Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

Bild:
<< vorherige Seite

ment ausgegeben würde, ob schon Lutherus gedacht, daß in derselbigenIII. Daß in Lutheri Catechismo die Ehe für kein Sacrament ausgegeben werde. das Sacrament (oder wie es nach dem Grund-Text eigentlich lautet, das Geheimnüß) JEsu Christi und der Kirche, seiner Braut, bezeichnet worden, als unter welchen beyden Propositionibus ein grosser Unterscheid ist; ferner was den Vorwand betrifft, daß die Prediger sich der Obrigkeit nicht actualiter widersetzten, sondern denegatione hac sacrae coenae sich mere passive verhielten, auch darinnen ein grober Brocken der Papistischen Clerisey verborgen lieget, immassen die allgemeinen Reguln der gesunden Vernunfft jedermänniglich überzeugen, daß der Gehorsam nichtIV. Papentzendes mere passive verhalten. allein das Thun der anbefohlenen, sondern auch die Unterlassung verbothener Dinge in sich begreiffe, und folglich auch der Ungehorsam zweyerley sey, einer der in actione verbothener, der andere aber der in omissione anbefohlener Sachen bestehet, und derowegen die Entschuldigung, daß man bey dieser letzten Art sich mere passive verhalte, ein offenbahrer Jesuitischer Streich sey, und unter diesem Praetext alle auch die gröbsten Laster, als Mord, Diebstahl, Ehebruch u. d. g. wo nicht in der That würden würcklich begangen, dennoch davon participiret werden, und man allezeit von der durch diesen Concursum ad delictum wohlverdienten Straffe sich würde loßmachen können: ferner das Vorgeben, daß bisher a magistratuV. Nichtiger Vorwand daß Magistratus nulliter verfahren. nulliter verfahren und der Process ab executione angefangen worden, und man sie vielmehr mit ihren Rationibus hören, und dieselbe an unpartheyische Facultäten zu rechtlichem Verspruch schicken solte, ein gleichmässiger grober und mehr als papentzender Fechter-Streich ist. Vid. dict. not. 218. p. 762. indem die weltliche Obrigkeit wo nicht um alle doch um die meisten Jura circa sacra kommen würde, wenn sie bey noch so handgreiflichen Reliquiis des politischen Pabstthums mit ihren unstreitigen Unterthanen, absonderlich aber mit ihrem unruhigen ungehorsamen Clero in Zanck-Schrifften, oder unter dem albernen und auf die Obrigkeit unvernünfftig applicirten Praetext, daß sie nicht zugleich Richter und Parthey seyn könnten, in Proceß sich einlassen, und die Consilia derer diesen anhängenden Facultäten von Universitäten einhohlen solten, wie davon aus denen bekannten Wittenbergischen Consiliis, ingleichen Consiliis Dedekenni und andern Consiliis gar viele Exempel, (da jemand daran zweiflen solte,) angeführet werden könnten, zugeschweigen daß fürnemlich die Frage darinnen bestehet; Ob die Prediger zu D. sich demVI. Eigentlicher Status controversiae. Magistrat, als ihrer Obrigkeit, de facto widersetzet; dieses Fa-

ment ausgegeben würde, ob schon Lutherus gedacht, daß in derselbigenIII. Daß in Lutheri Catechismo die Ehe für kein Sacrament ausgegeben werde. das Sacrament (oder wie es nach dem Grund-Text eigentlich lautet, das Geheimnüß) JEsu Christi und der Kirche, seiner Braut, bezeichnet worden, als unter welchen beyden Propositionibus ein grosser Unterscheid ist; ferner was den Vorwand betrifft, daß die Prediger sich der Obrigkeit nicht actualiter widersetzten, sondern denegatione hac sacrae coenae sich mere passive verhielten, auch darinnen ein grober Brocken der Papistischen Clerisey verborgen lieget, immassen die allgemeinen Reguln der gesunden Vernunfft jedermänniglich überzeugen, daß der Gehorsam nichtIV. Papentzendes mere passive verhalten. allein das Thun der anbefohlenen, sondern auch die Unterlassung verbothener Dinge in sich begreiffe, und folglich auch der Ungehorsam zweyerley sey, einer der in actione verbothener, der andere aber der in omissione anbefohlener Sachen bestehet, und derowegen die Entschuldigung, daß man bey dieser letzten Art sich mere passive verhalte, ein offenbahrer Jesuitischer Streich sey, und unter diesem Praetext alle auch die gröbsten Laster, als Mord, Diebstahl, Ehebruch u. d. g. wo nicht in der That würden würcklich begangen, dennoch davon participiret werden, und man allezeit von der durch diesen Concursum ad delictum wohlverdienten Straffe sich würde loßmachen können: ferner das Vorgeben, daß bisher a magistratuV. Nichtiger Vorwand daß Magistratus nulliter verfahren. nulliter verfahren und der Process ab executione angefangen worden, und man sie vielmehr mit ihren Rationibus hören, und dieselbe an unpartheyische Facultäten zu rechtlichem Verspruch schicken solte, ein gleichmässiger grober und mehr als papentzender Fechter-Streich ist. Vid. dict. not. 218. p. 762. indem die weltliche Obrigkeit wo nicht um alle doch um die meisten Jura circa sacra kommen würde, wenn sie bey noch so handgreiflichen Reliquiis des politischen Pabstthums mit ihren unstreitigen Unterthanen, absonderlich aber mit ihrem unruhigen ungehorsamen Clero in Zanck-Schrifften, oder unter dem albernen und auf die Obrigkeit unvernünfftig applicirten Praetext, daß sie nicht zugleich Richter und Parthey seyn könnten, in Proceß sich einlassen, und die Consilia derer diesen anhängenden Facultäten von Universitäten einhohlen solten, wie davon aus denen bekannten Wittenbergischen Consiliis, ingleichen Consiliis Dedekenni und andern Consiliis gar viele Exempel, (da jemand daran zweiflen solte,) angeführet werden könnten, zugeschweigen daß fürnemlich die Frage darinnen bestehet; Ob die Prediger zu D. sich demVI. Eigentlicher Status controversiae. Magistrat, als ihrer Obrigkeit, de facto widersetzet; dieses Fa-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0309" n="301"/>
ment ausgegeben würde, ob schon Lutherus                      gedacht, daß in derselbigen<note place="right">III. Daß in Lutheri Catechismo                          die Ehe für kein Sacrament ausgegeben werde.</note> das Sacrament (oder wie                      es nach dem Grund-Text eigentlich lautet, das Geheimnüß) JEsu Christi und der                      Kirche, seiner Braut, bezeichnet worden, als unter welchen beyden                      Propositionibus ein grosser Unterscheid ist; ferner was den Vorwand betrifft,                      daß die Prediger sich der Obrigkeit nicht actualiter widersetzten, sondern                      denegatione hac sacrae coenae sich mere passive verhielten, auch darinnen ein                      grober Brocken der Papistischen Clerisey verborgen lieget, immassen die                      allgemeinen Reguln der gesunden Vernunfft jedermänniglich überzeugen, daß der                      Gehorsam nicht<note place="right">IV. Papentzendes mere passive                          verhalten.</note> allein das Thun der anbefohlenen, sondern auch die                      Unterlassung verbothener Dinge in sich begreiffe, und folglich auch der                      Ungehorsam zweyerley sey, einer der in actione verbothener, der andere aber der                      in omissione anbefohlener Sachen bestehet, und derowegen die Entschuldigung, daß                      man bey dieser letzten Art sich mere passive verhalte, ein offenbahrer                      Jesuitischer Streich sey, und unter diesem Praetext alle auch die gröbsten                      Laster, als Mord, Diebstahl, Ehebruch u. d. g. wo nicht in der That würden                      würcklich begangen, dennoch davon participiret werden, und man allezeit von der                      durch diesen Concursum ad delictum wohlverdienten Straffe sich würde loßmachen                      können: ferner das Vorgeben, daß bisher a magistratu<note place="right">V.                          Nichtiger Vorwand daß Magistratus nulliter verfahren.</note> nulliter                      verfahren und der Process ab executione angefangen worden, und man sie vielmehr                      mit ihren Rationibus hören, und dieselbe an unpartheyische Facultäten zu                      rechtlichem Verspruch schicken solte, ein gleichmässiger grober und mehr als                      papentzender Fechter-Streich ist. <hi rendition="#i">Vid. dict. not. 218. p.                          762.</hi> indem die weltliche Obrigkeit wo nicht um alle doch um die meisten                      Jura circa sacra kommen würde, wenn sie bey noch so handgreiflichen Reliquiis                      des politischen Pabstthums mit ihren unstreitigen Unterthanen, absonderlich aber                      mit ihrem unruhigen ungehorsamen Clero in Zanck-Schrifften, oder unter dem                      albernen und auf die Obrigkeit unvernünfftig applicirten Praetext, daß sie nicht                      zugleich Richter und Parthey seyn könnten, in Proceß sich einlassen, und die                      Consilia derer diesen anhängenden Facultäten von Universitäten einhohlen solten,                      wie davon aus denen bekannten Wittenbergischen Consiliis, ingleichen Consiliis                      Dedekenni und andern Consiliis gar viele Exempel, (da jemand daran zweiflen                      solte,) angeführet werden könnten, zugeschweigen daß fürnemlich die Frage                      darinnen bestehet; Ob die Prediger zu D. sich dem<note place="right">VI.                          Eigentlicher Status controversiae.</note> <hi rendition="#i">Magistrat</hi>, als ihrer Obrigkeit, <hi rendition="#i">de                          facto</hi> widersetzet; dieses Fa-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[301/0309] ment ausgegeben würde, ob schon Lutherus gedacht, daß in derselbigen das Sacrament (oder wie es nach dem Grund-Text eigentlich lautet, das Geheimnüß) JEsu Christi und der Kirche, seiner Braut, bezeichnet worden, als unter welchen beyden Propositionibus ein grosser Unterscheid ist; ferner was den Vorwand betrifft, daß die Prediger sich der Obrigkeit nicht actualiter widersetzten, sondern denegatione hac sacrae coenae sich mere passive verhielten, auch darinnen ein grober Brocken der Papistischen Clerisey verborgen lieget, immassen die allgemeinen Reguln der gesunden Vernunfft jedermänniglich überzeugen, daß der Gehorsam nicht allein das Thun der anbefohlenen, sondern auch die Unterlassung verbothener Dinge in sich begreiffe, und folglich auch der Ungehorsam zweyerley sey, einer der in actione verbothener, der andere aber der in omissione anbefohlener Sachen bestehet, und derowegen die Entschuldigung, daß man bey dieser letzten Art sich mere passive verhalte, ein offenbahrer Jesuitischer Streich sey, und unter diesem Praetext alle auch die gröbsten Laster, als Mord, Diebstahl, Ehebruch u. d. g. wo nicht in der That würden würcklich begangen, dennoch davon participiret werden, und man allezeit von der durch diesen Concursum ad delictum wohlverdienten Straffe sich würde loßmachen können: ferner das Vorgeben, daß bisher a magistratu nulliter verfahren und der Process ab executione angefangen worden, und man sie vielmehr mit ihren Rationibus hören, und dieselbe an unpartheyische Facultäten zu rechtlichem Verspruch schicken solte, ein gleichmässiger grober und mehr als papentzender Fechter-Streich ist. Vid. dict. not. 218. p. 762. indem die weltliche Obrigkeit wo nicht um alle doch um die meisten Jura circa sacra kommen würde, wenn sie bey noch so handgreiflichen Reliquiis des politischen Pabstthums mit ihren unstreitigen Unterthanen, absonderlich aber mit ihrem unruhigen ungehorsamen Clero in Zanck-Schrifften, oder unter dem albernen und auf die Obrigkeit unvernünfftig applicirten Praetext, daß sie nicht zugleich Richter und Parthey seyn könnten, in Proceß sich einlassen, und die Consilia derer diesen anhängenden Facultäten von Universitäten einhohlen solten, wie davon aus denen bekannten Wittenbergischen Consiliis, ingleichen Consiliis Dedekenni und andern Consiliis gar viele Exempel, (da jemand daran zweiflen solte,) angeführet werden könnten, zugeschweigen daß fürnemlich die Frage darinnen bestehet; Ob die Prediger zu D. sich dem Magistrat, als ihrer Obrigkeit, de facto widersetzet; dieses Fa- III. Daß in Lutheri Catechismo die Ehe für kein Sacrament ausgegeben werde. IV. Papentzendes mere passive verhalten. V. Nichtiger Vorwand daß Magistratus nulliter verfahren. VI. Eigentlicher Status controversiae.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/309
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/309>, abgerufen am 23.11.2024.