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Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826.

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Kann nun 1 Schfl. Rocken durch 14 Lb Fleisch + 2
Schfl. Kartoffeln ersetzt werden, und sind zur Hervorbrin-
gung von 14 Lb Fleisch 4 2/3 Schfl. Kartoffeln erforderlich:
so würden 4 2/3 + 2 = 6 2/3 Schfl. Kartoffeln einen Schfl.
Rocken ersetzen.

Da nun von derselben Fläche, wo 1 Schfl. Rocken
wächst, mehr als 6 2/3 Schfl. Kartoffeln geerntet werden,
so kann auch nach dieser Berechnung -- die aber keines-
wegs Anspruch auf Vollständigkeit und Genauigkeit ma-
chen soll -- durch die Verbreitung des Kartoffelnbaues
eine größere Zahl Menschen, als früher durch den Getrei-
debau, ernährt werden; aber bei weitem keine so viel
größere Zahl als Manche behauptet haben.

Denken wir uns nun, daß in dem isolirten Staate
der bisher bloß Viehzucht treibende Kreis allmälig, und
zwar bis zur Gränze des kulturfähigen Bodens, ange-
bauet und dem Getreidebau gewidmet werde: so nimmt
dadurch einerseits die Menge der Viehprodukte, die nach
der Stadt geliefert wird, beträchtlich ab, und andererseits
vermehrt sich die Zahl der Konsumenten mit dem erwei-
terten Anbau der Ebene. Die geringere Quantität von
Viehprodukten muß dann unter eine größere Zahl von
Konsumenten vertheilt werden, und die auf jeden Einzel-
nen fallende Portion muß also viel kleiner als früher seyn.

Es entsteht nun die Frage, welchen Einfluß diese
Veränderung auf den Preis der animalischen Produkte
haben wird, und wie nun die geringere Produktenmenge
unter die verschiedenen Klassen der Staatsbürger vertheilt
werden wird.

Bei der mangelhaften Versorgung des Markts mit
Fleisch wird durch die Konkurrenz der Käufer eine Stei-
gerung des Preises hervorgebracht. Der Aermere kann
für das Fleisch nur den Preis zahlen, den es ihm in
Verhältniß zu andern Nahrungsmitteln werth ist. Steigt

Kann nun 1 Schfl. Rocken durch 14 ℔ Fleiſch + 2
Schfl. Kartoffeln erſetzt werden, und ſind zur Hervorbrin-
gung von 14 ℔ Fleiſch 4 ⅔ Schfl. Kartoffeln erforderlich:
ſo wuͤrden 4 ⅔ + 2 = 6 ⅔ Schfl. Kartoffeln einen Schfl.
Rocken erſetzen.

Da nun von derſelben Flaͤche, wo 1 Schfl. Rocken
waͤchſt, mehr als 6 ⅔ Schfl. Kartoffeln geerntet werden,
ſo kann auch nach dieſer Berechnung — die aber keines-
wegs Anſpruch auf Vollſtaͤndigkeit und Genauigkeit ma-
chen ſoll — durch die Verbreitung des Kartoffelnbaues
eine groͤßere Zahl Menſchen, als fruͤher durch den Getrei-
debau, ernaͤhrt werden; aber bei weitem keine ſo viel
groͤßere Zahl als Manche behauptet haben.

Denken wir uns nun, daß in dem iſolirten Staate
der bisher bloß Viehzucht treibende Kreis allmaͤlig, und
zwar bis zur Graͤnze des kulturfaͤhigen Bodens, ange-
bauet und dem Getreidebau gewidmet werde: ſo nimmt
dadurch einerſeits die Menge der Viehprodukte, die nach
der Stadt geliefert wird, betraͤchtlich ab, und andererſeits
vermehrt ſich die Zahl der Konſumenten mit dem erwei-
terten Anbau der Ebene. Die geringere Quantitaͤt von
Viehprodukten muß dann unter eine groͤßere Zahl von
Konſumenten vertheilt werden, und die auf jeden Einzel-
nen fallende Portion muß alſo viel kleiner als fruͤher ſeyn.

Es entſteht nun die Frage, welchen Einfluß dieſe
Veraͤnderung auf den Preis der animaliſchen Produkte
haben wird, und wie nun die geringere Produktenmenge
unter die verſchiedenen Klaſſen der Staatsbuͤrger vertheilt
werden wird.

Bei der mangelhaften Verſorgung des Markts mit
Fleiſch wird durch die Konkurrenz der Kaͤufer eine Stei-
gerung des Preiſes hervorgebracht. Der Aermere kann
fuͤr das Fleiſch nur den Preis zahlen, den es ihm in
Verhaͤltniß zu andern Nahrungsmitteln werth iſt. Steigt

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[197/0211] Kann nun 1 Schfl. Rocken durch 14 ℔ Fleiſch + 2 Schfl. Kartoffeln erſetzt werden, und ſind zur Hervorbrin- gung von 14 ℔ Fleiſch 4 ⅔ Schfl. Kartoffeln erforderlich: ſo wuͤrden 4 ⅔ + 2 = 6 ⅔ Schfl. Kartoffeln einen Schfl. Rocken erſetzen. Da nun von derſelben Flaͤche, wo 1 Schfl. Rocken waͤchſt, mehr als 6 ⅔ Schfl. Kartoffeln geerntet werden, ſo kann auch nach dieſer Berechnung — die aber keines- wegs Anſpruch auf Vollſtaͤndigkeit und Genauigkeit ma- chen ſoll — durch die Verbreitung des Kartoffelnbaues eine groͤßere Zahl Menſchen, als fruͤher durch den Getrei- debau, ernaͤhrt werden; aber bei weitem keine ſo viel groͤßere Zahl als Manche behauptet haben. Denken wir uns nun, daß in dem iſolirten Staate der bisher bloß Viehzucht treibende Kreis allmaͤlig, und zwar bis zur Graͤnze des kulturfaͤhigen Bodens, ange- bauet und dem Getreidebau gewidmet werde: ſo nimmt dadurch einerſeits die Menge der Viehprodukte, die nach der Stadt geliefert wird, betraͤchtlich ab, und andererſeits vermehrt ſich die Zahl der Konſumenten mit dem erwei- terten Anbau der Ebene. Die geringere Quantitaͤt von Viehprodukten muß dann unter eine groͤßere Zahl von Konſumenten vertheilt werden, und die auf jeden Einzel- nen fallende Portion muß alſo viel kleiner als fruͤher ſeyn. Es entſteht nun die Frage, welchen Einfluß dieſe Veraͤnderung auf den Preis der animaliſchen Produkte haben wird, und wie nun die geringere Produktenmenge unter die verſchiedenen Klaſſen der Staatsbuͤrger vertheilt werden wird. Bei der mangelhaften Verſorgung des Markts mit Fleiſch wird durch die Konkurrenz der Kaͤufer eine Stei- gerung des Preiſes hervorgebracht. Der Aermere kann fuͤr das Fleiſch nur den Preis zahlen, den es ihm in Verhaͤltniß zu andern Nahrungsmitteln werth iſt. Steigt

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Zitationshilfe: Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/211>, abgerufen am 26.11.2024.