und der Preis derselben gesunken ist, während der Preis der hochfeinen Wolle fast unverändert geblieben ist. Gilt jetzt z. B. das Pfund feine Wolle noch 36 ß, so trägt das Infantadoschaf für 21/4 Thlr., das Elektoralschaf aber noch immer für 2 5/8 Thlr. Wolle.
Man hat also ganz recht das Elektoralschaf jetzt dem Infantadoschaf vorzuziehen; aber das allgemeine Streben, Elektoralwolle zu erzeugen, wird binnen wenigen Jahren eine so große Quantität davon hervorbringen, daß auch hiemit der Markt reichlich versehn wird und der Preis derselben fällt -- und man wird sich dann wieder ein andres Ziel zum Gegenstand des Strebens stecken müssen.
Mit dem Fallen des Preises der hochfeinen Wolle werden auch die daraus verfertigten Waaren im Preise fallen, und dadurch aufhören ein Gegenstand des Luxus zu seyn. Bei der Vorliebe der Reichen, nur solche Waa- ren zur Bekleidung zu nehmen, die so theuer sind, daß die Minderwohlhabenden von dem Gebrauch derselben aus- geschlossen bleiben, könnten die feinen wollenen Zeuge, grade durch ihre Wohlfeilheit wieder aus der Mode kom- men, und die seidnen und baumwollenen Zeuge ihre Stelle wieder einnehmen.
Zum Glück für den Produzenten ist aber noch eine weitere Steigerung der Wollfeinheit möglich: man findet nämlich in den hochfeinen Schäfereien einzelne Thiere von einer noch weit hervorragenden Wollfeinheit, die man aber nicht zu vermehren sucht, weil sie wegen des äußerst geringen Wollertrags bis jetzt nicht einträglich sind.
Wahrscheinlich wird nun aber einst, wenn die hoch- feine Wolle erst in hinreichender Menge vorhanden ist, der Preis dieser höchst feinen Wolle so sehr steigen, daß es vortheilhaft wird, diese bis jetzt nicht beachteten Indi- viduen hervorzusuchen und aus ihnen ganze Stämme zu bilden. Die Schafe die diese höchst feine Wolle tragen,
und der Preis derſelben geſunken iſt, waͤhrend der Preis der hochfeinen Wolle faſt unveraͤndert geblieben iſt. Gilt jetzt z. B. das Pfund feine Wolle noch 36 ß, ſo traͤgt das Infantadoſchaf fuͤr 2¼ Thlr., das Elektoralſchaf aber noch immer fuͤr 2⅝ Thlr. Wolle.
Man hat alſo ganz recht das Elektoralſchaf jetzt dem Infantadoſchaf vorzuziehen; aber das allgemeine Streben, Elektoralwolle zu erzeugen, wird binnen wenigen Jahren eine ſo große Quantitaͤt davon hervorbringen, daß auch hiemit der Markt reichlich verſehn wird und der Preis derſelben faͤllt — und man wird ſich dann wieder ein andres Ziel zum Gegenſtand des Strebens ſtecken muͤſſen.
Mit dem Fallen des Preiſes der hochfeinen Wolle werden auch die daraus verfertigten Waaren im Preiſe fallen, und dadurch aufhoͤren ein Gegenſtand des Luxus zu ſeyn. Bei der Vorliebe der Reichen, nur ſolche Waa- ren zur Bekleidung zu nehmen, die ſo theuer ſind, daß die Minderwohlhabenden von dem Gebrauch derſelben aus- geſchloſſen bleiben, koͤnnten die feinen wollenen Zeuge, grade durch ihre Wohlfeilheit wieder aus der Mode kom- men, und die ſeidnen und baumwollenen Zeuge ihre Stelle wieder einnehmen.
Zum Gluͤck fuͤr den Produzenten iſt aber noch eine weitere Steigerung der Wollfeinheit moͤglich: man findet naͤmlich in den hochfeinen Schaͤfereien einzelne Thiere von einer noch weit hervorragenden Wollfeinheit, die man aber nicht zu vermehren ſucht, weil ſie wegen des aͤußerſt geringen Wollertrags bis jetzt nicht eintraͤglich ſind.
Wahrſcheinlich wird nun aber einſt, wenn die hoch- feine Wolle erſt in hinreichender Menge vorhanden iſt, der Preis dieſer hoͤchſt feinen Wolle ſo ſehr ſteigen, daß es vortheilhaft wird, dieſe bis jetzt nicht beachteten Indi- viduen hervorzuſuchen und aus ihnen ganze Staͤmme zu bilden. Die Schafe die dieſe hoͤchſt feine Wolle tragen,
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und der Preis derſelben geſunken iſt, waͤhrend der Preis
der hochfeinen Wolle faſt unveraͤndert geblieben iſt. Gilt
jetzt z. B. das Pfund feine Wolle noch 36 ß, ſo traͤgt
das Infantadoſchaf fuͤr 2¼ Thlr., das Elektoralſchaf aber
noch immer fuͤr 2⅝ Thlr. Wolle.
Man hat alſo ganz recht das Elektoralſchaf jetzt dem
Infantadoſchaf vorzuziehen; aber das allgemeine Streben,
Elektoralwolle zu erzeugen, wird binnen wenigen Jahren
eine ſo große Quantitaͤt davon hervorbringen, daß auch
hiemit der Markt reichlich verſehn wird und der Preis
derſelben faͤllt — und man wird ſich dann wieder ein
andres Ziel zum Gegenſtand des Strebens ſtecken muͤſſen.
Mit dem Fallen des Preiſes der hochfeinen Wolle
werden auch die daraus verfertigten Waaren im Preiſe
fallen, und dadurch aufhoͤren ein Gegenſtand des Luxus
zu ſeyn. Bei der Vorliebe der Reichen, nur ſolche Waa-
ren zur Bekleidung zu nehmen, die ſo theuer ſind, daß
die Minderwohlhabenden von dem Gebrauch derſelben aus-
geſchloſſen bleiben, koͤnnten die feinen wollenen Zeuge,
grade durch ihre Wohlfeilheit wieder aus der Mode kom-
men, und die ſeidnen und baumwollenen Zeuge ihre
Stelle wieder einnehmen.
Zum Gluͤck fuͤr den Produzenten iſt aber noch eine
weitere Steigerung der Wollfeinheit moͤglich: man findet
naͤmlich in den hochfeinen Schaͤfereien einzelne Thiere
von einer noch weit hervorragenden Wollfeinheit, die man
aber nicht zu vermehren ſucht, weil ſie wegen des aͤußerſt
geringen Wollertrags bis jetzt nicht eintraͤglich ſind.
Wahrſcheinlich wird nun aber einſt, wenn die hoch-
feine Wolle erſt in hinreichender Menge vorhanden iſt,
der Preis dieſer hoͤchſt feinen Wolle ſo ſehr ſteigen, daß
es vortheilhaft wird, dieſe bis jetzt nicht beachteten Indi-
viduen hervorzuſuchen und aus ihnen ganze Staͤmme zu
bilden. Die Schafe die dieſe hoͤchſt feine Wolle tragen,
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Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/238>, abgerufen am 31.07.2024.
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