tet, können die Wälder nur allmälig aus ihrem Natur- zustande gerissen werden: denn so wie das Lebensalter der Bäume das des Menschen weit übertrifft, so gehören auch mehrere Menschenalter dazu, um die richtige Forst- kultur über eine ganze Waldfläche zu verbreiten.
Bei einer richtigen Forstkultur werden nur Bäume von gleichem Alter zusammenstehen dürfen, und diese wer- den gefällt werden müssen, so bald der relative Zuwachs bis auf 5 prct. heruntergesunken ist. Bei Hochwaldun- gen werden dann die Bäume nicht auswachsen dürfen, die Umtriebszeit wird viel kürzer, als das Lebensalter der Bäume reicht, seyn müssen; und es steht zur Frage, ob der Umtrieb der Buchenwaldung, den wir hier zu 100 Jahren angenommen haben, nach diesen Grundsätzen nicht noch kürzer seyn müsse.
Die Rücksicht, daß das Holz von mehr ausgewach- senen Bäumen als Brennmaterial einen höhern Werth hat, und theurer bezahlt wird als das Holz von jungen Bäumen, kann zwar den Umtrieb über den Zeitpunkt hin- aus, wo der relative Zuwachs 5 prct. beträgt verlängern; aber doch nur auf wenige Jahre: denn diese Werthszu- nahme des Holzes als Brennmaterial kann nicht lange im überwiegenden, oder auch nur gleichen Verhältniß mit den durch den Zinsenverlust steigenden Produktionskosten, wachsen.
Ganz anders verhält sich dies mit dem Bauholz. Dieses muß eine gewisse Stärke haben, wenn es über- haupt brauchbar seyn soll, und die Bäume dürfen nicht eher gefällt werden, als bis sie diese Stärke erreicht haben. Der Umtrieb wird also viel länger seyn müssen als bei der Brennholzerzielung. Die Produktionskosten des Bau- holzes werden dadurch sehr bedeutend vermehrt; da dasselbe aber nicht entbehrt werden kann: so muß auch eine gleiche Masse, z. B. ein Kubikfuß, um so höher bezahlt werden,
tet, koͤnnen die Waͤlder nur allmaͤlig aus ihrem Natur- zuſtande geriſſen werden: denn ſo wie das Lebensalter der Baͤume das des Menſchen weit uͤbertrifft, ſo gehoͤren auch mehrere Menſchenalter dazu, um die richtige Forſt- kultur uͤber eine ganze Waldflaͤche zu verbreiten.
Bei einer richtigen Forſtkultur werden nur Baͤume von gleichem Alter zuſammenſtehen duͤrfen, und dieſe wer- den gefaͤllt werden muͤſſen, ſo bald der relative Zuwachs bis auf 5 prct. heruntergeſunken iſt. Bei Hochwaldun- gen werden dann die Baͤume nicht auswachſen duͤrfen, die Umtriebszeit wird viel kuͤrzer, als das Lebensalter der Baͤume reicht, ſeyn muͤſſen; und es ſteht zur Frage, ob der Umtrieb der Buchenwaldung, den wir hier zu 100 Jahren angenommen haben, nach dieſen Grundſaͤtzen nicht noch kuͤrzer ſeyn muͤſſe.
Die Ruͤckſicht, daß das Holz von mehr ausgewach- ſenen Baͤumen als Brennmaterial einen hoͤhern Werth hat, und theurer bezahlt wird als das Holz von jungen Baͤumen, kann zwar den Umtrieb uͤber den Zeitpunkt hin- aus, wo der relative Zuwachs 5 prct. betraͤgt verlaͤngern; aber doch nur auf wenige Jahre: denn dieſe Werthszu- nahme des Holzes als Brennmaterial kann nicht lange im uͤberwiegenden, oder auch nur gleichen Verhaͤltniß mit den durch den Zinſenverluſt ſteigenden Produktionskoſten, wachſen.
Ganz anders verhaͤlt ſich dies mit dem Bauholz. Dieſes muß eine gewiſſe Staͤrke haben, wenn es uͤber- haupt brauchbar ſeyn ſoll, und die Baͤume duͤrfen nicht eher gefaͤllt werden, als bis ſie dieſe Staͤrke erreicht haben. Der Umtrieb wird alſo viel laͤnger ſeyn muͤſſen als bei der Brennholzerzielung. Die Produktionskoſten des Bau- holzes werden dadurch ſehr bedeutend vermehrt; da daſſelbe aber nicht entbehrt werden kann: ſo muß auch eine gleiche Maſſe, z. B. ein Kubikfuß, um ſo hoͤher bezahlt werden,
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tet, koͤnnen die Waͤlder nur allmaͤlig aus ihrem Natur-
zuſtande geriſſen werden: denn ſo wie das Lebensalter
der Baͤume das des Menſchen weit uͤbertrifft, ſo gehoͤren
auch mehrere Menſchenalter dazu, um die richtige Forſt-
kultur uͤber eine ganze Waldflaͤche zu verbreiten.
Bei einer richtigen Forſtkultur werden nur Baͤume
von gleichem Alter zuſammenſtehen duͤrfen, und dieſe wer-
den gefaͤllt werden muͤſſen, ſo bald der relative Zuwachs
bis auf 5 prct. heruntergeſunken iſt. Bei Hochwaldun-
gen werden dann die Baͤume nicht auswachſen duͤrfen,
die Umtriebszeit wird viel kuͤrzer, als das Lebensalter der
Baͤume reicht, ſeyn muͤſſen; und es ſteht zur Frage, ob
der Umtrieb der Buchenwaldung, den wir hier zu 100
Jahren angenommen haben, nach dieſen Grundſaͤtzen nicht
noch kuͤrzer ſeyn muͤſſe.
Die Ruͤckſicht, daß das Holz von mehr ausgewach-
ſenen Baͤumen als Brennmaterial einen hoͤhern Werth
hat, und theurer bezahlt wird als das Holz von jungen
Baͤumen, kann zwar den Umtrieb uͤber den Zeitpunkt hin-
aus, wo der relative Zuwachs 5 prct. betraͤgt verlaͤngern;
aber doch nur auf wenige Jahre: denn dieſe Werthszu-
nahme des Holzes als Brennmaterial kann nicht lange
im uͤberwiegenden, oder auch nur gleichen Verhaͤltniß mit
den durch den Zinſenverluſt ſteigenden Produktionskoſten,
wachſen.
Ganz anders verhaͤlt ſich dies mit dem Bauholz.
Dieſes muß eine gewiſſe Staͤrke haben, wenn es uͤber-
haupt brauchbar ſeyn ſoll, und die Baͤume duͤrfen nicht
eher gefaͤllt werden, als bis ſie dieſe Staͤrke erreicht haben.
Der Umtrieb wird alſo viel laͤnger ſeyn muͤſſen als bei
der Brennholzerzielung. Die Produktionskoſten des Bau-
holzes werden dadurch ſehr bedeutend vermehrt; da daſſelbe
aber nicht entbehrt werden kann: ſo muß auch eine gleiche
Maſſe, z. B. ein Kubikfuß, um ſo hoͤher bezahlt werden,
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Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/163>, abgerufen am 31.07.2024.
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