Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.Helffte wegen ihrer Billigkeit in praxi recipirt wäre. Und ich kan nicht leugnen, daß so lange ich in der Facultät bin, wohl kein Jahr hingegangen, da wir nicht Acten hätten bekommen sollen, in welchen die Klage ex dicta lege 2. angestellet worden: Ja es wird gegenwätiger casus weisen, daß ich in einen dergleichen Handel (und zwar wie ich versichern kan, mit aufrichtigen Hertzen und nach meiner warhafftigen Meynung) selbst ein Urtheil gemacht habe, in welchen gesprochen worden, daß Bekl. auf die Klage sich einlassen solle, unerachtet eine andere Facultät gantz anders und der gesamten Klage zuwieder gesprochen hatte. Vielleicht ändere ich mich etwa in meinem alten Tagen, und bekehre mich, daß ich von denen gefährlichen Neuerungen, die ich nach vieler ihrer Meinung bißher ausgebreitet, abstehe, und mich wieder in den Schoß der lieben Antiquität werffe. Ich mach selbst dazu nichts weiter sagen, sondern überlasse das Urtheil hievon dem Leser, wenn er gegenwärtigen Handel wird erwogen haben. §. II. Am 6. Januarii 1718. war folgender Contract zwischen denen darinnen genannten Personen, (derer Nahmen zu verschweigen bey gegenwärtigen Handel ich keine sonderliche Ursache finde) geschlossen und unterschrieben worden. Heute unter gesetzten dato sind wohlbedächtig zusammen gekommen Hannß Gaudes, an einem Theil, als Verkauffer, und Hannß Grausse von Thiemendorff, als künfftiger Eydam und Kauffer am andern Theil. Nehmlich es verkauffet gedachter Hannß Gaudes sein gantzes Hauß, Hoff, Scheine, Ställe, Garten, neben Hannß Müllern und Gottfried Buchmannen innen gelegen, Holtz, Wiesewachs, Feldern, wie es in seinen Rainen und Steinen im Dorffe Buchheim gelegenen Flur lieget, auch die so genannten Hayden Felder in Königshöffer Flur gelegen, wie auch das Stück erkauffter Acker von Hannß Stolbergs Guth vorm Dorffe gelegen, sammt dem Pferde, Schiff und Geschirr, Rind und Schaaff, Haußrath und männliche Geräthe, wie es gedachter Hannß Gaudes genutzet und gebrauchet, (aber die Helffte des Viehes, das Pferd und Geschirr nicht eher zu übergeben, biß nach Verkäuffers Tode) in summa nichts davon ausgeschlossen, um und vor fünff hundert und zwantzig Gülden, gantzer Erb- und Kauff-Summa; Nehmlich es verspricht Käuffer, Hannß Grausse, als künfftiger Eydam zum Angeld dreyhundert und fünff und siebentzig Gülden auf gezeichnete Schulden zu bezahlen, wie folget, als 100. Gulden etc. etc. Es behält aber der Verkäuffer Hannß Gaudes, als Schwieger-Vater Helffte wegen ihrer Billigkeit in praxi recipirt wäre. Und ich kan nicht leugnen, daß so lange ich in der Facultät bin, wohl kein Jahr hingegangen, da wir nicht Acten hätten bekommen sollen, in welchen die Klage ex dicta lege 2. angestellet worden: Ja es wird gegenwätiger casus weisen, daß ich in einen dergleichen Handel (und zwar wie ich versichern kan, mit aufrichtigen Hertzen und nach meiner warhafftigen Meynung) selbst ein Urtheil gemacht habe, in welchen gesprochen worden, daß Bekl. auf die Klage sich einlassen solle, unerachtet eine andere Facultät gantz anders und der gesamten Klage zuwieder gesprochen hatte. Vielleicht ändere ich mich etwa in meinem alten Tagen, und bekehre mich, daß ich von denen gefährlichen Neuerungen, die ich nach vieler ihrer Meinung bißher ausgebreitet, abstehe, und mich wieder in den Schoß der lieben Antiquität werffe. Ich mach selbst dazu nichts weiter sagen, sondern überlasse das Urtheil hievon dem Leser, wenn er gegenwärtigen Handel wird erwogen haben. §. II. Am 6. Januarii 1718. war folgender Contract zwischen denen darinnen genannten Personen, (derer Nahmen zu verschweigen bey gegenwärtigen Handel ich keine sonderliche Ursache finde) geschlossen und unterschrieben worden. Heute unter gesetzten dato sind wohlbedächtig zusammen gekommen Hannß Gaudes, an einem Theil, als Verkauffer, und Hannß Grausse von Thiemendorff, als künfftiger Eydam und Kauffer am andern Theil. Nehmlich es verkauffet gedachter Hannß Gaudes sein gantzes Hauß, Hoff, Scheine, Ställe, Garten, neben Hannß Müllern und Gottfried Buchmannen innen gelegen, Holtz, Wiesewachs, Feldern, wie es in seinen Rainen und Steinen im Dorffe Buchheim gelegenen Flur lieget, auch die so genannten Hayden Felder in Königshöffer Flur gelegen, wie auch das Stück erkauffter Acker von Hannß Stolbergs Guth vorm Dorffe gelegen, sammt dem Pferde, Schiff und Geschirr, Rind und Schaaff, Haußrath und männliche Geräthe, wie es gedachter Hannß Gaudes genutzet und gebrauchet, (aber die Helffte des Viehes, das Pferd und Geschirr nicht eher zu übergeben, biß nach Verkäuffers Tode) in summa nichts davon ausgeschlossen, um und vor fünff hundert und zwantzig Gülden, gantzer Erb- und Kauff-Summa; Nehmlich es verspricht Käuffer, Hannß Grausse, als künfftiger Eydam zum Angeld dreyhundert und fünff und siebentzig Gülden auf gezeichnete Schulden zu bezahlen, wie folget, als 100. 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Vielleicht ändere ich mich etwa in meinem alten Tagen, und bekehre mich, daß ich von denen gefährlichen Neuerungen, die ich nach vieler ihrer Meinung bißher ausgebreitet, abstehe, und mich wieder in den Schoß der lieben Antiquität werffe. Ich mach selbst dazu nichts weiter sagen, sondern überlasse das Urtheil hievon dem Leser, wenn er gegenwärtigen Handel wird erwogen haben.</p> <note place="left">Der <hi rendition="#i">Contract</hi>, so zu diesem Handel Anlaß gegeben.</note> <p>§. II. Am 6. Januarii 1718. war folgender Contract zwischen denen darinnen genannten Personen, (derer Nahmen zu verschweigen bey gegenwärtigen Handel ich keine sonderliche Ursache finde) geschlossen und unterschrieben worden. Heute unter gesetzten dato sind wohlbedächtig zusammen gekommen Hannß Gaudes, an einem Theil, als Verkauffer, und Hannß Grausse von Thiemendorff, als künfftiger Eydam und Kauffer am andern Theil. Nehmlich es verkauffet gedachter Hannß Gaudes sein gantzes Hauß, Hoff, Scheine, Ställe, Garten, neben Hannß Müllern und Gottfried Buchmannen innen gelegen, Holtz, Wiesewachs, Feldern, wie es in seinen Rainen und Steinen im Dorffe Buchheim gelegenen Flur lieget, auch die so genannten Hayden Felder in Königshöffer Flur gelegen, wie auch das Stück erkauffter Acker von Hannß Stolbergs Guth vorm Dorffe gelegen, sammt dem Pferde, Schiff und Geschirr, Rind und Schaaff, Haußrath und männliche Geräthe, wie es gedachter Hannß Gaudes genutzet und gebrauchet, (aber die Helffte des Viehes, das Pferd und Geschirr nicht eher zu übergeben, biß nach Verkäuffers Tode) in summa nichts davon ausgeschlossen, um und vor fünff hundert und zwantzig Gülden, gantzer Erb- und Kauff-Summa; Nehmlich es verspricht Käuffer, Hannß Grausse, als künfftiger Eydam zum Angeld dreyhundert und fünff und siebentzig Gülden auf gezeichnete Schulden zu bezahlen, wie folget, als 100. Gulden etc. etc. Es behält aber der Verkäuffer Hannß Gaudes, als Schwieger-Vater </p> </div> </body> </text> </TEI> [344/0352]
Helffte wegen ihrer Billigkeit in praxi recipirt wäre. Und ich kan nicht leugnen, daß so lange ich in der Facultät bin, wohl kein Jahr hingegangen, da wir nicht Acten hätten bekommen sollen, in welchen die Klage ex dicta lege 2. angestellet worden: Ja es wird gegenwätiger casus weisen, daß ich in einen dergleichen Handel (und zwar wie ich versichern kan, mit aufrichtigen Hertzen und nach meiner warhafftigen Meynung) selbst ein Urtheil gemacht habe, in welchen gesprochen worden, daß Bekl. auf die Klage sich einlassen solle, unerachtet eine andere Facultät gantz anders und der gesamten Klage zuwieder gesprochen hatte. Vielleicht ändere ich mich etwa in meinem alten Tagen, und bekehre mich, daß ich von denen gefährlichen Neuerungen, die ich nach vieler ihrer Meinung bißher ausgebreitet, abstehe, und mich wieder in den Schoß der lieben Antiquität werffe. Ich mach selbst dazu nichts weiter sagen, sondern überlasse das Urtheil hievon dem Leser, wenn er gegenwärtigen Handel wird erwogen haben.
§. II. Am 6. Januarii 1718. war folgender Contract zwischen denen darinnen genannten Personen, (derer Nahmen zu verschweigen bey gegenwärtigen Handel ich keine sonderliche Ursache finde) geschlossen und unterschrieben worden. Heute unter gesetzten dato sind wohlbedächtig zusammen gekommen Hannß Gaudes, an einem Theil, als Verkauffer, und Hannß Grausse von Thiemendorff, als künfftiger Eydam und Kauffer am andern Theil. Nehmlich es verkauffet gedachter Hannß Gaudes sein gantzes Hauß, Hoff, Scheine, Ställe, Garten, neben Hannß Müllern und Gottfried Buchmannen innen gelegen, Holtz, Wiesewachs, Feldern, wie es in seinen Rainen und Steinen im Dorffe Buchheim gelegenen Flur lieget, auch die so genannten Hayden Felder in Königshöffer Flur gelegen, wie auch das Stück erkauffter Acker von Hannß Stolbergs Guth vorm Dorffe gelegen, sammt dem Pferde, Schiff und Geschirr, Rind und Schaaff, Haußrath und männliche Geräthe, wie es gedachter Hannß Gaudes genutzet und gebrauchet, (aber die Helffte des Viehes, das Pferd und Geschirr nicht eher zu übergeben, biß nach Verkäuffers Tode) in summa nichts davon ausgeschlossen, um und vor fünff hundert und zwantzig Gülden, gantzer Erb- und Kauff-Summa; Nehmlich es verspricht Käuffer, Hannß Grausse, als künfftiger Eydam zum Angeld dreyhundert und fünff und siebentzig Gülden auf gezeichnete Schulden zu bezahlen, wie folget, als 100. Gulden etc. etc. Es behält aber der Verkäuffer Hannß Gaudes, als Schwieger-Vater
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/352>, abgerufen am 22.07.2024. |