Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.wollen, so hat es wohl nicht anders seyn können, als daß der Inquisit in die Unkosten condemniret werden müssen. §. VII. Ehe ich diesen Handel beschliesse, will ich noch dieses erinnern. Des Inquisiti Advocate hatte in dessen anderer Defension fol. 87. das Indicium, daß er ausgetretten auf folgende Weise ablehnen wollen, daß er theils von seinen alten und pümplichten Eltern, aus allzugrosser, allen Eltern angebohrner Liebe, die ihren Kindern dem Vermeinen nach vorstehende Gefahr auf dergleichen Art vorzubeugen intendirten, auf die Seite zu gehen und ihnen auch dißfalls allen Gehorsam kindlich zu bezeigen, verleitet, theils aber, und hauptsächlich von seinem vorigen Defensore, unter der Meynung, es wäre besser extra carcerem als ex carcere zu respondiren, der Eltern Vorgeben gebilliget, und angerathen worden. Denn wenn jener unter der Remonstration, daß bey so bewandten Umständen, und, da Inculpat angesessen genung, zur Incarceration nicht könne geschritten werden, ex opinione aller Rechtsgelehrten und der täglichen Erfahrung selbst, es abgerathen hätte, würde er das fol. 1. befindliche Protestation-Schreiben zu verfertigen, und sonder Noth den Inquisitum vor einen Verwandten desjenigen, der nach dem gemeinen Sprichwort die Bürste gestohlen, auszugeben, Bedencken getragen haben; allermassen denn die stuprata selbst darüber wie gantz stutzig worden und fol. 5. 6. anfangs aussen blieben, auch hernach nicht eher als erst besonders auf vorhergängige Requisition fol. 8. erschienen etc. Es ist nichts seltenes, daß die Advocaten nicht einerley Meynung haben, und es immer einer besser machen will als der andere. Ich meines Orts halte dafür, daß der erste Advocat an dem zu Anfangs erwehnten Schreiben nicht ungeschickt gethan, und daß also der letzte Advocat keine Ursache gehabt, denselben höhnischer Weise zu beschuldigen, als ob er damit den Inquisiten zu einen Verwandten desjenigen, der ohne gnungsame Ursache verneinete, er hätte die Bürste nicht gestohlen, gemacht hätte, sondern ich glaube vielmehr, daß dieses unzeitige Vorgeben, die Herren JCtos zu L. verleitet, daß sie diese Exculpation vielmehr für insufficient oder verdächtig gehalten. Es ist wohl an dem, die Sache ware nicht so beschaffen, daß Michael nach denen Reguln gemeines Rechtens hätte auch auf vorhergegangene würckliche Denunciation der stupratae, so fort mit Arrest belegt werden sollen. Aber man siehet wohl, wie es täglich in dergleichen Fällen gehet, daß ein Richter unter allerhand Praetexten und Entschuldigungen (dabey wollen, so hat es wohl nicht anders seyn können, als daß der Inquisit in die Unkosten condemniret werden müssen. §. VII. Ehe ich diesen Handel beschliesse, will ich noch dieses erinnern. Des Inquisiti Advocate hatte in dessen anderer Defension fol. 87. das Indicium, daß er ausgetretten auf folgende Weise ablehnen wollen, daß er theils von seinen alten und pümplichten Eltern, aus allzugrosser, allen Eltern angebohrner Liebe, die ihren Kindern dem Vermeinen nach vorstehende Gefahr auf dergleichen Art vorzubeugen intendirten, auf die Seite zu gehen und ihnen auch dißfalls allen Gehorsam kindlich zu bezeigen, verleitet, theils aber, und hauptsächlich von seinem vorigen Defensore, unter der Meynung, es wäre besser extra carcerem als ex carcere zu respondiren, der Eltern Vorgeben gebilliget, und angerathen worden. Denn wenn jener unter der Remonstration, daß bey so bewandten Umständen, und, da Inculpat angesessen genung, zur Incarceration nicht könne geschritten werden, ex opinione aller Rechtsgelehrten und der täglichen Erfahrung selbst, es abgerathen hätte, würde er das fol. 1. befindliche Protestation-Schreiben zu verfertigen, und sonder Noth den Inquisitum vor einen Verwandten desjenigen, der nach dem gemeinen Sprichwort die Bürste gestohlen, auszugeben, Bedencken getragen haben; allermassen denn die stuprata selbst darüber wie gantz stutzig worden und fol. 5. 6. anfangs aussen blieben, auch hernach nicht eher als erst besonders auf vorhergängige Requisition fol. 8. erschienen etc. Es ist nichts seltenes, daß die Advocaten nicht einerley Meynung haben, und es immer einer besser machen will als der andere. Ich meines Orts halte dafür, daß der erste Advocat an dem zu Anfangs erwehnten Schreiben nicht ungeschickt gethan, und daß also der letzte Advocat keine Ursache gehabt, denselben höhnischer Weise zu beschuldigen, als ob er damit den Inquisiten zu einen Verwandten desjenigen, der ohne gnungsame Ursache verneinete, er hätte die Bürste nicht gestohlen, gemacht hätte, sondern ich glaube vielmehr, daß dieses unzeitige Vorgeben, die Herren JCtos zu L. verleitet, daß sie diese Exculpation vielmehr für insufficient oder verdächtig gehalten. Es ist wohl an dem, die Sache ware nicht so beschaffen, daß Michael nach denen Reguln gemeines Rechtens hätte auch auf vorhergegangene würckliche Denunciation der stupratae, so fort mit Arrest belegt werden sollen. 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Des Inquisiti Advocate hatte in dessen anderer Defension fol. 87. das Indicium, daß er ausgetretten auf folgende Weise ablehnen wollen, daß er theils von seinen alten und pümplichten Eltern, aus allzugrosser, allen Eltern angebohrner Liebe, die ihren Kindern dem Vermeinen nach vorstehende Gefahr auf dergleichen Art vorzubeugen intendirten, auf die Seite zu gehen und ihnen auch dißfalls allen Gehorsam kindlich zu bezeigen, verleitet, theils aber, und hauptsächlich von seinem vorigen <hi rendition="#i">Defensore</hi>, unter der Meynung, es wäre besser <hi rendition="#i">extra carcerem</hi> als <hi rendition="#i">ex carcere</hi> zu <hi rendition="#i">respondir</hi>en, der Eltern Vorgeben gebilliget, und angerathen worden. 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Ich meines Orts halte dafür, daß der erste Advocat an dem zu Anfangs erwehnten Schreiben nicht ungeschickt gethan, und daß also der letzte Advocat keine Ursache gehabt, denselben höhnischer Weise zu beschuldigen, als ob er damit den Inquisiten zu einen Verwandten desjenigen, der ohne gnungsame Ursache verneinete, er hätte die Bürste nicht gestohlen, gemacht hätte, sondern ich glaube vielmehr, daß dieses unzeitige Vorgeben, die Herren JCtos zu L. verleitet, daß sie diese Exculpation vielmehr für insufficient oder verdächtig gehalten. Es ist wohl an dem, die Sache ware nicht so beschaffen, daß Michael nach denen Reguln gemeines Rechtens hätte auch auf vorhergegangene würckliche Denunciation der stupratae, so fort mit Arrest belegt werden sollen. Aber man siehet wohl, wie es täglich in dergleichen Fällen gehet, daß ein Richter unter allerhand Praetexten und Entschuldigungen (dabey </p> </div> </body> </text> </TEI> [342/0350]
wollen, so hat es wohl nicht anders seyn können, als daß der Inquisit in die Unkosten condemniret werden müssen.
§. VII. Ehe ich diesen Handel beschliesse, will ich noch dieses erinnern. Des Inquisiti Advocate hatte in dessen anderer Defension fol. 87. das Indicium, daß er ausgetretten auf folgende Weise ablehnen wollen, daß er theils von seinen alten und pümplichten Eltern, aus allzugrosser, allen Eltern angebohrner Liebe, die ihren Kindern dem Vermeinen nach vorstehende Gefahr auf dergleichen Art vorzubeugen intendirten, auf die Seite zu gehen und ihnen auch dißfalls allen Gehorsam kindlich zu bezeigen, verleitet, theils aber, und hauptsächlich von seinem vorigen Defensore, unter der Meynung, es wäre besser extra carcerem als ex carcere zu respondiren, der Eltern Vorgeben gebilliget, und angerathen worden. Denn wenn jener unter der Remonstration, daß bey so bewandten Umständen, und, da Inculpat angesessen genung, zur Incarceration nicht könne geschritten werden, ex opinione aller Rechtsgelehrten und der täglichen Erfahrung selbst, es abgerathen hätte, würde er das fol. 1. befindliche Protestation-Schreiben zu verfertigen, und sonder Noth den Inquisitum vor einen Verwandten desjenigen, der nach dem gemeinen Sprichwort die Bürste gestohlen, auszugeben, Bedencken getragen haben; allermassen denn die stuprata selbst darüber wie gantz stutzig worden und fol. 5. 6. anfangs aussen blieben, auch hernach nicht eher als erst besonders auf vorhergängige Requisition fol. 8. erschienen etc. Es ist nichts seltenes, daß die Advocaten nicht einerley Meynung haben, und es immer einer besser machen will als der andere. Ich meines Orts halte dafür, daß der erste Advocat an dem zu Anfangs erwehnten Schreiben nicht ungeschickt gethan, und daß also der letzte Advocat keine Ursache gehabt, denselben höhnischer Weise zu beschuldigen, als ob er damit den Inquisiten zu einen Verwandten desjenigen, der ohne gnungsame Ursache verneinete, er hätte die Bürste nicht gestohlen, gemacht hätte, sondern ich glaube vielmehr, daß dieses unzeitige Vorgeben, die Herren JCtos zu L. verleitet, daß sie diese Exculpation vielmehr für insufficient oder verdächtig gehalten. Es ist wohl an dem, die Sache ware nicht so beschaffen, daß Michael nach denen Reguln gemeines Rechtens hätte auch auf vorhergegangene würckliche Denunciation der stupratae, so fort mit Arrest belegt werden sollen. Aber man siehet wohl, wie es täglich in dergleichen Fällen gehet, daß ein Richter unter allerhand Praetexten und Entschuldigungen (dabey
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/350>, abgerufen am 16.02.2025. |