Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.hätte wenn ihm gleich das Nachtmahl nur unter einer Gestalt gereichet würde.)Seelen Seeligkeit nicht zu zweiflen hat, wenn nur die Schuld nicht an ihm lieget, daß er dasselbige verachtet, und da man es ihm zu reichen bereit ist, dennoch nicht annehmen will. In dergleichen Fällen aber, wo die Schuld nicht an demjenigen liegt, der das heilige Abendmahl gerne hätte, und kan es doch gar nicht (oder nicht anders als nur in einerley Gestalt) erlangen, pflegen unsere Evangelische Lehrer die angefochtenen Personen mit dem dicto Augustini zu trösten, Crede & manducasti. Wenn du gläubest, so ist es so gut als wenn du das heilige Nachtmahl genossen hättest. XXIV. Solte aber einen, aus obspecificirten guten Absichten zu denen Catholischen übertretenden Christen die Abschwerung seiner Religion nachgelassen und der Gebrauch des heiligen Nachtmahls zugelassen werden, so hätte er sich destoweniger in seinem Gewissen zu beunruhigen Ursach, je mehr er in Betrachtung zöge, was oben §. 17. aus D. Bergio angeführet worden, daß wenn wir bey dem allgemeinen Christlichen Glauben ohne Gewissens-Zwang möchten gelassen werden, wir Evangelische nicht Ursache hätten uns von denen Catholischen zu trennen. Und zwar so kömmt dieser Betrachtung billig als ein wichtiger Grund zu statten, daß unser seeliger Lutherus nie in Willens gehabt, sich von der Catholischen Kirchen abzusondern, und eine neue Kirche zu stifften, als er wider den Ablaß zu disputiren angefangen; sondern mit Worten und Wercken sattsam bezeuget, daß er alles versucht, was zu Verhinderung einer Trennung und Absonderung nur dienlich gewesen; wenn man ihn und die Seinigen nur dulden wollen, und nicht an Catholischer Seiten ausgestossen und excommuniciret hätte. Wie solches noch unlängst der seel. Herr D. Spener in Rettung der Evangelischen Kirchen wider M. Graben cap. 2. §. 78. biß 89. p. 154. sq. stattlich ausgeführet, und sind sonderlich die Worte Lutheri aus einem Briefe, den er an den Pabst geschrieben, merckwürdig: Nun allerheiligster Vater, ich bezeuge für GOtt und allen seinen Creaturen, daß ich nie Willens gewest, noch heutiges Tages bin, daß ich mir mit Ernst hätte fürgesetzt, der Römischen Kirchen und Euer Heiligkeit auf einerley Weise anzugreiffen, oder mit irgend einer List etwas abzubrechen. Ja ich bekenne frey, daß dieser Kirchen-Gewalt über alles sey, und ihr nichts weder im Himmel noch auf Erden könne fürgezogen werden, denn allein JEsus Christus der HErr über alles. Dero halben wolle Euer Heiligkeit bösen falschen Lästermäulern nicht Glauben geben, die von Luthero anders sagen, oder ihm auflegen, u. s. w. Zu hätte wenn ihm gleich das Nachtmahl nur unter einer Gestalt gereichet würde.)Seelen Seeligkeit nicht zu zweiflen hat, wenn nur die Schuld nicht an ihm lieget, daß er dasselbige verachtet, und da man es ihm zu reichen bereit ist, dennoch nicht annehmen will. In dergleichen Fällen aber, wo die Schuld nicht an demjenigen liegt, der das heilige Abendmahl gerne hätte, und kan es doch gar nicht (oder nicht anders als nur in einerley Gestalt) erlangen, pflegen unsere Evangelische Lehrer die angefochtenen Personen mit dem dicto Augustini zu trösten, Crede & manducasti. Wenn du gläubest, so ist es so gut als wenn du das heilige Nachtmahl genossen hättest. XXIV. Solte aber einen, aus obspecificirten guten Absichten zu denen Catholischen übertretenden Christen die Abschwerung seiner Religion nachgelassen und der Gebrauch des heiligen Nachtmahls zugelassen werden, so hätte er sich destoweniger in seinem Gewissen zu beunruhigen Ursach, je mehr er in Betrachtung zöge, was oben §. 17. aus D. Bergio angeführet worden, daß wenn wir bey dem allgemeinen Christlichen Glauben ohne Gewissens-Zwang möchten gelassen werden, wir Evangelische nicht Ursache hätten uns von denen Catholischen zu trennen. Und zwar so kömmt dieser Betrachtung billig als ein wichtiger Grund zu statten, daß unser seeliger Lutherus nie in Willens gehabt, sich von der Catholischen Kirchen abzusondern, und eine neue Kirche zu stifften, als er wider den Ablaß zu disputiren angefangen; sondern mit Worten und Wercken sattsam bezeuget, daß er alles versucht, was zu Verhinderung einer Trennung und Absonderung nur dienlich gewesen; wenn man ihn und die Seinigen nur dulden wollen, und nicht an Catholischer Seiten ausgestossen und excommuniciret hätte. Wie solches noch unlängst der seel. Herr D. Spener in Rettung der Evangelischen Kirchen wider M. Graben cap. 2. §. 78. biß 89. p. 154. sq. stattlich ausgeführet, und sind sonderlich die Worte Lutheri aus einem Briefe, den er an den Pabst geschrieben, merckwürdig: Nun allerheiligster Vater, ich bezeuge für GOtt und allen seinen Creaturen, daß ich nie Willens gewest, noch heutiges Tages bin, daß ich mir mit Ernst hätte fürgesetzt, der Römischen Kirchen und Euer Heiligkeit auf einerley Weise anzugreiffen, oder mit irgend einer List etwas abzubrechen. Ja ich bekenne frey, daß dieser Kirchen-Gewalt über alles sey, und ihr nichts weder im Himmel noch auf Erden könne fürgezogen werden, denn allein JEsus Christus der HErr über alles. Dero halben wolle Euer Heiligkeit bösen falschen Lästermäulern nicht Glauben geben, die von Luthero anders sagen, oder ihm auflegen, u. s. w. Zu <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0028" n="20"/><note place="left">hätte wenn ihm gleich das Nachtmahl nur unter einer Gestalt gereichet würde.)</note>Seelen Seeligkeit nicht zu zweiflen hat, wenn nur die Schuld nicht an ihm lieget, daß er dasselbige verachtet, und da man es ihm zu reichen bereit ist, dennoch nicht annehmen will. In dergleichen Fällen aber, wo die Schuld nicht an demjenigen liegt, der das heilige Abendmahl gerne hätte, und kan es doch gar nicht (oder nicht anders als nur in einerley Gestalt) erlangen, pflegen unsere Evangelische Lehrer die angefochtenen Personen mit dem dicto Augustini zu trösten, Crede & manducasti. Wenn du gläubest, so ist es so gut als wenn du das heilige Nachtmahl genossen hättest.</p> <note place="left">Sintemahl Lutherus selbsten sich nie von der Catholischẽ Kirche würde getrennet haben, wenn man ihn nicht mit Gewalt davon gestossen hätte.</note> <p>XXIV. Solte aber einen, aus obspecificirten guten Absichten zu denen Catholischen übertretenden Christen die Abschwerung seiner Religion nachgelassen und der Gebrauch des heiligen Nachtmahls zugelassen werden, so hätte er sich destoweniger in seinem Gewissen zu beunruhigen Ursach, je mehr er in Betrachtung zöge, was oben §. 17. aus D. Bergio angeführet worden, daß wenn wir bey dem allgemeinen Christlichen Glauben ohne Gewissens-Zwang möchten gelassen werden, wir Evangelische nicht Ursache hätten uns von denen Catholischen zu trennen. Und zwar so kömmt dieser Betrachtung billig als ein wichtiger Grund zu statten, daß unser seeliger Lutherus nie in Willens gehabt, sich von der Catholischen Kirchen abzusondern, und eine neue Kirche zu stifften, als er wider den Ablaß zu disputiren angefangen; sondern mit Worten und Wercken sattsam bezeuget, daß er alles versucht, was zu Verhinderung einer Trennung und Absonderung nur dienlich gewesen; wenn man ihn und die Seinigen nur dulden wollen, und nicht an Catholischer Seiten ausgestossen und excommuniciret hätte. Wie solches noch unlängst der seel. Herr D. Spener in Rettung der Evangelischen Kirchen wider M. Graben cap. 2. §. 78. biß 89. p. 154. sq. stattlich ausgeführet, und sind sonderlich die Worte Lutheri aus einem Briefe, den er an den Pabst geschrieben, merckwürdig: Nun allerheiligster Vater, ich bezeuge für GOtt und allen seinen Creaturen, daß ich nie Willens gewest, noch heutiges Tages bin, daß ich mir mit Ernst hätte fürgesetzt, der Römischen Kirchen und Euer Heiligkeit auf einerley Weise anzugreiffen, oder mit irgend einer List etwas abzubrechen. Ja ich bekenne frey, daß dieser Kirchen-Gewalt über alles sey, und ihr nichts weder im Himmel noch auf Erden könne fürgezogen werden, denn allein JEsus Christus der HErr über alles. Dero halben wolle Euer Heiligkeit bösen falschen Lästermäulern nicht Glauben geben, die von Luthero anders sagen, oder ihm auflegen, u. s. w. Zu </p> </div> </body> </text> </TEI> [20/0028]
Seelen Seeligkeit nicht zu zweiflen hat, wenn nur die Schuld nicht an ihm lieget, daß er dasselbige verachtet, und da man es ihm zu reichen bereit ist, dennoch nicht annehmen will. In dergleichen Fällen aber, wo die Schuld nicht an demjenigen liegt, der das heilige Abendmahl gerne hätte, und kan es doch gar nicht (oder nicht anders als nur in einerley Gestalt) erlangen, pflegen unsere Evangelische Lehrer die angefochtenen Personen mit dem dicto Augustini zu trösten, Crede & manducasti. Wenn du gläubest, so ist es so gut als wenn du das heilige Nachtmahl genossen hättest.
hätte wenn ihm gleich das Nachtmahl nur unter einer Gestalt gereichet würde.) XXIV. Solte aber einen, aus obspecificirten guten Absichten zu denen Catholischen übertretenden Christen die Abschwerung seiner Religion nachgelassen und der Gebrauch des heiligen Nachtmahls zugelassen werden, so hätte er sich destoweniger in seinem Gewissen zu beunruhigen Ursach, je mehr er in Betrachtung zöge, was oben §. 17. aus D. Bergio angeführet worden, daß wenn wir bey dem allgemeinen Christlichen Glauben ohne Gewissens-Zwang möchten gelassen werden, wir Evangelische nicht Ursache hätten uns von denen Catholischen zu trennen. Und zwar so kömmt dieser Betrachtung billig als ein wichtiger Grund zu statten, daß unser seeliger Lutherus nie in Willens gehabt, sich von der Catholischen Kirchen abzusondern, und eine neue Kirche zu stifften, als er wider den Ablaß zu disputiren angefangen; sondern mit Worten und Wercken sattsam bezeuget, daß er alles versucht, was zu Verhinderung einer Trennung und Absonderung nur dienlich gewesen; wenn man ihn und die Seinigen nur dulden wollen, und nicht an Catholischer Seiten ausgestossen und excommuniciret hätte. Wie solches noch unlängst der seel. Herr D. Spener in Rettung der Evangelischen Kirchen wider M. Graben cap. 2. §. 78. biß 89. p. 154. sq. stattlich ausgeführet, und sind sonderlich die Worte Lutheri aus einem Briefe, den er an den Pabst geschrieben, merckwürdig: Nun allerheiligster Vater, ich bezeuge für GOtt und allen seinen Creaturen, daß ich nie Willens gewest, noch heutiges Tages bin, daß ich mir mit Ernst hätte fürgesetzt, der Römischen Kirchen und Euer Heiligkeit auf einerley Weise anzugreiffen, oder mit irgend einer List etwas abzubrechen. Ja ich bekenne frey, daß dieser Kirchen-Gewalt über alles sey, und ihr nichts weder im Himmel noch auf Erden könne fürgezogen werden, denn allein JEsus Christus der HErr über alles. Dero halben wolle Euer Heiligkeit bösen falschen Lästermäulern nicht Glauben geben, die von Luthero anders sagen, oder ihm auflegen, u. s. w. Zu
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/28>, abgerufen am 16.02.2025. |