Geſetzt nun es ſtiege in dem iſolirten Staat, in Folge einer direkt oder indirekt auf den Ackerbau fallen- den Abgabe, der Preis des Getreides: ſo muß, weil die aͤrmeren Bewohner der Stadt dieſen Preis nicht zahlen koͤnnen, die Konſumtion abnehmen. Da aber in dem Augenblicke, wo die Abgabe eingefuͤhrt wird, die Pro- duktion noch nicht abgenommen hat, und alſo kein wirk- licher Mangel an Getreide ſtatt finden kann: ſo muß durch die verminderte Konſumtion Ueberfluß an Getreide entſtehen, der Preis deſſelben wieder fallen und zwar ſo tief fallen, daß auch die aͤrmere Klaſſe ſich daſſelbe wieder in genuͤgender Menge verſchaffen kann, d. h. das
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Die Schluͤſſe, wodurch wir dieſes ſehr auffallende
Reſultat erhalten, beruhen auf der Vorausſetzung, daß
nach der Einfuͤhrung der Abgabe die Konſumtion dieſelbe
bleibt, und wir haben nun zu unterſuchen ob dieſe Vor-
ausſetzung richtig iſt oder nicht.
Wie wir bereits in §. 33. erwaͤhnt haben, wird der
Preis des Getreides nicht einſeitig durch den Betrag der
Koſten, den das Zumarktbringen deſſelben dem Landwirth
verurſacht, ſondern zugleich auch durch das Vermoͤgen der
Konſumenten, dieſen Preis zahlen zu koͤnnen, bedingt.
In der Stadt ſowohl als auf dem Lande gibt
es eine große Menge Menſchen, deren Einkommen nur
grade hinreicht, die nothwendigſten Beduͤrfniſſe zu er-
kaufen. Steigt nun der Preis des Getreides, ſo reicht
ihr Einkommen oder ihr Erwerb nicht hin, ſich daſſelbe
in genuͤgender Menge zu verſchaffen. Wie unentbehrlich
auch das Getreide ſeyn mag, immer kann der aͤrmere
Konſument nicht mehr dafuͤr hingeben, als ſein Erwerb
und ſein Vermoͤgen zuſammen betragen; reicht nun bei-
des nicht aus, ſo muß er ſich mit kleinern Quantitaͤten
behelfen, alſo hungern und zuletzt umkommen.
Geſetzt nun es ſtiege in dem iſolirten Staat, in
Folge einer direkt oder indirekt auf den Ackerbau fallen-
den Abgabe, der Preis des Getreides: ſo muß, weil die
aͤrmeren Bewohner der Stadt dieſen Preis nicht zahlen
koͤnnen, die Konſumtion abnehmen. Da aber in dem
Augenblicke, wo die Abgabe eingefuͤhrt wird, die Pro-
duktion noch nicht abgenommen hat, und alſo kein wirk-
licher Mangel an Getreide ſtatt finden kann: ſo muß
durch die verminderte Konſumtion Ueberfluß an Getreide
entſtehen, der Preis deſſelben wieder fallen und zwar
ſo tief fallen, daß auch die aͤrmere Klaſſe ſich daſſelbe
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Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/279>, abgerufen am 16.02.2025.
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