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Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826.

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Die gleichmäßig reichliche Unterhaltung des Viehes
während des ganzen Jahres ist von der größten Wichtig-
keit. Bei der Sommerstallfütterung ist diese Gleichmä-
ßigkeit, wenn nur Grünfutter in hinreichender Menge vor-
handen ist, leicht zu erreichen. Bei der Weidewirthschaft
ist dies aber mit größern Schwierigkeiten verbunden: denn
in den Monaten Mai und Juni ist der Wachsthum des
Grases so lebhaft, daß das Vieh nicht alles verzehren kann,
sondern einen Theil desselben in Halme schießen läßt,
während in den Monaten Juli und August der Gras-
wuchs nachläßt, und das Vieh nun in der Regel
Mangel leidet, wenn es auf die Dreeschweiden allein an-
gewiesen ist.

Um diesem Uebel abzuhelfen, müßte man in den Mo-
naten Juli und August von Zeit zu Zeit frische Weide
auf einmal gemähten Wiesen und auf der Kleestoppel ein-
räumen können; oder man müßte zur Aushülfe einiges
Grünfutter nach der Weide fahren.

Ist nun auf diese Weise die Gleichmäßigkeit in der
Ernährung des Viehes gesichert, und erhalten die Weide-
kühe dasselbe Winterfutter was die Stallkühe bekommen:
so ist nun weiter kein Grund abzusehen, warum die Wei-
dekühe von einer gleichen Quantität Futter nicht auch
eben so viele Milch und Butter produziren sollten, als die
Stallkühe.

Ich habe deshalb auch in §. 16., wo von der Stall-
fütterung die Rede ist, keine höhere Nutzung des Futters
durch Stallkühe als durch Weidekühe angenommen, son-
dern der Stallfütterung nur die wesentlichen, von ihr
unzertrennlichen Vorzüge und Nachtheile zu Gut und zur
Last geschrieben.

Ob nun aber der im Stall gewonnene Mist einen
höhern oder geringern Werth hat, als der auf die Weide
gefallene, dem auch die Wohlthat des Viehlagers beige-

Die gleichmaͤßig reichliche Unterhaltung des Viehes
waͤhrend des ganzen Jahres iſt von der groͤßten Wichtig-
keit. Bei der Sommerſtallfuͤtterung iſt dieſe Gleichmaͤ-
ßigkeit, wenn nur Gruͤnfutter in hinreichender Menge vor-
handen iſt, leicht zu erreichen. Bei der Weidewirthſchaft
iſt dies aber mit groͤßern Schwierigkeiten verbunden: denn
in den Monaten Mai und Juni iſt der Wachsthum des
Graſes ſo lebhaft, daß das Vieh nicht alles verzehren kann,
ſondern einen Theil deſſelben in Halme ſchießen laͤßt,
waͤhrend in den Monaten Juli und Auguſt der Gras-
wuchs nachlaͤßt, und das Vieh nun in der Regel
Mangel leidet, wenn es auf die Dreeſchweiden allein an-
gewieſen iſt.

Um dieſem Uebel abzuhelfen, muͤßte man in den Mo-
naten Juli und Auguſt von Zeit zu Zeit friſche Weide
auf einmal gemaͤhten Wieſen und auf der Kleeſtoppel ein-
raͤumen koͤnnen; oder man muͤßte zur Aushuͤlfe einiges
Gruͤnfutter nach der Weide fahren.

Iſt nun auf dieſe Weiſe die Gleichmaͤßigkeit in der
Ernaͤhrung des Viehes geſichert, und erhalten die Weide-
kuͤhe daſſelbe Winterfutter was die Stallkuͤhe bekommen:
ſo iſt nun weiter kein Grund abzuſehen, warum die Wei-
dekuͤhe von einer gleichen Quantitaͤt Futter nicht auch
eben ſo viele Milch und Butter produziren ſollten, als die
Stallkuͤhe.

Ich habe deshalb auch in §. 16., wo von der Stall-
fuͤtterung die Rede iſt, keine hoͤhere Nutzung des Futters
durch Stallkuͤhe als durch Weidekuͤhe angenommen, ſon-
dern der Stallfuͤtterung nur die weſentlichen, von ihr
unzertrennlichen Vorzuͤge und Nachtheile zu Gut und zur
Laſt geſchrieben.

Ob nun aber der im Stall gewonnene Miſt einen
hoͤhern oder geringern Werth hat, als der auf die Weide
gefallene, dem auch die Wohlthat des Viehlagers beige-

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[119/0133] Die gleichmaͤßig reichliche Unterhaltung des Viehes waͤhrend des ganzen Jahres iſt von der groͤßten Wichtig- keit. Bei der Sommerſtallfuͤtterung iſt dieſe Gleichmaͤ- ßigkeit, wenn nur Gruͤnfutter in hinreichender Menge vor- handen iſt, leicht zu erreichen. Bei der Weidewirthſchaft iſt dies aber mit groͤßern Schwierigkeiten verbunden: denn in den Monaten Mai und Juni iſt der Wachsthum des Graſes ſo lebhaft, daß das Vieh nicht alles verzehren kann, ſondern einen Theil deſſelben in Halme ſchießen laͤßt, waͤhrend in den Monaten Juli und Auguſt der Gras- wuchs nachlaͤßt, und das Vieh nun in der Regel Mangel leidet, wenn es auf die Dreeſchweiden allein an- gewieſen iſt. Um dieſem Uebel abzuhelfen, muͤßte man in den Mo- naten Juli und Auguſt von Zeit zu Zeit friſche Weide auf einmal gemaͤhten Wieſen und auf der Kleeſtoppel ein- raͤumen koͤnnen; oder man muͤßte zur Aushuͤlfe einiges Gruͤnfutter nach der Weide fahren. Iſt nun auf dieſe Weiſe die Gleichmaͤßigkeit in der Ernaͤhrung des Viehes geſichert, und erhalten die Weide- kuͤhe daſſelbe Winterfutter was die Stallkuͤhe bekommen: ſo iſt nun weiter kein Grund abzuſehen, warum die Wei- dekuͤhe von einer gleichen Quantitaͤt Futter nicht auch eben ſo viele Milch und Butter produziren ſollten, als die Stallkuͤhe. Ich habe deshalb auch in §. 16., wo von der Stall- fuͤtterung die Rede iſt, keine hoͤhere Nutzung des Futters durch Stallkuͤhe als durch Weidekuͤhe angenommen, ſon- dern der Stallfuͤtterung nur die weſentlichen, von ihr unzertrennlichen Vorzuͤge und Nachtheile zu Gut und zur Laſt geſchrieben. Ob nun aber der im Stall gewonnene Miſt einen hoͤhern oder geringern Werth hat, als der auf die Weide gefallene, dem auch die Wohlthat des Viehlagers beige-

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Zitationshilfe: Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/133>, abgerufen am 27.11.2024.