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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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wolle, so zeiget doch die von denen beyden Predigern gegebene Antwort, daß sie diese unverdiente Gnaden-Bezeigung, da es noch Zeit war, nicht angenommen, sondern vielmehr durch ihre Antwort von sich gestossen, und Se. Durchlauchtigkeit dadurch nothwendig mehr und mehr wider sie irritiret. Es würde aber doch dieses alles verhoffentlich nicht geschehen seyn, wenn die Prediger sich nicht auf eine nachdrückliche Assistenz in dem Lehr-Wehr- und Nehrstande versehen hätten, davon die mir nicht unbekanten Particular-Umstände zu entdecken theils nicht eben nöthig, theils auch sonst aus vielen Ursachen bedencklich ist.

Was bey Erwehlung eines andern Beicht-Vaters vorgegangen.

§. VII. Diese Zuversicht stärckte sie in ihren Vorhaben dergestalt, daß sie den 25. October in ihren Predigten wieder ziemlich fcharffe und nachdenckliche Worte gebraucht, wiewohl dieselben doch so eingerichtet gewesen, daß diejenigen, so vorhin nicht von der Sache gewust, nicht eben so deutlich mercken können, worauf sie gezielet. Ja sie wurden noch zu mehrerer Hartnäckigkeit angereitzet, als sie erfuhren, daß, da einer von der Fürstlichen Familie auf einem seiner Landgüter communiciren wollen, der dasige Prediger, es sey nun aus Einfalt, oder aus Furcht, oder aus Dedekennischer Orthodoxie, dieses zu thun difficultiret, ja daß ein anderer Prediger, bey welchen Serenissimus selbst gleichsam ad interim confitiren wollen, gleichfalls zuvorher gewisse Pacta aufzurichten praetendiret. Aber sie machten damit nur Ubel ärger, und forcirten gleichsam S. Hochfürstl. Durchlauchtigkeit, daß sie den Abt S. zu sich kommen liessen, und ihm anzeigten, daß sie in der Schloß-Kirchen nebst ihren Fürstlichen Kindern bey ihm consitiren wolten, daferne er nicht darüber einen Scrupel hätte; nachdem nun dieser sich dazu gutwillig erklähret, und nur verlanget, daß deßhalb aus dem Consistorio ein Rescript an ihn ergehen möchte, so ist solches so bald den 28. October bewerckstelliget und selbiges dem Abt insinuiret worden. Das Rescript lautet also: Nach dem wir aus bewegenden Ursachen gnädigst resolviret, euch zu unsern Beicht-Vater zu erwehlen; und uns deßfalls nechst künftigen Sonnabends und Sonntags, auch ferner, so offt wir es nöthig finden werden, eures Amts zu bedienen; so haben wir euch solches hiemit gnädigst eröffnen wollen, und habt ihr euch zu solchem Ende in unserer Schloß-Capelle zu gewöhnlicher Zeit anzufinden, auch gefast zu halten, daß ihr Sonntags, wenn wir communiciren, die Meß-Predigt verrichtet, und die Sacra ferner administriret, und könnet ihr einen derer ordinirten Collegiaten aus dem Kloster Riddagshausen mit euch

wolle, so zeiget doch die von denen beyden Predigern gegebene Antwort, daß sie diese unverdiente Gnaden-Bezeigung, da es noch Zeit war, nicht angenommen, sondern vielmehr durch ihre Antwort von sich gestossen, und Se. Durchlauchtigkeit dadurch nothwendig mehr und mehr wider sie irritiret. Es würde aber doch dieses alles verhoffentlich nicht geschehen seyn, wenn die Prediger sich nicht auf eine nachdrückliche Assistenz in dem Lehr-Wehr- und Nehrstande versehen hätten, davon die mir nicht unbekanten Particular-Umstände zu entdecken theils nicht eben nöthig, theils auch sonst aus vielen Ursachen bedencklich ist.

Was bey Erwehlung eines andern Beicht-Vaters vorgegangen.

§. VII. Diese Zuversicht stärckte sie in ihren Vorhaben dergestalt, daß sie den 25. October in ihren Predigten wieder ziemlich fcharffe und nachdenckliche Worte gebraucht, wiewohl dieselben doch so eingerichtet gewesen, daß diejenigen, so vorhin nicht von der Sache gewust, nicht eben so deutlich mercken können, worauf sie gezielet. Ja sie wurden noch zu mehrerer Hartnäckigkeit angereitzet, als sie erfuhren, daß, da einer von der Fürstlichen Familie auf einem seiner Landgüter communiciren wollen, der dasige Prediger, es sey nun aus Einfalt, oder aus Furcht, oder aus Dedekennischer Orthodoxie, dieses zu thun difficultiret, ja daß ein anderer Prediger, bey welchen Serenissimus selbst gleichsam ad interim confitiren wollen, gleichfalls zuvorher gewisse Pacta aufzurichten praetendiret. Aber sie machten damit nur Ubel ärger, und forcirten gleichsam S. Hochfürstl. Durchlauchtigkeit, daß sie den Abt S. zu sich kommen liessen, und ihm anzeigten, daß sie in der Schloß-Kirchen nebst ihren Fürstlichen Kindern bey ihm consitiren wolten, daferne er nicht darüber einen Scrupel hätte; nachdem nun dieser sich dazu gutwillig erklähret, und nur verlanget, daß deßhalb aus dem Consistorio ein Rescript an ihn ergehen möchte, so ist solches so bald den 28. October bewerckstelliget und selbiges dem Abt insinuiret worden. Das Rescript lautet also: Nach dem wir aus bewegenden Ursachen gnädigst resolviret, euch zu unsern Beicht-Vater zu erwehlen; und uns deßfalls nechst künftigen Sonnabends und Soñtags, auch ferner, so offt wir es nöthig finden werden, eures Amts zu bedienen; so haben wir euch solches hiemit gnädigst eröffnen wollen, und habt ihr euch zu solchem Ende in unserer Schloß-Capelle zu gewöhnlicher Zeit anzufinden, auch gefast zu halten, daß ihr Sonntags, wenn wir communiciren, die Meß-Predigt verrichtet, und die Sacra ferner administriret, und köñet ihr einen derer ordinirten Collegiaten aus dem Kloster Riddagshausen mit euch

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[214/0222] wolle, so zeiget doch die von denen beyden Predigern gegebene Antwort, daß sie diese unverdiente Gnaden-Bezeigung, da es noch Zeit war, nicht angenommen, sondern vielmehr durch ihre Antwort von sich gestossen, und Se. Durchlauchtigkeit dadurch nothwendig mehr und mehr wider sie irritiret. Es würde aber doch dieses alles verhoffentlich nicht geschehen seyn, wenn die Prediger sich nicht auf eine nachdrückliche Assistenz in dem Lehr-Wehr- und Nehrstande versehen hätten, davon die mir nicht unbekanten Particular-Umstände zu entdecken theils nicht eben nöthig, theils auch sonst aus vielen Ursachen bedencklich ist. §. VII. Diese Zuversicht stärckte sie in ihren Vorhaben dergestalt, daß sie den 25. October in ihren Predigten wieder ziemlich fcharffe und nachdenckliche Worte gebraucht, wiewohl dieselben doch so eingerichtet gewesen, daß diejenigen, so vorhin nicht von der Sache gewust, nicht eben so deutlich mercken können, worauf sie gezielet. Ja sie wurden noch zu mehrerer Hartnäckigkeit angereitzet, als sie erfuhren, daß, da einer von der Fürstlichen Familie auf einem seiner Landgüter communiciren wollen, der dasige Prediger, es sey nun aus Einfalt, oder aus Furcht, oder aus Dedekennischer Orthodoxie, dieses zu thun difficultiret, ja daß ein anderer Prediger, bey welchen Serenissimus selbst gleichsam ad interim confitiren wollen, gleichfalls zuvorher gewisse Pacta aufzurichten praetendiret. Aber sie machten damit nur Ubel ärger, und forcirten gleichsam S. Hochfürstl. Durchlauchtigkeit, daß sie den Abt S. zu sich kommen liessen, und ihm anzeigten, daß sie in der Schloß-Kirchen nebst ihren Fürstlichen Kindern bey ihm consitiren wolten, daferne er nicht darüber einen Scrupel hätte; nachdem nun dieser sich dazu gutwillig erklähret, und nur verlanget, daß deßhalb aus dem Consistorio ein Rescript an ihn ergehen möchte, so ist solches so bald den 28. October bewerckstelliget und selbiges dem Abt insinuiret worden. Das Rescript lautet also: Nach dem wir aus bewegenden Ursachen gnädigst resolviret, euch zu unsern Beicht-Vater zu erwehlen; und uns deßfalls nechst künftigen Sonnabends und Soñtags, auch ferner, so offt wir es nöthig finden werden, eures Amts zu bedienen; so haben wir euch solches hiemit gnädigst eröffnen wollen, und habt ihr euch zu solchem Ende in unserer Schloß-Capelle zu gewöhnlicher Zeit anzufinden, auch gefast zu halten, daß ihr Sonntags, wenn wir communiciren, die Meß-Predigt verrichtet, und die Sacra ferner administriret, und köñet ihr einen derer ordinirten Collegiaten aus dem Kloster Riddagshausen mit euch

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/222>, abgerufen am 23.11.2024.