Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.lischen Religion ein Abfall von dem Christenthum oder eine Verleugnung Christi geschehe. Denn ob er wohl schreibet, daß der Articul von der RechtfertigungUnd insonderheit in der Lehre von der Rechtfertigung. in der Papistischen Religion sehr gekräncket werde, so wissen wir doch, daß unser Seits ihnen hierinn viel imputiret werde, welches sie aber nicht gestehen wollen. Das meiste, welches man den Römischen Schuld giebt, als wenn sie darinn den Articul von der Rechtfertigung kräncken, kommt auf diese drey Punckten an: 1) als wenn die Rechtfertigung nicht in einer gläubigen Ergreiffung Christi und seines theuresten Verdienstes, sondern in einer Eingiessung gratiae habitualis bestünde. 2) Daß demnach die gute Wercke bey der Rechtfertigung mit in Consideration gezogen würden. 3.) Daß auch durch Päbstliche Indulgentien Vergebung der Sünden erlanget werden könne. Denn was wegen der Gewißheit der Vergebung der Sünden und Rechtfertigung über die wahrhafftig Bußfertige bißhero disputiret worden, ist so beschaffen, daß, wo man nur einer des andern Erklärung hören will, man wohl darinnen ruhig seyn kan. Nun aber gestehen ja verschiedene Catholische, wie auch unser Gerhardus in seiner confessione catholica angeführet, daß was das 1) betrifft, den Gläubigen Christi Gerechtigkeit und Gehorsam zugerechnet werde, und also die wesentliche Art der Rechtfertigung nicht bestehe in einer infusione gratiae justificantis, und wie wir zu reden pflegen, sanctificantis, sondern allein in der Gerechtigkeit Christi, welche denen Bußfertigen zugerechnet wird, und um deswillen die Sünden vergeben werden. Wie denn auch Dionysius Werlensis in Via pacis p. 374. §. 15. deswegen sich dieser Worte vernehmen lässet: Es betriegen sich die Protestanten, wenn sie den Catholischen beymessen, als wenn sie dafür hielten, daß um einer inwohnenden Gerechtigkeit, Reue und Liebe, und nicht um Christi willen wir gerecht würden, und Vergebung der Sünden erhielten Massen ja Cardinalis Hosius Concilii Tridentini Praeses folgendes Bekänntnüß thut: Dieses ist allein Christo zuzuschreiben, Christus ist allein, welcher die Sünde tilget, der allein eine Genugthuung für unsre Sünde ist. Und die Walenburgici schreiben, daß keiner unter den Catholischen sey, welcher eine andere verdienstliche Ursache der Sünden Vergebung erkenne, als nur allein Christum. Wenn aber das Concilium Tridentinum Sess. V I. Can. 9. leugnet, daß der Ungerechte allein durch den Glauben gerecht werde, so geschiehet nur solches in dem Verstande, unter welchen gemey- lischen Religion ein Abfall von dem Christenthum oder eine Verleugnung Christi geschehe. Denn ob er wohl schreibet, daß der Articul von der RechtfertigungUnd insonderheit in der Lehre von der Rechtfertigung. in der Papistischen Religion sehr gekräncket werde, so wissen wir doch, daß unser Seits ihnen hierinn viel imputiret werde, welches sie aber nicht gestehen wollen. Das meiste, welches man den Römischen Schuld giebt, als wenn sie darinn den Articul von der Rechtfertigung kräncken, kommt auf diese drey Punckten an: 1) als wenn die Rechtfertigung nicht in einer gläubigen Ergreiffung Christi und seines theuresten Verdienstes, sondern in einer Eingiessung gratiae habitualis bestünde. 2) Daß demnach die gute Wercke bey der Rechtfertigung mit in Consideration gezogen würden. 3.) Daß auch durch Päbstliche Indulgentien Vergebung der Sünden erlanget werden könne. Denn was wegen der Gewißheit der Vergebung der Sünden und Rechtfertigung über die wahrhafftig Bußfertige bißhero disputiret worden, ist so beschaffen, daß, wo man nur einer des andern Erklärung hören will, man wohl darinnen ruhig seyn kan. Nun aber gestehen ja verschiedene Catholische, wie auch unser Gerhardus in seiner confessione catholica angeführet, daß was das 1) betrifft, den Gläubigen Christi Gerechtigkeit und Gehorsam zugerechnet werde, und also die wesentliche Art der Rechtfertigung nicht bestehe in einer infusione gratiae justificantis, und wie wir zu reden pflegen, sanctificantis, sondern allein in der Gerechtigkeit Christi, welche denen Bußfertigen zugerechnet wird, und um deswillen die Sünden vergeben werden. Wie denn auch Dionysius Werlensis in Via pacis p. 374. §. 15. deswegen sich dieser Worte vernehmen lässet: Es betriegen sich die Protestanten, wenn sie den Catholischen beymessen, als wenn sie dafür hielten, daß um einer inwohnenden Gerechtigkeit, Reue und Liebe, und nicht um Christi willen wir gerecht würden, und Vergebung der Sünden erhielten Massen ja Cardinalis Hosius Concilii Tridentini Praeses folgendes Bekänntnüß thut: Dieses ist allein Christo zuzuschreiben, Christus ist allein, welcher die Sünde tilget, der allein eine Genugthuung für unsre Sünde ist. Und die Walenburgici schreiben, daß keiner unter den Catholischen sey, welcher eine andere verdienstliche Ursache der Sünden Vergebung erkenne, als nur allein Christum. Wenn aber das Concilium Tridentinum Sess. V I. Can. 9. leugnet, daß der Ungerechte allein durch den Glauben gerecht werde, so geschiehet nur solches in dem Verstande, unter welchen gemey- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0097" n="89"/> lischen Religion ein Abfall von dem Christenthum oder eine Verleugnung Christi geschehe.</p> <p>Denn ob er wohl schreibet, daß der Articul von der Rechtfertigung<note place="right">Und insonderheit in der Lehre von der Rechtfertigung.</note> in der Papistischen Religion sehr gekräncket werde, so wissen wir doch, daß unser Seits ihnen hierinn viel imputiret werde, welches sie aber nicht gestehen wollen. Das meiste, welches man den Römischen Schuld giebt, als wenn sie darinn den Articul von der Rechtfertigung kräncken, kommt auf diese drey Punckten an: 1) als wenn die Rechtfertigung nicht in einer gläubigen Ergreiffung Christi und seines theuresten Verdienstes, sondern in einer Eingiessung gratiae habitualis bestünde. 2) Daß demnach die gute Wercke bey der Rechtfertigung mit in Consideration gezogen würden. 3.) Daß auch durch Päbstliche Indulgentien Vergebung der Sünden erlanget werden könne. Denn was wegen der Gewißheit der Vergebung der Sünden und Rechtfertigung über die wahrhafftig Bußfertige bißhero disputiret worden, ist so beschaffen, daß, wo man nur einer des andern Erklärung hören will, man wohl darinnen ruhig seyn kan. Nun aber gestehen ja verschiedene Catholische, wie auch unser Gerhardus in seiner confessione catholica angeführet, daß was das 1) betrifft, den Gläubigen Christi Gerechtigkeit und Gehorsam zugerechnet werde, und also die wesentliche Art der Rechtfertigung nicht bestehe in einer infusione gratiae justificantis, und wie wir zu reden pflegen, sanctificantis, sondern allein in der Gerechtigkeit Christi, welche denen Bußfertigen zugerechnet wird, und um deswillen die Sünden vergeben werden. Wie denn auch Dionysius Werlensis in Via pacis p. 374. §. 15. deswegen sich dieser Worte vernehmen lässet: Es betriegen sich die Protestanten, wenn sie den Catholischen beymessen, als wenn sie dafür hielten, daß um einer inwohnenden Gerechtigkeit, Reue und Liebe, und nicht um Christi willen wir gerecht würden, und Vergebung der Sünden erhielten Massen ja Cardinalis Hosius Concilii Tridentini Praeses folgendes Bekänntnüß thut: Dieses ist allein Christo zuzuschreiben, Christus ist allein, welcher die Sünde tilget, der allein eine Genugthuung für unsre Sünde ist. Und die Walenburgici schreiben, daß keiner unter den Catholischen sey, welcher eine andere verdienstliche Ursache der Sünden Vergebung erkenne, als nur allein Christum. Wenn aber das Concilium Tridentinum Sess. V I. Can. 9. leugnet, daß der Ungerechte allein durch den Glauben gerecht werde, so geschiehet nur solches in dem Verstande, unter welchen gemey- </p> </div> </body> </text> </TEI> [89/0097]
lischen Religion ein Abfall von dem Christenthum oder eine Verleugnung Christi geschehe.
Denn ob er wohl schreibet, daß der Articul von der Rechtfertigung in der Papistischen Religion sehr gekräncket werde, so wissen wir doch, daß unser Seits ihnen hierinn viel imputiret werde, welches sie aber nicht gestehen wollen. Das meiste, welches man den Römischen Schuld giebt, als wenn sie darinn den Articul von der Rechtfertigung kräncken, kommt auf diese drey Punckten an: 1) als wenn die Rechtfertigung nicht in einer gläubigen Ergreiffung Christi und seines theuresten Verdienstes, sondern in einer Eingiessung gratiae habitualis bestünde. 2) Daß demnach die gute Wercke bey der Rechtfertigung mit in Consideration gezogen würden. 3.) Daß auch durch Päbstliche Indulgentien Vergebung der Sünden erlanget werden könne. Denn was wegen der Gewißheit der Vergebung der Sünden und Rechtfertigung über die wahrhafftig Bußfertige bißhero disputiret worden, ist so beschaffen, daß, wo man nur einer des andern Erklärung hören will, man wohl darinnen ruhig seyn kan. Nun aber gestehen ja verschiedene Catholische, wie auch unser Gerhardus in seiner confessione catholica angeführet, daß was das 1) betrifft, den Gläubigen Christi Gerechtigkeit und Gehorsam zugerechnet werde, und also die wesentliche Art der Rechtfertigung nicht bestehe in einer infusione gratiae justificantis, und wie wir zu reden pflegen, sanctificantis, sondern allein in der Gerechtigkeit Christi, welche denen Bußfertigen zugerechnet wird, und um deswillen die Sünden vergeben werden. Wie denn auch Dionysius Werlensis in Via pacis p. 374. §. 15. deswegen sich dieser Worte vernehmen lässet: Es betriegen sich die Protestanten, wenn sie den Catholischen beymessen, als wenn sie dafür hielten, daß um einer inwohnenden Gerechtigkeit, Reue und Liebe, und nicht um Christi willen wir gerecht würden, und Vergebung der Sünden erhielten Massen ja Cardinalis Hosius Concilii Tridentini Praeses folgendes Bekänntnüß thut: Dieses ist allein Christo zuzuschreiben, Christus ist allein, welcher die Sünde tilget, der allein eine Genugthuung für unsre Sünde ist. Und die Walenburgici schreiben, daß keiner unter den Catholischen sey, welcher eine andere verdienstliche Ursache der Sünden Vergebung erkenne, als nur allein Christum. Wenn aber das Concilium Tridentinum Sess. V I. Can. 9. leugnet, daß der Ungerechte allein durch den Glauben gerecht werde, so geschiehet nur solches in dem Verstande, unter welchen gemey-
Und insonderheit in der Lehre von der Rechtfertigung.
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