Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.gestehen, daß die Lehre von den Consiliis evangelicis nicht unrecht seye. Vid. Dr. Fabricii Consid. Var. Controvers. pag. 445. 5.) Das Licht des Evangelii oder des Glaubens ist nicht grösser bey uns, als bey den Catholischen, dieweil wir mit ihnen ein Glaubens-Bekäntnüß haben, nehmlich das Apostolische; aber ein grösser Licht haben wir durch GOttes Gnade in Unterscheidung der Neben-Sachen, welche die Römische Kirche nach und nach beygefüget hat. 6.) Was man das Geheimnüs der Päbstlichen Boßheit nennen mag, das ist vielmehr in curia Romana als Ecclesia Romana zu finden, und bestehet in Vergrösserung der Päbstlichen Autorität und Gewalt. Aber damit haben die Kinder der Römischen Kirchen nichts zu thun, sondern sie halten sich an ihren Catechismum, und lernen daraus, wie sie glauben, leben, beten, hoffen und GOttes Wohlthaten, durch Christum erzeuget, sich zueignen und geniessen sollen: gleichwie es die Unterthanen nicht angehet, und sie an ihren Christenthum nicht gehindert werden, wenn an einem oder andern Hofe unverantwortliche Staats-Streiche, die Macht und Gewalt des Monarchen oder Regenten zu vergrössern, geführet werden. 7. 8.) Wer zu einer in der Substanz verderbten und der heilsamen Lehre beraubten Kirche, als wie die Heydnische und Jüdische ist, übergehet, geräth freylich in Seelen Gefahr; item derjenige, der wider sein Gewissen zur Päbstlichen übergehet, das ist, der dafür hält, es sey nicht recht, und doch dawider thut: aber dis stehet noch zu beweisen, ob auch von demjenigen dergleichen zu halten, der von streitigen Lehr-Puncten besser informiret ist, und erkennet, daß dieselbe den Grund des Glaubens nicht umstossen, auch sich versichert, daß er hierunter GOttes Finger spühre, und viel Gutes daselbst zu schaffen hoffet, und sich vornimmt. 9.) Wenn dieses Gleichnüß von einen mit der Pest angesteckten Hause solte angehen, so müste der Catholischen Lehre an und für sich selbst verdammlich seyn. Ist sie aber also beschaffen, wie kommts, daß gleichwohl viele unter ihnen, wie der Autor oben bekennet, seelig werden. 10.) Man muß nicht praesupponiren, sondern probiren, und fein kräfftig und unwidersprechlich probiren, daß die Römische Kirche seye das Geistliche Babel. Apoc. 13, 18. Es ist wohl darinnen ein geistlich Babel in Ansehung derjenigen, die ärgerlich und unchristlich leben, aber dergleichen finden sich auch in andern Christlichen Kirchen, auch in der Unsrigen; es sind auch Unordnungen und Mißbräuche darinnen; aber es wird über dergleichen Dinge auch in andern Kirchen geprediget, geschrieben und geklaget. Die Kirchen-Väter wenn sie auf die Erklärung besagten Spruchs kommen, gestehen, daß die Lehre von den Consiliis evangelicis nicht unrecht seye. Vid. Dr. Fabricii Consid. Var. Controvers. pag. 445. 5.) Das Licht des Evangelii oder des Glaubens ist nicht grösser bey uns, als bey den Catholischen, dieweil wir mit ihnen ein Glaubens-Bekäntnüß haben, nehmlich das Apostolische; aber ein grösser Licht haben wir durch GOttes Gnade in Unterscheidung der Neben-Sachen, welche die Römische Kirche nach und nach beygefüget hat. 6.) Was man das Geheimnüs der Päbstlichen Boßheit nennen mag, das ist vielmehr in curia Romana als Ecclesia Romana zu finden, und bestehet in Vergrösserung der Päbstlichen Autorität und Gewalt. Aber damit haben die Kinder der Römischen Kirchen nichts zu thun, sondern sie halten sich an ihren Catechismum, und lernen daraus, wie sie glauben, leben, beten, hoffen und GOttes Wohlthaten, durch Christum erzeuget, sich zueignen und geniessen sollen: gleichwie es die Unterthanen nicht angehet, und sie an ihren Christenthum nicht gehindert werden, wenn an einem oder andern Hofe unverantwortliche Staats-Streiche, die Macht und Gewalt des Monarchen oder Regenten zu vergrössern, geführet werden. 7. 8.) Wer zu einer in der Substanz verderbten und der heilsamen Lehre beraubten Kirche, als wie die Heydnische und Jüdische ist, übergehet, geräth freylich in Seelen Gefahr; item derjenige, der wider sein Gewissen zur Päbstlichen übergehet, das ist, der dafür hält, es sey nicht recht, und doch dawider thut: aber dis stehet noch zu beweisen, ob auch von demjenigen dergleichen zu halten, der von streitigen Lehr-Puncten besser informiret ist, und erkennet, daß dieselbe den Grund des Glaubens nicht umstossen, auch sich versichert, daß er hierunter GOttes Finger spühre, und viel Gutes daselbst zu schaffen hoffet, und sich vornimmt. 9.) Wenn dieses Gleichnüß von einen mit der Pest angesteckten Hause solte angehen, so müste der Catholischen Lehre an und für sich selbst verdammlich seyn. Ist sie aber also beschaffen, wie kommts, daß gleichwohl viele unter ihnen, wie der Autor oben bekennet, seelig werden. 10.) Man muß nicht praesupponiren, sondern probiren, und fein kräfftig und unwidersprechlich probiren, daß die Römische Kirche seye das Geistliche Babel. Apoc. 13, 18. Es ist wohl darinnen ein geistlich Babel in Ansehung derjenigen, die ärgerlich und unchristlich leben, aber dergleichen finden sich auch in andern Christlichen Kirchen, auch in der Unsrigen; es sind auch Unordnungen und Mißbräuche darinnen; aber es wird über dergleichen Dinge auch in andern Kirchen geprediget, geschrieben und geklaget. Die Kirchen-Väter wenn sie auf die Erklärung besagten Spruchs kommen, <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0091" n="83"/> gestehen, daß die Lehre von den Consiliis evangelicis nicht unrecht seye. Vid. Dr. Fabricii Consid. Var. Controvers. pag. 445. 5.) Das Licht des Evangelii oder des Glaubens ist nicht grösser bey uns, als bey den Catholischen, dieweil wir mit ihnen ein Glaubens-Bekäntnüß haben, nehmlich das Apostolische; aber ein grösser Licht haben wir durch GOttes Gnade in Unterscheidung der Neben-Sachen, welche die Römische Kirche nach und nach beygefüget hat. 6.) Was man das Geheimnüs der Päbstlichen Boßheit nennen mag, das ist vielmehr in curia Romana als Ecclesia Romana zu finden, und bestehet in Vergrösserung der Päbstlichen Autorität und Gewalt. Aber damit haben die Kinder der Römischen Kirchen nichts zu thun, sondern sie halten sich an ihren Catechismum, und lernen daraus, wie sie glauben, leben, beten, hoffen und GOttes Wohlthaten, durch Christum erzeuget, sich zueignen und geniessen sollen: gleichwie es die Unterthanen nicht angehet, und sie an ihren Christenthum nicht gehindert werden, wenn an einem oder andern Hofe unverantwortliche Staats-Streiche, die Macht und Gewalt des Monarchen oder Regenten zu vergrössern, geführet werden. 7. 8.) Wer zu einer in der Substanz verderbten und der heilsamen Lehre beraubten Kirche, als wie die Heydnische und Jüdische ist, übergehet, geräth freylich in Seelen Gefahr; item derjenige, der wider sein Gewissen zur Päbstlichen übergehet, das ist, der dafür hält, es sey nicht recht, und doch dawider thut: aber dis stehet noch zu beweisen, ob auch von demjenigen dergleichen zu halten, der von streitigen Lehr-Puncten besser informiret ist, und erkennet, daß dieselbe den Grund des Glaubens nicht umstossen, auch sich versichert, daß er hierunter GOttes Finger spühre, und viel Gutes daselbst zu schaffen hoffet, und sich vornimmt. 9.) Wenn dieses Gleichnüß von einen mit der Pest angesteckten Hause solte angehen, so müste der Catholischen Lehre an und für sich selbst verdammlich seyn. Ist sie aber also beschaffen, wie kommts, daß gleichwohl viele unter ihnen, wie der Autor oben bekennet, seelig werden. 10.) Man muß nicht praesupponiren, sondern probiren, und fein kräfftig und unwidersprechlich probiren, daß die Römische Kirche seye das Geistliche Babel. Apoc. 13, 18. Es ist wohl darinnen ein geistlich Babel in Ansehung derjenigen, die ärgerlich und unchristlich leben, aber dergleichen finden sich auch in andern Christlichen Kirchen, auch in der Unsrigen; es sind auch Unordnungen und Mißbräuche darinnen; aber es wird über dergleichen Dinge auch in andern Kirchen geprediget, geschrieben und geklaget. Die Kirchen-Väter wenn sie auf die Erklärung besagten Spruchs kommen, </p> </div> </body> </text> </TEI> [83/0091]
gestehen, daß die Lehre von den Consiliis evangelicis nicht unrecht seye. Vid. Dr. Fabricii Consid. Var. Controvers. pag. 445. 5.) Das Licht des Evangelii oder des Glaubens ist nicht grösser bey uns, als bey den Catholischen, dieweil wir mit ihnen ein Glaubens-Bekäntnüß haben, nehmlich das Apostolische; aber ein grösser Licht haben wir durch GOttes Gnade in Unterscheidung der Neben-Sachen, welche die Römische Kirche nach und nach beygefüget hat. 6.) Was man das Geheimnüs der Päbstlichen Boßheit nennen mag, das ist vielmehr in curia Romana als Ecclesia Romana zu finden, und bestehet in Vergrösserung der Päbstlichen Autorität und Gewalt. Aber damit haben die Kinder der Römischen Kirchen nichts zu thun, sondern sie halten sich an ihren Catechismum, und lernen daraus, wie sie glauben, leben, beten, hoffen und GOttes Wohlthaten, durch Christum erzeuget, sich zueignen und geniessen sollen: gleichwie es die Unterthanen nicht angehet, und sie an ihren Christenthum nicht gehindert werden, wenn an einem oder andern Hofe unverantwortliche Staats-Streiche, die Macht und Gewalt des Monarchen oder Regenten zu vergrössern, geführet werden. 7. 8.) Wer zu einer in der Substanz verderbten und der heilsamen Lehre beraubten Kirche, als wie die Heydnische und Jüdische ist, übergehet, geräth freylich in Seelen Gefahr; item derjenige, der wider sein Gewissen zur Päbstlichen übergehet, das ist, der dafür hält, es sey nicht recht, und doch dawider thut: aber dis stehet noch zu beweisen, ob auch von demjenigen dergleichen zu halten, der von streitigen Lehr-Puncten besser informiret ist, und erkennet, daß dieselbe den Grund des Glaubens nicht umstossen, auch sich versichert, daß er hierunter GOttes Finger spühre, und viel Gutes daselbst zu schaffen hoffet, und sich vornimmt. 9.) Wenn dieses Gleichnüß von einen mit der Pest angesteckten Hause solte angehen, so müste der Catholischen Lehre an und für sich selbst verdammlich seyn. Ist sie aber also beschaffen, wie kommts, daß gleichwohl viele unter ihnen, wie der Autor oben bekennet, seelig werden. 10.) Man muß nicht praesupponiren, sondern probiren, und fein kräfftig und unwidersprechlich probiren, daß die Römische Kirche seye das Geistliche Babel. Apoc. 13, 18. Es ist wohl darinnen ein geistlich Babel in Ansehung derjenigen, die ärgerlich und unchristlich leben, aber dergleichen finden sich auch in andern Christlichen Kirchen, auch in der Unsrigen; es sind auch Unordnungen und Mißbräuche darinnen; aber es wird über dergleichen Dinge auch in andern Kirchen geprediget, geschrieben und geklaget. Die Kirchen-Väter wenn sie auf die Erklärung besagten Spruchs kommen,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI.
(2013-02-15T13:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss. Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-02-15T13:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |