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[Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764.

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wußte noch nicht über süße Gedanken der Lie-
be zu erröthen, ihr Herz klopfte in immer ru-
higen Pulsen, wenn sie einsam das verdeckte
Veilchen aus dem hohen Rietgrase hervor-
pflückte, ein wahres Bildniß Jhres eignen
jungfräulichen Schicksals, oder wenn Sie an
dem Ufer des klaren Bachs sitzend die bunte
Forelle mit geschwinden Augen verfolgte,
und indeß den schönen Gegenstand der Na-
tur, Jhr wiederscheinendes Gesicht, aus der
Acht ließ. Jhr freundlichen Nymphen, die
ihr so oft das mächtige Vergnügen eures ei-
genen Anschauens genossen habt! bedauert
diese Unglückliche -- aber noch eifriger wer-
det ihr Sie bedauren, ihr männlichen Ken-
ner der Schönheit! denn niemand -- ich
wiederhol es mit Jammer, niemand als ein
frommer schüchterner Mann, der Magister,
hatte bis itzt den feinen Verstand gehabt, Jh-
re Reize zu bemerken, und nur von ihm ward
Sie heimlich geliebet. Mit welchem zittern-

den
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wußte noch nicht uͤber ſuͤße Gedanken der Lie-
be zu erroͤthen, ihr Herz klopfte in immer ru-
higen Pulſen, wenn ſie einſam das verdeckte
Veilchen aus dem hohen Rietgraſe hervor-
pfluͤckte, ein wahres Bildniß Jhres eignen
jungfraͤulichen Schickſals, oder wenn Sie an
dem Ufer des klaren Bachs ſitzend die bunte
Forelle mit geſchwinden Augen verfolgte,
und indeß den ſchoͤnen Gegenſtand der Na-
tur, Jhr wiederſcheinendes Geſicht, aus der
Acht ließ. Jhr freundlichen Nymphen, die
ihr ſo oft das maͤchtige Vergnuͤgen eures ei-
genen Anſchauens genoſſen habt! bedauert
dieſe Ungluͤckliche — aber noch eifriger wer-
det ihr Sie bedauren, ihr maͤnnlichen Ken-
ner der Schoͤnheit! denn niemand — ich
wiederhol es mit Jammer, niemand als ein
frommer ſchuͤchterner Mann, der Magiſter,
hatte bis itzt den feinen Verſtand gehabt, Jh-
re Reize zu bemerken, und nur von ihm ward
Sie heimlich geliebet. Mit welchem zittern-

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A 4
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[7/0011] wußte noch nicht uͤber ſuͤße Gedanken der Lie- be zu erroͤthen, ihr Herz klopfte in immer ru- higen Pulſen, wenn ſie einſam das verdeckte Veilchen aus dem hohen Rietgraſe hervor- pfluͤckte, ein wahres Bildniß Jhres eignen jungfraͤulichen Schickſals, oder wenn Sie an dem Ufer des klaren Bachs ſitzend die bunte Forelle mit geſchwinden Augen verfolgte, und indeß den ſchoͤnen Gegenſtand der Na- tur, Jhr wiederſcheinendes Geſicht, aus der Acht ließ. Jhr freundlichen Nymphen, die ihr ſo oft das maͤchtige Vergnuͤgen eures ei- genen Anſchauens genoſſen habt! bedauert dieſe Ungluͤckliche — aber noch eifriger wer- det ihr Sie bedauren, ihr maͤnnlichen Ken- ner der Schoͤnheit! denn niemand — ich wiederhol es mit Jammer, niemand als ein frommer ſchuͤchterner Mann, der Magiſter, hatte bis itzt den feinen Verſtand gehabt, Jh- re Reize zu bemerken, und nur von ihm ward Sie heimlich geliebet. Mit welchem zittern- den A 4

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Zitationshilfe: [Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/11>, abgerufen am 23.11.2024.