tzungen nicht statt finden, auch keine Anwendung fin- den kann.
Wenn wir in der Wirklichkeit von diesem voraus- gesetzten Zustand auch noch sehr weit entfernt sind: so läßt sich doch nicht leugnen, daß das Resultat der fort- schreitenden Kultur eine stete Annäherung zu diesem Zu- stande ist, und daß schon in dem allgemeinen Streben nach höherer Kultur die Tendenz liegt im Lauf der Zeit diesen Zustand mehr und mehr herbeizuführen.
In der Wirklichkeit sind wir in Hinsicht der Schä- ferei noch in der Periode des Uebergangs begriffen, in dem isolirten Staat sehen wir diesen Uebergang als voll- endet an, und betrachten nur den letzten an das Zeitmaß nicht gebundenen Erfolg.
Ich habe oben gesagt: "wenn keine andern Umstände entgegenwirken"; denn es könnte z. B. seyn, daß das feine Schaf in den nie umgebrochenen, steppenähnlichen Weiden des Kreises der Viehzucht ausartete und wieder grobe Wolle erzeugte. In diesem Fall müßte die Erzielung der feinen Wolle in dem entlegenern Theil des Kreises der Koppelwirthschaft geschehen, und der Butterproduktion müßte so viel Land entzogen werden, als zur Hervor- bringung des Bedarfs an feiner Wolle nothwendig wäre. Die Betreibung der feinen Schäfereien würde dann eine höhere Landrente gewähren, also einträglicher seyn als die groben Schäfereien; aber immer würde in dem der Stadt zunächst gelegenen Theil des Kreises der Koppelwirthschaft die Kuherei vortheilhafter seyn, und einen höhern Ertrag gewähren als die feinste Schäferei.
Die Frage, ob Quantität und Qualität des dem Schaf gereichten Futters und der Weide auf die Güte und Feinheit der Wolle einwirke, ist also, wenn wir auf den endlichen Erfolg den unsere Bemühungen bei der Schafzucht haben werden, sehen, von der äußersten Wich-
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tzungen nicht ſtatt finden, auch keine Anwendung fin- den kann.
Wenn wir in der Wirklichkeit von dieſem voraus- geſetzten Zuſtand auch noch ſehr weit entfernt ſind: ſo laͤßt ſich doch nicht leugnen, daß das Reſultat der fort- ſchreitenden Kultur eine ſtete Annaͤherung zu dieſem Zu- ſtande iſt, und daß ſchon in dem allgemeinen Streben nach hoͤherer Kultur die Tendenz liegt im Lauf der Zeit dieſen Zuſtand mehr und mehr herbeizufuͤhren.
In der Wirklichkeit ſind wir in Hinſicht der Schaͤ- ferei noch in der Periode des Uebergangs begriffen, in dem iſolirten Staat ſehen wir dieſen Uebergang als voll- endet an, und betrachten nur den letzten an das Zeitmaß nicht gebundenen Erfolg.
Ich habe oben geſagt: «wenn keine andern Umſtaͤnde entgegenwirken»; denn es koͤnnte z. B. ſeyn, daß das feine Schaf in den nie umgebrochenen, ſteppenaͤhnlichen Weiden des Kreiſes der Viehzucht ausartete und wieder grobe Wolle erzeugte. In dieſem Fall muͤßte die Erzielung der feinen Wolle in dem entlegenern Theil des Kreiſes der Koppelwirthſchaft geſchehen, und der Butterproduktion muͤßte ſo viel Land entzogen werden, als zur Hervor- bringung des Bedarfs an feiner Wolle nothwendig waͤre. Die Betreibung der feinen Schaͤfereien wuͤrde dann eine hoͤhere Landrente gewaͤhren, alſo eintraͤglicher ſeyn als die groben Schaͤfereien; aber immer wuͤrde in dem der Stadt zunaͤchſt gelegenen Theil des Kreiſes der Koppelwirthſchaft die Kuherei vortheilhafter ſeyn, und einen hoͤhern Ertrag gewaͤhren als die feinſte Schaͤferei.
Die Frage, ob Quantitaͤt und Qualitaͤt des dem Schaf gereichten Futters und der Weide auf die Guͤte und Feinheit der Wolle einwirke, iſt alſo, wenn wir auf den endlichen Erfolg den unſere Bemuͤhungen bei der Schafzucht haben werden, ſehen, von der aͤußerſten Wich-
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tzungen nicht ſtatt finden, auch keine Anwendung fin-
den kann.
Wenn wir in der Wirklichkeit von dieſem voraus-
geſetzten Zuſtand auch noch ſehr weit entfernt ſind: ſo
laͤßt ſich doch nicht leugnen, daß das Reſultat der fort-
ſchreitenden Kultur eine ſtete Annaͤherung zu dieſem Zu-
ſtande iſt, und daß ſchon in dem allgemeinen Streben
nach hoͤherer Kultur die Tendenz liegt im Lauf der Zeit
dieſen Zuſtand mehr und mehr herbeizufuͤhren.
In der Wirklichkeit ſind wir in Hinſicht der Schaͤ-
ferei noch in der Periode des Uebergangs begriffen, in
dem iſolirten Staat ſehen wir dieſen Uebergang als voll-
endet an, und betrachten nur den letzten an das Zeitmaß
nicht gebundenen Erfolg.
Ich habe oben geſagt: «wenn keine andern Umſtaͤnde
entgegenwirken»; denn es koͤnnte z. B. ſeyn, daß das feine
Schaf in den nie umgebrochenen, ſteppenaͤhnlichen Weiden
des Kreiſes der Viehzucht ausartete und wieder grobe
Wolle erzeugte. In dieſem Fall muͤßte die Erzielung der
feinen Wolle in dem entlegenern Theil des Kreiſes der
Koppelwirthſchaft geſchehen, und der Butterproduktion
muͤßte ſo viel Land entzogen werden, als zur Hervor-
bringung des Bedarfs an feiner Wolle nothwendig waͤre.
Die Betreibung der feinen Schaͤfereien wuͤrde dann eine
hoͤhere Landrente gewaͤhren, alſo eintraͤglicher ſeyn als die
groben Schaͤfereien; aber immer wuͤrde in dem der Stadt
zunaͤchſt gelegenen Theil des Kreiſes der Koppelwirthſchaft
die Kuherei vortheilhafter ſeyn, und einen hoͤhern Ertrag
gewaͤhren als die feinſte Schaͤferei.
Die Frage, ob Quantitaͤt und Qualitaͤt des dem
Schaf gereichten Futters und der Weide auf die Guͤte
und Feinheit der Wolle einwirke, iſt alſo, wenn wir auf
den endlichen Erfolg den unſere Bemuͤhungen bei der
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Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/241>, abgerufen am 07.07.2024.
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