Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.stione, und muß probiret werden, wird aber nicht probiret werden können. §. XVIII. Das achte Responsum war datirt H. d. 21. Septembr. 1705. in welchen der sonst berühmte und gelehrte Herr Autor ohne Einmischung einiger Scholastischen und Methaphysischen Terminorum seine Meynung über die vorgelegten zwey Fragen, auch ohne andern Aufhebens, kurtz und deutlich eröfnet, und die erste Frage ohne Bedingung bejahet, bey Bejahung der andern aber vier Bedingungen voraus gesetzt, und nachhero diese Bejahung durch fünf gleichfalls kurtze und deutliche Rationes decidendi oder Argumenta beweisen wollen; auch zu Ende noch einige kurtze Ampliationes hinzugesetzt. Bejahung der ersten Frage ohne Bedingung.Auf die beyden gnädigst vorgelegte Fragen sind meine unterthänigste Antworten ohne weitläufftiges pro und contra disputiren, wie folget: 1) Ob nicht ein jeder Mensch, es lebe derselbe in der Lutherischen oder Catholischen Religion, wenn er JEsum Christum für das Mittel der Seeligkeit hält, dessen Verdienst und Gerechtigkeit durch den rechten Glauben ergreiffet und ihme appliciret, die ewige Seeligkeit erlange: Diese Frage kan nicht anderst, als mit Ja beantwortet werden, weil GOtt seinen Sohn JEsum Christum als das eintzige Mittel denen Menschen zur Seeligkeit gegeben und gesetzet, auch auf Seiten der Menschen nichts anders verlanget, als den rechten Glauben, dessen Vollkommenheit darinnen bestehet, daß Christi Verdienst und Gerechtigkeit ergriffen, und den Menschen appliciret werde. Wer nun das von GOtt gesetzte Mittel in seinem Hertzen dafür hält, demselben nichts entgegen, oder an die Seite setzet, sondern dieses allein mit rechten Glauben ergreiffet und sich appliciret, auch biß an sein Ende auf solche Weise, nebenst einen Christlichen Wandel, behält, dem kan die ewige Seeligkeit nicht abgesprochen werden, er lebe gleich in der Lutherischen oder Catholischen Religion. Denn beyde Kirchen (ob sie gleich in schismate stehen,) sind Glieder der allgemeinen Kirche, ausser welcher kein Heyl noch Seeligkeit ordentlich zu gewarten, haben kein ander von GOtt gesetztes Mittel zur Seeligkeit, als Christum, und setzen auch ob Seiten der Menschen nichts anders, als die mit wahren Glauben geschehene Ergreiffung und Applicirung des Verdienstes und Gerechtigkeit JEsu Christi. Wo nun gleiche Mittel zur Seeligkeit, und gleiche Anwendung derselben, da ist auch gleiche Seeligkeit zu erlangen. stione, und muß probiret werden, wird aber nicht probiret werden können. §. XVIII. Das achte Responsum war datirt H. d. 21. Septembr. 1705. in welchen der sonst berühmte und gelehrte Herr Autor ohne Einmischung einiger Scholastischen und Methaphysischen Terminorum seine Meynung über die vorgelegten zwey Fragen, auch ohne andern Aufhebens, kurtz und deutlich eröfnet, und die erste Frage ohne Bedingung bejahet, bey Bejahung der andern aber vier Bedingungen voraus gesetzt, und nachhero diese Bejahung durch fünf gleichfalls kurtze und deutliche Rationes decidendi oder Argumenta beweisen wollen; auch zu Ende noch einige kurtze Ampliationes hinzugesetzt. Bejahung der ersten Frage ohne Bedingung.Auf die beyden gnädigst vorgelegte Fragen sind meine unterthänigste Antworten ohne weitläufftiges pro und contra disputiren, wie folget: 1) Ob nicht ein jeder Mensch, es lebe derselbe in der Lutherischen oder Catholischen Religion, wenn er JEsum Christum für das Mittel der Seeligkeit hält, dessen Verdienst und Gerechtigkeit durch den rechten Glauben ergreiffet und ihme appliciret, die ewige Seeligkeit erlange: Diese Frage kan nicht anderst, als mit Ja beantwortet werden, weil GOtt seinen Sohn JEsum Christum als das eintzige Mittel denen Menschen zur Seeligkeit gegeben und gesetzet, auch auf Seiten der Menschen nichts anders verlanget, als den rechten Glauben, dessen Vollkommenheit darinnen bestehet, daß Christi Verdienst und Gerechtigkeit ergriffen, und den Menschen appliciret werde. Wer nun das von GOtt gesetzte Mittel in seinem Hertzen dafür hält, demselben nichts entgegen, oder an die Seite setzet, sondern dieses allein mit rechten Glauben ergreiffet und sich appliciret, auch biß an sein Ende auf solche Weise, nebenst einen Christlichen Wandel, behält, dem kan die ewige Seeligkeit nicht abgesprochen werden, er lebe gleich in der Lutherischen oder Catholischen Religion. Denn beyde Kirchen (ob sie gleich in schismate stehen,) sind Glieder der allgemeinen Kirche, ausser welcher kein Heyl noch Seeligkeit ordentlich zu gewarten, haben kein ander von GOtt gesetztes Mittel zur Seeligkeit, als Christum, und setzen auch ob Seiten der Menschen nichts anders, als die mit wahren Glauben geschehene Ergreiffung und Applicirung des Verdienstes und Gerechtigkeit JEsu Christi. Wo nun gleiche Mittel zur Seeligkeit, und gleiche Anwendung derselben, da ist auch gleiche Seeligkeit zu erlangen. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0066" n="58"/> stione, und muß probiret werden, wird aber nicht probiret werden können.</p> <note place="left">Das achte <hi rendition="#i">Theologi</hi>sche <hi rendition="#i">Responsum</hi>.</note> <p>§. XVIII. Das achte Responsum war datirt H. d. 21. Septembr. 1705. in welchen der sonst berühmte und gelehrte Herr Autor ohne Einmischung einiger Scholastischen und Methaphysischen Terminorum seine Meynung über die vorgelegten zwey Fragen, auch ohne andern Aufhebens, kurtz und deutlich eröfnet, und die erste Frage ohne Bedingung bejahet, bey Bejahung der andern aber vier Bedingungen voraus gesetzt, und nachhero diese Bejahung durch fünf gleichfalls kurtze und deutliche Rationes decidendi oder Argumenta beweisen wollen; auch zu Ende noch einige kurtze Ampliationes hinzugesetzt.</p> <note place="left">Bejahung der ersten Frage ohne Bedingung.</note> <p>Auf die beyden gnädigst vorgelegte Fragen sind meine unterthänigste Antworten ohne weitläufftiges pro und contra disputiren, wie folget: 1) Ob nicht ein jeder Mensch, es lebe derselbe in der Lutherischen oder Catholischen Religion, wenn er JEsum Christum für das Mittel der Seeligkeit hält, dessen Verdienst und Gerechtigkeit durch den rechten Glauben ergreiffet und ihme <hi rendition="#i">applicir</hi>et, die ewige Seeligkeit erlange: Diese Frage kan nicht anderst, als mit Ja beantwortet werden, weil GOtt seinen Sohn JEsum Christum als das eintzige Mittel denen Menschen zur Seeligkeit gegeben und gesetzet, auch auf Seiten der Menschen nichts anders verlanget, als den rechten Glauben, dessen Vollkommenheit darinnen bestehet, daß Christi Verdienst und Gerechtigkeit ergriffen, und den Menschen appliciret werde. Wer nun das von GOtt gesetzte Mittel in seinem Hertzen dafür hält, demselben nichts entgegen, oder an die Seite setzet, sondern dieses allein mit rechten Glauben ergreiffet und sich appliciret, auch biß an sein Ende auf solche Weise, nebenst einen Christlichen Wandel, behält, dem kan die ewige Seeligkeit nicht abgesprochen werden, er lebe gleich in der Lutherischen oder Catholischen Religion. Denn beyde Kirchen (ob sie gleich in schismate stehen,) sind Glieder der allgemeinen Kirche, ausser welcher kein Heyl noch Seeligkeit ordentlich zu gewarten, haben kein ander von GOtt gesetztes Mittel zur Seeligkeit, als Christum, und setzen auch ob Seiten der Menschen nichts anders, als die mit wahren Glauben geschehene Ergreiffung und Applicirung des Verdienstes und Gerechtigkeit JEsu Christi. Wo nun gleiche Mittel zur Seeligkeit, und gleiche Anwendung derselben, da ist auch gleiche Seeligkeit zu erlangen.</p> </div> </body> </text> </TEI> [58/0066]
stione, und muß probiret werden, wird aber nicht probiret werden können.
§. XVIII. Das achte Responsum war datirt H. d. 21. Septembr. 1705. in welchen der sonst berühmte und gelehrte Herr Autor ohne Einmischung einiger Scholastischen und Methaphysischen Terminorum seine Meynung über die vorgelegten zwey Fragen, auch ohne andern Aufhebens, kurtz und deutlich eröfnet, und die erste Frage ohne Bedingung bejahet, bey Bejahung der andern aber vier Bedingungen voraus gesetzt, und nachhero diese Bejahung durch fünf gleichfalls kurtze und deutliche Rationes decidendi oder Argumenta beweisen wollen; auch zu Ende noch einige kurtze Ampliationes hinzugesetzt.
Auf die beyden gnädigst vorgelegte Fragen sind meine unterthänigste Antworten ohne weitläufftiges pro und contra disputiren, wie folget: 1) Ob nicht ein jeder Mensch, es lebe derselbe in der Lutherischen oder Catholischen Religion, wenn er JEsum Christum für das Mittel der Seeligkeit hält, dessen Verdienst und Gerechtigkeit durch den rechten Glauben ergreiffet und ihme appliciret, die ewige Seeligkeit erlange: Diese Frage kan nicht anderst, als mit Ja beantwortet werden, weil GOtt seinen Sohn JEsum Christum als das eintzige Mittel denen Menschen zur Seeligkeit gegeben und gesetzet, auch auf Seiten der Menschen nichts anders verlanget, als den rechten Glauben, dessen Vollkommenheit darinnen bestehet, daß Christi Verdienst und Gerechtigkeit ergriffen, und den Menschen appliciret werde. Wer nun das von GOtt gesetzte Mittel in seinem Hertzen dafür hält, demselben nichts entgegen, oder an die Seite setzet, sondern dieses allein mit rechten Glauben ergreiffet und sich appliciret, auch biß an sein Ende auf solche Weise, nebenst einen Christlichen Wandel, behält, dem kan die ewige Seeligkeit nicht abgesprochen werden, er lebe gleich in der Lutherischen oder Catholischen Religion. Denn beyde Kirchen (ob sie gleich in schismate stehen,) sind Glieder der allgemeinen Kirche, ausser welcher kein Heyl noch Seeligkeit ordentlich zu gewarten, haben kein ander von GOtt gesetztes Mittel zur Seeligkeit, als Christum, und setzen auch ob Seiten der Menschen nichts anders, als die mit wahren Glauben geschehene Ergreiffung und Applicirung des Verdienstes und Gerechtigkeit JEsu Christi. Wo nun gleiche Mittel zur Seeligkeit, und gleiche Anwendung derselben, da ist auch gleiche Seeligkeit zu erlangen.
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/66>, abgerufen am 16.02.2025. |