"und mich deines Rathes gewürdiget, um "mich itzt desto mehr zu kränken, und mein "dankbares Herz wider dich zu empören? "Was hilft es, daß du mich nach den Reizun- "gen meiner Wilhelmine hast schmachten ge- "lehret, und daß du mich durch ihr melodi- "sches Jawort beglückt hast -- Was hilft es, "daß mir dieser Tag in der schönsten Feyer "entflohen ist, wenn meine erste Brautnacht "langweilig und ungefeyert davon zieht? Die "lächelnde Morgenröthe wird mich spottend "an die neue Bekanntschaft einer Freud' er- "innern, die wider mein Verschulden mir fremd "geblieben ist, und Wilhelmine wird mir mit "ernsthaftem Lächeln in das Gesicht sehn, "wenn sie die glückwünschenden Bauern, Frau "Magisterinn, grüßen. Diese Nacht, o Sohn "der Venus, nur diese einzige Nacht, beherr- "schest du noch mit dem Hymen in gemein- "schaftlicher Ehre -- So laß mir doch nicht "durch das wilde Getöse der geputzten Höflin-
"ge,
”und mich deines Rathes gewuͤrdiget, um ”mich itzt deſto mehr zu kraͤnken, und mein ”dankbares Herz wider dich zu empoͤren? ”Was hilft es, daß du mich nach den Reizun- ”gen meiner Wilhelmine haſt ſchmachten ge- ”lehret, und daß du mich durch ihr melodi- ”ſches Jawort begluͤckt haſt — Was hilft es, ”daß mir dieſer Tag in der ſchoͤnſten Feyer ”entflohen iſt, wenn meine erſte Brautnacht ”langweilig und ungefeyert davon zieht? Die ”laͤchelnde Morgenroͤthe wird mich ſpottend ”an die neue Bekanntſchaft einer Freud’ er- ”innern, die wider mein Verſchulden mir fremd ”geblieben iſt, und Wilhelmine wird mir mit ”ernſthaftem Laͤcheln in das Geſicht ſehn, ”wenn ſie die gluͤckwuͤnſchenden Bauern, Frau ”Magiſterinn, gruͤßen. Dieſe Nacht, o Sohn ”der Venus, nur dieſe einzige Nacht, beherr- ”ſcheſt du noch mit dem Hymen in gemein- ”ſchaftlicher Ehre — So laß mir doch nicht ”durch das wilde Getoͤſe der geputzten Hoͤflin-
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”und mich deines Rathes gewuͤrdiget, um
”mich itzt deſto mehr zu kraͤnken, und mein
”dankbares Herz wider dich zu empoͤren?
”Was hilft es, daß du mich nach den Reizun-
”gen meiner Wilhelmine haſt ſchmachten ge-
”lehret, und daß du mich durch ihr melodi-
”ſches Jawort begluͤckt haſt — Was hilft es,
”daß mir dieſer Tag in der ſchoͤnſten Feyer
”entflohen iſt, wenn meine erſte Brautnacht
”langweilig und ungefeyert davon zieht? Die
”laͤchelnde Morgenroͤthe wird mich ſpottend
”an die neue Bekanntſchaft einer Freud’ er-
”innern, die wider mein Verſchulden mir fremd
”geblieben iſt, und Wilhelmine wird mir mit
”ernſthaftem Laͤcheln in das Geſicht ſehn,
”wenn ſie die gluͤckwuͤnſchenden Bauern, Frau
”Magiſterinn, gruͤßen. Dieſe Nacht, o Sohn
”der Venus, nur dieſe einzige Nacht, beherr-
”ſcheſt du noch mit dem Hymen in gemein-
”ſchaftlicher Ehre — So laß mir doch nicht
”durch das wilde Getoͤſe der geputzten Hoͤflin-
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[Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/92>, abgerufen am 08.07.2024.
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