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[Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764.

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jeder Jahrszeit zufrieden. Ein exemplarischer
Pfarrer und ein friedfertiger Schulze waren
ihre einzigen Beherrscher; denn der Junker
des Dorfs verbrauste seine Renten in dem
comischen Frankreich; hätt' ihm das holde
Gesicht der Tochter seines Verwalters nur
ein einziges mal geglänzt, er würde gewiß
nicht mit seiner Unterthanen Tribut eine ab-
gedankte Opernprinzeßinn ernähren; ach! er
hätte gewis zu seiner Landsmännin Ehre, als
ein edles Gespann, ihren Siegeswagen ge-
zogen!

Aber niemand bewunderte noch Wilhel-
minen. Schon der sechzehnte Frühling hatte
ihre Wangen mit einer höhern Röthe be-
mahlt, ihre Augen funkelnder gemacht und
ihr Haar schwärzer gefärbt. Jhr Halstuch
erhob und senkte sich schon, und keiner --
Jsts möglich? keiner von den hartherzigen
Bauern gab Achtung darauf. Sie selbst

wußte

jeder Jahrszeit zufrieden. Ein exemplariſcher
Pfarrer und ein friedfertiger Schulze waren
ihre einzigen Beherrſcher; denn der Junker
des Dorfs verbrauſte ſeine Renten in dem
comiſchen Frankreich; haͤtt’ ihm das holde
Geſicht der Tochter ſeines Verwalters nur
ein einziges mal geglaͤnzt, er wuͤrde gewiß
nicht mit ſeiner Unterthanen Tribut eine ab-
gedankte Opernprinzeßinn ernaͤhren; ach! er
haͤtte gewis zu ſeiner Landsmaͤnnin Ehre, als
ein edles Geſpann, ihren Siegeswagen ge-
zogen!

Aber niemand bewunderte noch Wilhel-
minen. Schon der ſechzehnte Fruͤhling hatte
ihre Wangen mit einer hoͤhern Roͤthe be-
mahlt, ihre Augen funkelnder gemacht und
ihr Haar ſchwaͤrzer gefaͤrbt. Jhr Halstuch
erhob und ſenkte ſich ſchon, und keiner —
Jſts moͤglich? keiner von den hartherzigen
Bauern gab Achtung darauf. Sie ſelbſt

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[6/0010] jeder Jahrszeit zufrieden. Ein exemplariſcher Pfarrer und ein friedfertiger Schulze waren ihre einzigen Beherrſcher; denn der Junker des Dorfs verbrauſte ſeine Renten in dem comiſchen Frankreich; haͤtt’ ihm das holde Geſicht der Tochter ſeines Verwalters nur ein einziges mal geglaͤnzt, er wuͤrde gewiß nicht mit ſeiner Unterthanen Tribut eine ab- gedankte Opernprinzeßinn ernaͤhren; ach! er haͤtte gewis zu ſeiner Landsmaͤnnin Ehre, als ein edles Geſpann, ihren Siegeswagen ge- zogen! Aber niemand bewunderte noch Wilhel- minen. Schon der ſechzehnte Fruͤhling hatte ihre Wangen mit einer hoͤhern Roͤthe be- mahlt, ihre Augen funkelnder gemacht und ihr Haar ſchwaͤrzer gefaͤrbt. Jhr Halstuch erhob und ſenkte ſich ſchon, und keiner — Jſts moͤglich? keiner von den hartherzigen Bauern gab Achtung darauf. Sie ſelbſt wußte

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Zitationshilfe: [Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/10>, abgerufen am 23.11.2024.