Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

Liebesgott, mit sammt seinem Gerüste,
fiel -- zwischen der Schnürbrust -- un-
aufhaltsam hinunter, daß die Schöne schrie,
und der ernsthafte Hofmarschall wirklich zu
lachen anfieng. So fällt ein prahlender
Zahnarzt unter die morschen Trümmer sei-
nes Theaters, indem er mit stampfender Be-
redtsamkeit dem Pöbel winkt, sein Rattenpul-
ver zu kaufen. Sein erbärmlich Geschrey
und das laute Lachen des Volks betäuben den
Jahrmarkt, wenn ihn nun aus dem theuren
Schutte sein buntschäckichter Diener hervor-
zieht.

Mit einer bedeutenden Röthe rauschte
bald die schöne Verlobte in die Versamm-
lung der übrigen Zofen des Hofs, die
schon ihre glühenden Wangen beneiden,
aber Wilhelmine vollendet ihrer aller Ver-
zweiflung, als sie ihnen den papierenen
Triumph zeigt, den sie itzt vom Hofmar-
schall erhalten. Aeußerlich klagen sie zwar

ihre

Liebesgott, mit ſammt ſeinem Geruͤſte,
fiel — zwiſchen der Schnuͤrbruſt — un-
aufhaltſam hinunter, daß die Schoͤne ſchrie,
und der ernſthafte Hofmarſchall wirklich zu
lachen anfieng. So faͤllt ein prahlender
Zahnarzt unter die morſchen Truͤmmer ſei-
nes Theaters, indem er mit ſtampfender Be-
redtſamkeit dem Poͤbel winkt, ſein Rattenpul-
ver zu kaufen. Sein erbaͤrmlich Geſchrey
und das laute Lachen des Volks betaͤuben den
Jahrmarkt, wenn ihn nun aus dem theuren
Schutte ſein buntſchaͤckichter Diener hervor-
zieht.

Mit einer bedeutenden Roͤthe rauſchte
bald die ſchoͤne Verlobte in die Verſamm-
lung der uͤbrigen Zofen des Hofs, die
ſchon ihre gluͤhenden Wangen beneiden,
aber Wilhelmine vollendet ihrer aller Ver-
zweiflung, als ſie ihnen den papierenen
Triumph zeigt, den ſie itzt vom Hofmar-
ſchall erhalten. Aeußerlich klagen ſie zwar

ihre
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0051" n="47"/>
Liebesgott, mit &#x017F;ammt &#x017F;einem Geru&#x0364;&#x017F;te,<lb/>
fiel &#x2014; zwi&#x017F;chen der Schnu&#x0364;rbru&#x017F;t &#x2014; un-<lb/>
aufhalt&#x017F;am hinunter, daß die Scho&#x0364;ne &#x017F;chrie,<lb/>
und der ern&#x017F;thafte Hofmar&#x017F;chall wirklich zu<lb/>
lachen anfieng. So fa&#x0364;llt ein prahlender<lb/>
Zahnarzt unter die mor&#x017F;chen Tru&#x0364;mmer &#x017F;ei-<lb/>
nes Theaters, indem er mit &#x017F;tampfender Be-<lb/>
redt&#x017F;amkeit dem Po&#x0364;bel winkt, &#x017F;ein Rattenpul-<lb/>
ver zu kaufen. Sein erba&#x0364;rmlich Ge&#x017F;chrey<lb/>
und das laute Lachen des Volks beta&#x0364;uben den<lb/>
Jahrmarkt, wenn ihn nun aus dem theuren<lb/>
Schutte &#x017F;ein bunt&#x017F;cha&#x0364;ckichter Diener hervor-<lb/>
zieht.</p><lb/>
        <p>Mit einer bedeutenden Ro&#x0364;the rau&#x017F;chte<lb/>
bald die &#x017F;cho&#x0364;ne Verlobte in die Ver&#x017F;amm-<lb/>
lung der u&#x0364;brigen Zofen des Hofs, die<lb/>
&#x017F;chon ihre glu&#x0364;henden Wangen beneiden,<lb/>
aber Wilhelmine vollendet ihrer aller Ver-<lb/>
zweiflung, als &#x017F;ie ihnen den papierenen<lb/>
Triumph zeigt, den &#x017F;ie itzt vom Hofmar-<lb/>
&#x017F;chall erhalten. Aeußerlich klagen &#x017F;ie zwar<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ihre</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0051] Liebesgott, mit ſammt ſeinem Geruͤſte, fiel — zwiſchen der Schnuͤrbruſt — un- aufhaltſam hinunter, daß die Schoͤne ſchrie, und der ernſthafte Hofmarſchall wirklich zu lachen anfieng. So faͤllt ein prahlender Zahnarzt unter die morſchen Truͤmmer ſei- nes Theaters, indem er mit ſtampfender Be- redtſamkeit dem Poͤbel winkt, ſein Rattenpul- ver zu kaufen. Sein erbaͤrmlich Geſchrey und das laute Lachen des Volks betaͤuben den Jahrmarkt, wenn ihn nun aus dem theuren Schutte ſein buntſchaͤckichter Diener hervor- zieht. Mit einer bedeutenden Roͤthe rauſchte bald die ſchoͤne Verlobte in die Verſamm- lung der uͤbrigen Zofen des Hofs, die ſchon ihre gluͤhenden Wangen beneiden, aber Wilhelmine vollendet ihrer aller Ver- zweiflung, als ſie ihnen den papierenen Triumph zeigt, den ſie itzt vom Hofmar- ſchall erhalten. Aeußerlich klagen ſie zwar ihre

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/51
Zitationshilfe: [Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/51>, abgerufen am 23.11.2024.