Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.dienste leisten. Exactio servitiorum sey res mere facultatis: Bey Carpzovio wären keine Extensiones der Landes-Ordnung; er distinguire auch nicht, ob einer Amtsäßig oder Schrifftsäßig wäre, und inferire diese Distinction nur diversitatem Fori, sonst hätten sie paria jura & onera. In übrigen heisse es; legem, etsi duram, ita tamen esse scriptam. Beklagter provicirt in seinem andern Satz ad Carpz. P. 2. Const. 4. def. . n. 1. seq. item es wäre wegen Länge der Zeit impossible, daß die Unterthanen erweisen solten, daß ihnen vor 150. Jahren die Frohnen wären abgefordert worden, und sie contradiciret hätten. Es sey secundum jus naturae nicht zu glauben, daß Klägers Antecessores die Baufrohnen nicht gefordert haben würden, wenn sie solche zu fordern befugt gewesen, denn es hiesse: proximus egomet mihi. Kläger contra: Verba constitutionis: wo nicht ein anders hergebracht verständen sich, wenn per recessum oder praescriptionem immemorialem solches geschehen wäre, deren keines erwiesen worden. Beklagter vermeynet aber, diese Worte wären also zu verstehen, wenn nicht observantia in contrarium verhanden, daß die Frohnen jemand anders geleistet würden. §. X. Bey dieser Leuterung fiel noch etwas sonderliches und ungemeines(NB. Chol auf teuts die Cholic) vor. Beklagter hatte Klägers Advocato Choleram oder den Zorn vorgeworffen. Dieses hatte Klägers Advocat als eine Injurie aufgenommen, als wenn er ihm ironice vorgeworffen, er hätte die Cholicam gehabt. Beklagter sagte, inter Choleram & Cholicam sey ein grosser Unterscheid. Klägers Advocate replicirt aber, es müsse Beklagtens Advocat gewiß nicht wissen daß Cholera auf teutsch die Cholica hiesse, denn sonst würde er auch dieses nicht vorgebracht haben. §. XI. Denn 28. Junii 1718. wurde das aus dem SchöppenstuhlDes Schöppenstuhl zu J. drittes Urtheil, so wieder um die Bekl. absolvirt, cum rationibus decidendi. zu J. eingehohlte Urtheil publicirt: Nunmehr aus denen Acten so viel zu befinden, daß Beklagtens Principalen die libellirten Baudienste zu verrichten nicht verbunden, sondern es bey dem am 7. Julii voriges Jahrs eröffneten Urtheil billig verbleibe. Hierwider appellirte Kläger und bat auf seine Kosten Rationes decidendi einzuhohlen. Judex willfahrte ihm nicht alleine hierinne, sondern bat auch selbige cum allegationibus legum & Doctorum zu ertheilen, ob schon die Sache hauptsächlich die Auslegung einer Sächsischen Constitution betraffe. Diese erfolgten nun in Augusto folgendergestalt. Ob wohl Klägers dienste leisten. Exactio servitiorum sey res mere facultatis: Bey Carpzovio wären keine Extensiones der Landes-Ordnung; er distinguire auch nicht, ob einer Amtsäßig oder Schrifftsäßig wäre, und inferire diese Distinction nur diversitatem Fori, sonst hätten sie paria jura & onera. In übrigen heisse es; legem, etsi duram, ita tamen esse scriptam. Beklagter provicirt in seinem andern Satz ad Carpz. P. 2. Const. 4. def. . n. 1. seq. item es wäre wegen Länge der Zeit impossible, daß die Unterthanen erweisen solten, daß ihnen vor 150. Jahren die Frohnen wären abgefordert worden, und sie contradiciret hätten. Es sey secundum jus naturae nicht zu glauben, daß Klägers Antecessores die Baufrohnen nicht gefordert haben würden, wenn sie solche zu fordern befugt gewesen, denn es hiesse: proximus egomet mihi. Kläger contra: Verba constitutionis: wo nicht ein anders hergebracht verständen sich, wenn per recessum oder praescriptionem immemorialem solches geschehen wäre, deren keines erwiesen worden. Beklagter vermeynet aber, diese Worte wären also zu verstehen, wenn nicht observantia in contrarium verhanden, daß die Frohnen jemand anders geleistet würden. §. X. Bey dieser Leuterung fiel noch etwas sonderliches und ungemeines(NB. Chol auf teuts die Cholic) vor. Beklagter hatte Klägers Advocato Choleram oder den Zorn vorgeworffen. Dieses hatte Klägers Advocat als eine Injurie aufgenommen, als wenn er ihm ironice vorgeworffen, er hätte die Cholicam gehabt. Beklagter sagte, inter Choleram & Cholicam sey ein grosser Unterscheid. Klägers Advocate replicirt aber, es müsse Beklagtens Advocat gewiß nicht wissen daß Cholera auf teutsch die Cholica hiesse, denn sonst würde er auch dieses nicht vorgebracht haben. §. XI. Denn 28. Junii 1718. wurde das aus dem SchöppenstuhlDes Schöppenstuhl zu J. drittes Urtheil, so wieder um die Bekl. absolvirt, cum rationibus decidendi. zu J. eingehohlte Urtheil publicirt: Nunmehr aus denen Acten so viel zu befinden, daß Beklagtens Principalen die libellirten Baudienste zu verrichten nicht verbunden, sondern es bey dem am 7. Julii voriges Jahrs eröffneten Urtheil billig verbleibe. Hierwider appellirte Kläger und bat auf seine Kosten Rationes decidendi einzuhohlen. Judex willfahrte ihm nicht alleine hierinne, sondern bat auch selbige cum allegationibus legum & Doctorum zu ertheilen, ob schon die Sache hauptsächlich die Auslegung einer Sächsischen Constitution betraffe. Diese erfolgten nun in Augusto folgendergestalt. Ob wohl Klägers <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0337" n="329"/> dienste leisten. Exactio servitiorum sey res mere facultatis: Bey Carpzovio wären keine Extensiones der Landes-Ordnung; er distinguire auch nicht, ob einer Amtsäßig oder Schrifftsäßig wäre, und inferire diese Distinction nur diversitatem Fori, sonst hätten sie paria jura & onera. In übrigen heisse es; legem, etsi duram, ita tamen esse scriptam. Beklagter provicirt in seinem andern Satz ad Carpz. P. 2. Const. 4. def. . n. 1. seq. item es wäre wegen Länge der Zeit impossible, daß die Unterthanen erweisen solten, daß ihnen vor 150. Jahren die Frohnen wären abgefordert worden, und sie contradiciret hätten. Es sey secundum jus naturae nicht zu glauben, daß Klägers Antecessores die Baufrohnen nicht gefordert haben würden, wenn sie solche zu fordern befugt gewesen, denn es hiesse: proximus egomet mihi. Kläger contra: Verba constitutionis: wo nicht ein anders hergebracht verständen sich, wenn per recessum oder praescriptionem immemorialem solches geschehen wäre, deren keines erwiesen worden. Beklagter vermeynet aber, diese Worte wären also zu verstehen, wenn nicht observantia in contrarium verhanden, daß die Frohnen jemand anders geleistet würden.</p> <p>§. X. Bey dieser Leuterung fiel noch etwas sonderliches und ungemeines<note place="right"><hi rendition="#i">(NB. Chol</hi> auf teuts die <hi rendition="#i">Cholic</hi>)</note> vor. Beklagter hatte Klägers Advocato Choleram oder den Zorn vorgeworffen. Dieses hatte Klägers Advocat als eine Injurie aufgenommen, als wenn er ihm ironice vorgeworffen, er hätte die Cholicam gehabt. Beklagter sagte, inter Choleram & Cholicam sey ein grosser Unterscheid. Klägers Advocate replicirt aber, es müsse Beklagtens Advocat gewiß nicht wissen daß Cholera auf teutsch die Cholica hiesse, denn sonst würde er auch dieses nicht vorgebracht haben.</p> <p>§. XI. Denn 28. 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dienste leisten. Exactio servitiorum sey res mere facultatis: Bey Carpzovio wären keine Extensiones der Landes-Ordnung; er distinguire auch nicht, ob einer Amtsäßig oder Schrifftsäßig wäre, und inferire diese Distinction nur diversitatem Fori, sonst hätten sie paria jura & onera. In übrigen heisse es; legem, etsi duram, ita tamen esse scriptam. Beklagter provicirt in seinem andern Satz ad Carpz. P. 2. Const. 4. def. . n. 1. seq. item es wäre wegen Länge der Zeit impossible, daß die Unterthanen erweisen solten, daß ihnen vor 150. Jahren die Frohnen wären abgefordert worden, und sie contradiciret hätten. Es sey secundum jus naturae nicht zu glauben, daß Klägers Antecessores die Baufrohnen nicht gefordert haben würden, wenn sie solche zu fordern befugt gewesen, denn es hiesse: proximus egomet mihi. Kläger contra: Verba constitutionis: wo nicht ein anders hergebracht verständen sich, wenn per recessum oder praescriptionem immemorialem solches geschehen wäre, deren keines erwiesen worden. Beklagter vermeynet aber, diese Worte wären also zu verstehen, wenn nicht observantia in contrarium verhanden, daß die Frohnen jemand anders geleistet würden.
§. X. Bey dieser Leuterung fiel noch etwas sonderliches und ungemeines vor. Beklagter hatte Klägers Advocato Choleram oder den Zorn vorgeworffen. Dieses hatte Klägers Advocat als eine Injurie aufgenommen, als wenn er ihm ironice vorgeworffen, er hätte die Cholicam gehabt. Beklagter sagte, inter Choleram & Cholicam sey ein grosser Unterscheid. Klägers Advocate replicirt aber, es müsse Beklagtens Advocat gewiß nicht wissen daß Cholera auf teutsch die Cholica hiesse, denn sonst würde er auch dieses nicht vorgebracht haben.
(NB. Chol auf teuts die Cholic) §. XI. Denn 28. Junii 1718. wurde das aus dem Schöppenstuhl zu J. eingehohlte Urtheil publicirt: Nunmehr aus denen Acten so viel zu befinden, daß Beklagtens Principalen die libellirten Baudienste zu verrichten nicht verbunden, sondern es bey dem am 7. Julii voriges Jahrs eröffneten Urtheil billig verbleibe. Hierwider appellirte Kläger und bat auf seine Kosten Rationes decidendi einzuhohlen. Judex willfahrte ihm nicht alleine hierinne, sondern bat auch selbige cum allegationibus legum & Doctorum zu ertheilen, ob schon die Sache hauptsächlich die Auslegung einer Sächsischen Constitution betraffe. Diese erfolgten nun in Augusto folgendergestalt. Ob wohl Klägers
Des Schöppenstuhl zu J. drittes Urtheil, so wieder um die Bekl. absolvirt, cum rationibus decidendi.
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/337>, abgerufen am 23.07.2024. |