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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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viel gegeben ist, bey dem wird man viel suchen, und wem viel befohlen ist, von dem wird man viel fodern, ibid. v. 48.

Und die andre Frage schlechterdings mit Nein beantwortet.

Bey der andern Frage: Ob denn nicht eine Lutherische Printzeßin, wenn derselben eine Heyrath mit einem Catholischen Printzen, unter der Condition, daß sie zu dessen Religion trete, angetragen würde, sich ohne Verlust ihrer Seeligkeit dazu resolviren könne, bevorab, wenn aus denen dabey sich ereignenden Umständen die Göttliche Providenz zu sehen? Ist wohl zu distinguiren, inter Ecclesiam essentialiter & accidentaliter veram & puram. Ecclesia vera ex verae Ecclesiae notis agnoscitur. Ecclesia pura est, quae nullum errorem, ne non fundamentalem quidem, fidei fundamento addit. Quae vero Ecclesia sive unum sive plures errores fidei fundamento superaddit, est impura. Et hujus impuritatis dantur gradus, pro multitudine eorum, quae fidei fundamento per modum stipularum 1. Corinth. III. 12. superadduntur. Atque sic Ecclesia impura nunc magis impura est, nunc minus. Wenn man nun die sogenannte Evangelische Kirche und deren Religion gegen die Römisch-Catholische Kirche und deren Religion hält, so findet sich, daß Religio Lutherana, si non per omnia pura, jedennoch multo purior sey, als die Römisch-Catholische, allermassen unter denen Christlichen Religionen keine mehr irriges dem fundamento fidei hinzusetzet, als eben diese. Wenn nun gefraget wird: 1) Ob eine Lutherische Printzeßin mit reinen und guten Gewissen zu der Römisch-Catholischen Religion treten könne? 2) Ob dieselbe sothane Printzeßin in Absicht einer mit einem Catholischen Printzen zu treffenden Heyrath solch Changement ihrer Religion mit reinem und gutem Gewissen unternehmen könne? So wird nothwendig dahin müssen geschlossen werden, daß man mit reinem und gutem Gewissen von der sogenannten Lutherischen oder Evangelischen Religion tanquam a puriori zu der Päbstischen Rel igion nicht treten könne, nicht als wenn in der Päbstischen Religion der Grund des Glaubens nicht mehr zu finden, und also gantz aufgehoben wäre, einfolglich in derselben kein Mensch seelig werde, sondern weil die Päbstische Religion dem Grunde des Glaubens viel Menschen-Satzungen und irrige Lehren beygefüget, als da ist e. g. invocatio sanctorum, welche sie zwar nur compellationem nennen, in ihren Büchern aber dergestalt beschreiben, daß sie einer GOTT allein zukommenden Anruffung nicht ungleich ist: adoratio hostiae consecratae tam in missa, quam extra eandem; meritum bonorum operum de condigno,

viel gegeben ist, bey dem wird man viel suchen, und wem viel befohlen ist, von dem wird man viel fodern, ibid. v. 48.

Und die andre Frage schlechterdings mit Nein beantwortet.

Bey der andern Frage: Ob denn nicht eine Lutherische Printzeßin, wenn derselben eine Heyrath mit einem Catholischen Printzen, unter der Condition, daß sie zu dessen Religion trete, angetragen würde, sich ohne Verlust ihrer Seeligkeit dazu resolviren könne, bevorab, wenn aus denen dabey sich ereignenden Umständen die Göttliche Providenz zu sehen? Ist wohl zu distinguiren, inter Ecclesiam essentialiter & accidentaliter veram & puram. Ecclesia vera ex verae Ecclesiae notis agnoscitur. Ecclesia pura est, quae nullum errorem, ne non fundamentalem quidem, fidei fundamento addit. Quae vero Ecclesia sive unum sive plures errores fidei fundamento superaddit, est impura. Et hujus impuritatis dantur gradus, pro multitudine eorum, quae fidei fundamento per modum stipularum 1. Corinth. III. 12. superadduntur. Atque sic Ecclesia impura nunc magis impura est, nunc minus. Wenn man nun die sogenannte Evangelische Kirche und deren Religion gegen die Römisch-Catholische Kirche und deren Religion hält, so findet sich, daß Religio Lutherana, si non per omnia pura, jedennoch multo purior sey, als die Römisch-Catholische, allermassen unter denen Christlichen Religionen keine mehr irriges dem fundamento fidei hinzusetzet, als eben diese. Wenn nun gefraget wird: 1) Ob eine Lutherische Printzeßin mit reinen und guten Gewissen zu der Römisch-Catholischen Religion treten könne? 2) Ob dieselbe sothane Printzeßin in Absicht einer mit einem Catholischen Printzen zu treffenden Heyrath solch Changement ihrer Religion mit reinem und gutem Gewissen unternehmen könne? So wird nothwendig dahin müssen geschlossen werden, daß man mit reinem und gutem Gewissen von der sogenannten Lutherischen oder Evangelischen Religion tanquam a puriori zu der Päbstischen Rel igion nicht treten könne, nicht als wenn in der Päbstischen Religion der Grund des Glaubens nicht mehr zu finden, und also gantz aufgehoben wäre, einfolglich in derselben kein Mensch seelig werde, sondern weil die Päbstische Religion dem Grunde des Glaubens viel Menschen-Satzungen und irrige Lehren beygefüget, als da ist e. g. invocatio sanctorum, welche sie zwar nur compellationem nennen, in ihren Büchern aber dergestalt beschreiben, daß sie einer GOTT allein zukommenden Anruffung nicht ungleich ist: adoratio hostiae consecratae tam in missa, quam extra eandem; meritum bonorum operum de condigno,

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[52/0060] viel gegeben ist, bey dem wird man viel suchen, und wem viel befohlen ist, von dem wird man viel fodern, ibid. v. 48. Bey der andern Frage: Ob denn nicht eine Lutherische Printzeßin, wenn derselben eine Heyrath mit einem Catholischen Printzen, unter der Condition, daß sie zu dessen Religion trete, angetragen würde, sich ohne Verlust ihrer Seeligkeit dazu resolviren könne, bevorab, wenn aus denen dabey sich ereignenden Umständen die Göttliche Providenz zu sehen? Ist wohl zu distinguiren, inter Ecclesiam essentialiter & accidentaliter veram & puram. Ecclesia vera ex verae Ecclesiae notis agnoscitur. Ecclesia pura est, quae nullum errorem, ne non fundamentalem quidem, fidei fundamento addit. Quae vero Ecclesia sive unum sive plures errores fidei fundamento superaddit, est impura. Et hujus impuritatis dantur gradus, pro multitudine eorum, quae fidei fundamento per modum stipularum 1. Corinth. III. 12. superadduntur. Atque sic Ecclesia impura nunc magis impura est, nunc minus. Wenn man nun die sogenannte Evangelische Kirche und deren Religion gegen die Römisch-Catholische Kirche und deren Religion hält, so findet sich, daß Religio Lutherana, si non per omnia pura, jedennoch multo purior sey, als die Römisch-Catholische, allermassen unter denen Christlichen Religionen keine mehr irriges dem fundamento fidei hinzusetzet, als eben diese. Wenn nun gefraget wird: 1) Ob eine Lutherische Printzeßin mit reinen und guten Gewissen zu der Römisch-Catholischen Religion treten könne? 2) Ob dieselbe sothane Printzeßin in Absicht einer mit einem Catholischen Printzen zu treffenden Heyrath solch Changement ihrer Religion mit reinem und gutem Gewissen unternehmen könne? So wird nothwendig dahin müssen geschlossen werden, daß man mit reinem und gutem Gewissen von der sogenannten Lutherischen oder Evangelischen Religion tanquam a puriori zu der Päbstischen Rel igion nicht treten könne, nicht als wenn in der Päbstischen Religion der Grund des Glaubens nicht mehr zu finden, und also gantz aufgehoben wäre, einfolglich in derselben kein Mensch seelig werde, sondern weil die Päbstische Religion dem Grunde des Glaubens viel Menschen-Satzungen und irrige Lehren beygefüget, als da ist e. g. invocatio sanctorum, welche sie zwar nur compellationem nennen, in ihren Büchern aber dergestalt beschreiben, daß sie einer GOTT allein zukommenden Anruffung nicht ungleich ist: adoratio hostiae consecratae tam in missa, quam extra eandem; meritum bonorum operum de condigno,

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Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

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Anmerkungen zur Transkription:

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/60>, abgerufen am 23.11.2024.