Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.controvers ihr eigenes factum beträffe, und sie also nicht Parthey und Richter zugleich seyn könnten. Dennoch aber und dieweil der Mangel völliger Acten uns nicht hindern kan, von der vorgelegten Frage unsere definitive Meynung zu entdecken, massen wir die uns suppeditirte und dießfalls von uns in der specie facti erzehlte Umstände zum Grunde setzen, und derer Richtigkeit praesupponiren, auch dergleichen decisiv Responsa sonsten in genere bey allen oder Beantwortung der Scheingründe.doch denen meisten Fällen allenthalben gebräuchlich sind; Hiernechst die Frage, ob es nach göttlichen alle Menschen angehenden Rechten vergönnet sey, seines verstorbenen Weibes Schwester zu heyrathen allbereit seiter sechtzig Jahren und drüber gar vielfältig sonderlich in unserer Lutherischen I. Wegen des Verbots von der Ehe mit des Weibes Schwester.Kirche zwischen berühmten Theologis und JCtis weitläufftig und ausführlich in utramque partem disputiret worden, dabey denn der meiste und berühmteste Theil derselben, oder doch zum wenigsten die vernünfftigsten und von denen schädlichen praejudiciis autoritatis & praecipitantiae am meisten entferneten Gründe dahin gegangen, 1.) daß die Heyrath mit des verstorbenen Weibes Schwester nirgend im Mosaischen Gesetz ausdrücklich verbothen sey; noch weniger aber 2.) das argument von der verbothenen Ehe des Brudern Weides auf des Weibes Schwester gnugsam gegründet, sondern schon von vielen Gelehrten gezeiget worden, daß in Auslegung des Mosaischen Gesetzes von verbothenen Ehen nicht auf die grade, sondern schlechterdings auf die daselbst genennete Personen gesehen werden müsse; oder wenn auch allenfalls des Weibes Schwester propter paritatem gradus unter des Brudern Weibe begriffen seyn solte, daß dennoch 3.) solche paritas gradus auch darinnen müsse attendiret werden, daß wie ein Bruder seines Brudern Weib, wenn der Verstorbene keine Kinder mit ihr gezeuget, per legem Mosaicam nehmen sollen; also auch ein Mann seines Weibes Schwester zum wenigsten nehmen dürffe, wenn er, wie im gegenwärtigen Fall geschehen, mit dem Verstorbenen Weibe keine Kinder gezeuget, oder daß, wenn auch schon die Sache ausgemachet und unzweiffelhafft wäre, daß Moses mit klaren Worten verbothen hätte, seines verstorbenen Weibes Schwester zu heyrathen, wenn auch gleich keine Kinder mit derselbigen wären gezeuget worden, dennoch 4.) das Mosaische Gesetz in allen denen Verbochen, die die Seiten-Linie, so wohl in der Blut-Freundschafft als Schwägerschafft, betrifft, die Juden alleine angienge, und die Christen keinesweges verbinde, und also nicht ad leges morales sondern ad fo- controvers ihr eigenes factum beträffe, und sie also nicht Parthey und Richter zugleich seyn könnten. Dennoch aber und dieweil der Mangel völliger Acten uns nicht hindern kan, von der vorgelegten Frage unsere definitive Meynung zu entdecken, massen wir die uns suppeditirte und dießfalls von uns in der specie facti erzehlte Umstände zum Grunde setzen, und derer Richtigkeit praesupponiren, auch dergleichen decisiv Responsa sonsten in genere bey allen oder Beantwortung der Scheingründe.doch denen meisten Fällen allenthalben gebräuchlich sind; Hiernechst die Frage, ob es nach göttlichen alle Menschen angehenden Rechten vergönnet sey, seines verstorbenen Weibes Schwester zu heyrathen allbereit seiter sechtzig Jahren und drüber gar vielfältig sonderlich in unserer Lutherischen I. Wegen des Verbots von der Ehe mit des Weibes Schwester.Kirche zwischen berühmten Theologis und JCtis weitläufftig und ausführlich in utramque partem disputiret worden, dabey denn der meiste und berühmteste Theil derselben, oder doch zum wenigsten die vernünfftigsten und von denen schädlichen praejudiciis autoritatis & praecipitantiae am meisten entferneten Gründe dahin gegangen, 1.) daß die Heyrath mit des verstorbenen Weibes Schwester nirgend im Mosaischen Gesetz ausdrücklich verbothen sey; noch weniger aber 2.) das argument von der verbothenen Ehe des Brudern Weides auf des Weibes Schwester gnugsam gegründet, sondern schon von vielen Gelehrten gezeiget worden, daß in Auslegung des Mosaischen Gesetzes von verbothenen Ehen nicht auf die grade, sondern schlechterdings auf die daselbst genennete Personen gesehen werden müsse; oder wenn auch allenfalls des Weibes Schwester propter paritatem gradus unter des Brudern Weibe begriffen seyn solte, daß dennoch 3.) solche paritas gradus auch darinnen müsse attendiret werden, daß wie ein Bruder seines Brudern Weib, wenn der Verstorbene keine Kinder mit ihr gezeuget, per legem Mosaicam nehmen sollen; also auch ein Mann seines Weibes Schwester zum wenigsten nehmen dürffe, wenn er, wie im gegenwärtigen Fall geschehen, mit dem Verstorbenen Weibe keine Kinder gezeuget, oder daß, wenn auch schon die Sache ausgemachet und unzweiffelhafft wäre, daß Moses mit klaren Worten verbothen hätte, seines verstorbenen Weibes Schwester zu heyrathen, wenn auch gleich keine Kinder mit derselbigen wären gezeuget worden, dennoch 4.) das Mosaische Gesetz in allen denen Verbochen, die die Seiten-Linie, so wohl in der Blut-Freundschafft als Schwägerschafft, betrifft, die Juden alleine angienge, und die Christen keinesweges verbinde, und also nicht ad leges morales sondern ad fo- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0306" n="298"/> controvers ihr eigenes factum beträffe, und sie also nicht Parthey und Richter zugleich seyn könnten.</p> <note place="left">General Justification daß unser Responsnm definitiv sey.</note> <p>Dennoch aber und dieweil der Mangel völliger Acten uns nicht hindern kan, von der vorgelegten Frage unsere definitive Meynung zu entdecken, massen wir die uns suppeditirte und dießfalls von uns in der specie facti erzehlte Umstände zum Grunde setzen, und derer Richtigkeit praesupponiren, auch dergleichen decisiv Responsa sonsten in genere bey allen oder <note place="left">Beantwortung der Scheingründe.</note>doch denen meisten Fällen allenthalben gebräuchlich sind; Hiernechst die Frage, ob es nach göttlichen alle Menschen angehenden Rechten vergönnet sey, seines verstorbenen Weibes Schwester zu heyrathen allbereit seiter sechtzig Jahren und drüber gar vielfältig sonderlich in unserer Lutherischen <note place="left">I. Wegen des Verbots von der Ehe mit des Weibes Schwester.</note>Kirche zwischen berühmten Theologis und JCtis weitläufftig und ausführlich in utramque partem disputiret worden, dabey denn der meiste und berühmteste Theil derselben, oder doch zum wenigsten die vernünfftigsten und von denen schädlichen praejudiciis autoritatis & praecipitantiae am meisten entferneten Gründe dahin gegangen, 1.) daß die Heyrath mit des verstorbenen Weibes Schwester nirgend im Mosaischen Gesetz ausdrücklich verbothen sey; noch weniger aber 2.) das argument von der verbothenen Ehe des Brudern Weides auf des Weibes Schwester gnugsam gegründet, sondern schon von vielen Gelehrten gezeiget worden, daß in Auslegung des Mosaischen Gesetzes von verbothenen Ehen nicht auf die grade, sondern schlechterdings auf die daselbst genennete Personen gesehen werden müsse; oder wenn auch allenfalls des Weibes Schwester propter paritatem gradus unter des Brudern Weibe begriffen seyn solte, daß dennoch 3.) solche paritas gradus auch darinnen müsse attendiret werden, daß wie ein Bruder seines Brudern Weib, wenn der Verstorbene keine Kinder mit ihr gezeuget, per legem Mosaicam nehmen sollen; also auch ein Mann seines Weibes Schwester zum wenigsten nehmen dürffe, wenn er, wie im gegenwärtigen Fall geschehen, mit dem Verstorbenen Weibe keine Kinder gezeuget, oder daß, wenn auch schon die Sache ausgemachet und unzweiffelhafft wäre, daß Moses mit klaren Worten verbothen hätte, seines verstorbenen Weibes Schwester zu heyrathen, wenn auch gleich keine Kinder mit derselbigen wären gezeuget worden, dennoch 4.) das Mosaische Gesetz in allen denen Verbochen, die die Seiten-Linie, so wohl in der Blut-Freundschafft als Schwägerschafft, betrifft, die Juden alleine angienge, und die Christen keinesweges verbinde, und also nicht ad leges morales sondern ad fo- </p> </div> </body> </text> </TEI> [298/0306]
controvers ihr eigenes factum beträffe, und sie also nicht Parthey und Richter zugleich seyn könnten.
Dennoch aber und dieweil der Mangel völliger Acten uns nicht hindern kan, von der vorgelegten Frage unsere definitive Meynung zu entdecken, massen wir die uns suppeditirte und dießfalls von uns in der specie facti erzehlte Umstände zum Grunde setzen, und derer Richtigkeit praesupponiren, auch dergleichen decisiv Responsa sonsten in genere bey allen oder doch denen meisten Fällen allenthalben gebräuchlich sind; Hiernechst die Frage, ob es nach göttlichen alle Menschen angehenden Rechten vergönnet sey, seines verstorbenen Weibes Schwester zu heyrathen allbereit seiter sechtzig Jahren und drüber gar vielfältig sonderlich in unserer Lutherischen Kirche zwischen berühmten Theologis und JCtis weitläufftig und ausführlich in utramque partem disputiret worden, dabey denn der meiste und berühmteste Theil derselben, oder doch zum wenigsten die vernünfftigsten und von denen schädlichen praejudiciis autoritatis & praecipitantiae am meisten entferneten Gründe dahin gegangen, 1.) daß die Heyrath mit des verstorbenen Weibes Schwester nirgend im Mosaischen Gesetz ausdrücklich verbothen sey; noch weniger aber 2.) das argument von der verbothenen Ehe des Brudern Weides auf des Weibes Schwester gnugsam gegründet, sondern schon von vielen Gelehrten gezeiget worden, daß in Auslegung des Mosaischen Gesetzes von verbothenen Ehen nicht auf die grade, sondern schlechterdings auf die daselbst genennete Personen gesehen werden müsse; oder wenn auch allenfalls des Weibes Schwester propter paritatem gradus unter des Brudern Weibe begriffen seyn solte, daß dennoch 3.) solche paritas gradus auch darinnen müsse attendiret werden, daß wie ein Bruder seines Brudern Weib, wenn der Verstorbene keine Kinder mit ihr gezeuget, per legem Mosaicam nehmen sollen; also auch ein Mann seines Weibes Schwester zum wenigsten nehmen dürffe, wenn er, wie im gegenwärtigen Fall geschehen, mit dem Verstorbenen Weibe keine Kinder gezeuget, oder daß, wenn auch schon die Sache ausgemachet und unzweiffelhafft wäre, daß Moses mit klaren Worten verbothen hätte, seines verstorbenen Weibes Schwester zu heyrathen, wenn auch gleich keine Kinder mit derselbigen wären gezeuget worden, dennoch 4.) das Mosaische Gesetz in allen denen Verbochen, die die Seiten-Linie, so wohl in der Blut-Freundschafft als Schwägerschafft, betrifft, die Juden alleine angienge, und die Christen keinesweges verbinde, und also nicht ad leges morales sondern ad fo-
Beantwortung der Scheingründe.
I. Wegen des Verbots von der Ehe mit des Weibes Schwester.
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