Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.Amts noch vielmehr dahin zu sehen verbunden ist, daß durch dergleichen aufrührische und S. Höchste Person beschimpfliche Predigten kein Tumult und Aufstand in dem gemeinen Wesen erreget werde; Carpz. d. l. 3. def. 102. Und hat nach der zwey Prediger eigenen Ausspruch bey gegenwärtigen casu Serenissimus princeps mehr auf Handhabung der Gerechtigkeit als auf Erweisung der Barmhertzigkeit zu reflectiren, indem sie in ihren Schreiben sub n. 1. melden, daß die delicta, quae sine exemplo sunt, enormitatem criminis exaggerirten, und man aus GOttes Wort und denen Exempeln an Nadab, Abihu, Usa, u. s. w. zu lernen habe, daß das erste Sünden-Exempel auch für andern exemplariter zu bestraffen sey. Nun ist aber ihre Begünstigung, und daß sie sich Serenissimo dergestalt ohne Ursach widersetzt, und ihn mit der Excommunication, so viel an ihnen gewesen, belegen wollen, das erste Sünden-Exempel unter Protestirenden Fürsten, indem man sonsten seit der Reformation nicht gehöret, daß sich ein Lutherischer Prediger unterstanden hätte, dergleichen Frevel vorzunehmen, und haben sie also mit diesen Worten, mit welchen sie Seine Hochfürstliche Durchlauchtigkeit zu beschimpffen bedacht, sich selbst das Urtheil gesprochen. IIX. Zwar möchte dieses eintzige für sie angeführet werden dörffen, daß die armen Leute nicht so wohl dolo als ignorantia und zwar invincibili gesündiget hätten, indem sie von Jugend auf nichts anders als die Lehren de jure excommunicandi principes iisque in rebus ad officium Pastorum pertinentibus obedientiam denegandi, in ihren Hülsemanno, Dedekenno Consiliis Wittebergensibus nicht anders gelernet, auch vielleicht von ihren Praeceptoribus vivis nicht anders gehöret, und daß nach dem bekannten Juristischen brocardico, etiam fatua causa excuset a dolo; zugeschweigen daß sie auch Prediger und also in honorem ministerii mit schimpflicher Straffe zu verschonen wären, ne plebs contemtui habeat Pastores Ecclesiae, si videat eos ut Laicos puniri secundum communem Dd. opinionem, zumahlen da ohne dem in Kayserlichen Rechten versehen wäre; daß grosse Herren auch die Schmähungen ihrer Unterthanen, wie viel mehr aber der Prediger in keine Consideration zu ziehen hätten. Si namque maledictum ex levitate processerit, contemnendum, si ex insania, miseratione dignissimum, si ab injuria, remittendum est sive condonandum l. un. C. si quis Imp. maledix. Carpzov. Pr. Crim. P. I. p. 41. n. 114. seq. Alleine gleichwie noch in Zweiffel stehet, ob der canon de excusatione doli nicht inter brocardica fatua zu rechnen sey; und ob Amts noch vielmehr dahin zu sehen verbunden ist, daß durch dergleichen aufrührische und S. Höchste Person beschimpfliche Predigten kein Tumult und Aufstand in dem gemeinen Wesen erreget werde; Carpz. d. l. 3. def. 102. Und hat nach der zwey Prediger eigenen Ausspruch bey gegenwärtigen casu Serenissimus princeps mehr auf Handhabung der Gerechtigkeit als auf Erweisung der Barmhertzigkeit zu reflectiren, indem sie in ihren Schreiben sub n. 1. melden, daß die delicta, quae sine exemplo sunt, enormitatem criminis exaggerirten, und man aus GOttes Wort und denen Exempeln an Nadab, Abihu, Usa, u. s. w. zu lernen habe, daß das erste Sünden-Exempel auch für andern exemplariter zu bestraffen sey. Nun ist aber ihre Begünstigung, und daß sie sich Serenissimo dergestalt ohne Ursach widersetzt, und ihn mit der Excommunication, so viel an ihnen gewesen, belegen wollen, das erste Sünden-Exempel unter Protestirenden Fürsten, indem man sonsten seit der Reformation nicht gehöret, daß sich ein Lutherischer Prediger unterstanden hätte, dergleichen Frevel vorzunehmen, und haben sie also mit diesen Worten, mit welchen sie Seine Hochfürstliche Durchlauchtigkeit zu beschimpffen bedacht, sich selbst das Urtheil gesprochen. IIX. Zwar möchte dieses eintzige für sie angeführet werden dörffen, daß die armen Leute nicht so wohl dolo als ignorantia und zwar invincibili gesündiget hätten, indem sie von Jugend auf nichts anders als die Lehren de jure excommunicandi principes iisque in rebus ad officium Pastorum pertinentibus obedientiam denegandi, in ihren Hülsemanno, Dedekenno Consiliis Wittebergensibus nicht anders gelernet, auch vielleicht von ihren Praeceptoribus vivis nicht anders gehöret, und daß nach dem bekannten Juristischen brocardico, etiam fatua causa excuset a dolo; zugeschweigen daß sie auch Prediger und also in honorem ministerii mit schimpflicher Straffe zu verschonen wären, ne plebs contemtui habeat Pastores Ecclesiae, si videat eos ut Laicos puniri secundum communem Dd. opinionem, zumahlen da ohne dem in Kayserlichen Rechten versehen wäre; daß grosse Herren auch die Schmähungen ihrer Unterthanen, wie viel mehr aber der Prediger in keine Consideration zu ziehen hätten. Si namque maledictum ex levitate processerit, contemnendum, si ex insania, miseratione dignissimum, si ab injuria, remittendum est sive condonandum l. un. C. si quis Imp. maledix. Carpzov. Pr. Crim. P. I. p. 41. n. 114. seq. Alleine gleichwie noch in Zweiffel stehet, ob der canon de excusatione doli nicht inter brocardica fatua zu rechnen sey; und ob <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0196" n="188"/> Amts noch vielmehr dahin zu sehen verbunden ist, daß durch dergleichen aufrührische und S. Höchste Person beschimpfliche Predigten kein Tumult und Aufstand in dem gemeinen Wesen erreget werde; Carpz. <hi rendition="#i">d. l. 3. def. 102.</hi> Und hat nach der zwey Prediger eigenen Ausspruch bey gegenwärtigen casu Serenissimus princeps mehr auf Handhabung der Gerechtigkeit als auf Erweisung der Barmhertzigkeit zu reflectiren, indem sie in ihren Schreiben sub n. 1. melden, daß die <hi rendition="#i">delicta, quae sine exemplo sunt, enormitatem criminis exaggerirt</hi>en, und man aus GOttes Wort und denen Exempeln an <hi rendition="#i">Nadab, Abihu, Usa</hi>, u. s. w. zu lernen habe, daß das erste Sünden-Exempel auch für andern <hi rendition="#i">exemplari</hi>ter zu bestraffen sey. Nun ist aber ihre Begünstigung, und daß sie sich Serenissimo dergestalt ohne Ursach widersetzt, und ihn mit der Excommunication, so viel an ihnen gewesen, belegen wollen, das erste Sünden-Exempel unter Protestirenden Fürsten, indem man sonsten seit der Reformation nicht gehöret, daß sich ein Lutherischer Prediger unterstanden hätte, dergleichen Frevel vorzunehmen, und haben sie also mit diesen Worten, mit welchen sie Seine Hochfürstliche Durchlauchtigkeit zu beschimpffen bedacht, sich selbst das Urtheil gesprochen.</p> <note place="left">(IIX) Beantwortung der pro mitigatione poenae etwa vorzubringenden Ursachen.</note> <p>IIX. Zwar möchte dieses eintzige für sie angeführet werden dörffen, daß die armen Leute nicht so wohl dolo als ignorantia und zwar invincibili gesündiget hätten, indem sie von Jugend auf nichts anders als die Lehren de jure excommunicandi principes iisque in rebus ad officium Pastorum pertinentibus obedientiam denegandi, in ihren Hülsemanno, Dedekenno Consiliis Wittebergensibus nicht anders gelernet, auch vielleicht von ihren Praeceptoribus vivis nicht anders gehöret, und daß nach dem bekannten Juristischen brocardico, etiam fatua causa excuset a dolo; zugeschweigen daß sie auch Prediger und also in honorem ministerii mit schimpflicher Straffe zu verschonen wären, ne plebs contemtui habeat Pastores Ecclesiae, si videat eos ut Laicos puniri <hi rendition="#i">secundum communem Dd. opinionem</hi>, zumahlen da ohne dem in Kayserlichen Rechten versehen wäre; daß grosse Herren auch die Schmähungen ihrer Unterthanen, wie viel mehr aber der Prediger in keine Consideration zu ziehen hätten. Si namque maledictum ex levitate processerit, contemnendum, si ex insania, miseratione dignissimum, si ab injuria, remittendum est sive condonandum <hi rendition="#i">l. un. C. si quis Imp. maledix.</hi> Carpzov. <hi rendition="#i">Pr. Crim. P. I. p. 41. n. 114. seq.</hi> Alleine gleichwie noch in Zweiffel stehet, ob der canon de excusatione doli nicht inter brocardica fatua zu rechnen sey; und ob </p> </div> </body> </text> </TEI> [188/0196]
Amts noch vielmehr dahin zu sehen verbunden ist, daß durch dergleichen aufrührische und S. Höchste Person beschimpfliche Predigten kein Tumult und Aufstand in dem gemeinen Wesen erreget werde; Carpz. d. l. 3. def. 102. Und hat nach der zwey Prediger eigenen Ausspruch bey gegenwärtigen casu Serenissimus princeps mehr auf Handhabung der Gerechtigkeit als auf Erweisung der Barmhertzigkeit zu reflectiren, indem sie in ihren Schreiben sub n. 1. melden, daß die delicta, quae sine exemplo sunt, enormitatem criminis exaggerirten, und man aus GOttes Wort und denen Exempeln an Nadab, Abihu, Usa, u. s. w. zu lernen habe, daß das erste Sünden-Exempel auch für andern exemplariter zu bestraffen sey. Nun ist aber ihre Begünstigung, und daß sie sich Serenissimo dergestalt ohne Ursach widersetzt, und ihn mit der Excommunication, so viel an ihnen gewesen, belegen wollen, das erste Sünden-Exempel unter Protestirenden Fürsten, indem man sonsten seit der Reformation nicht gehöret, daß sich ein Lutherischer Prediger unterstanden hätte, dergleichen Frevel vorzunehmen, und haben sie also mit diesen Worten, mit welchen sie Seine Hochfürstliche Durchlauchtigkeit zu beschimpffen bedacht, sich selbst das Urtheil gesprochen.
IIX. Zwar möchte dieses eintzige für sie angeführet werden dörffen, daß die armen Leute nicht so wohl dolo als ignorantia und zwar invincibili gesündiget hätten, indem sie von Jugend auf nichts anders als die Lehren de jure excommunicandi principes iisque in rebus ad officium Pastorum pertinentibus obedientiam denegandi, in ihren Hülsemanno, Dedekenno Consiliis Wittebergensibus nicht anders gelernet, auch vielleicht von ihren Praeceptoribus vivis nicht anders gehöret, und daß nach dem bekannten Juristischen brocardico, etiam fatua causa excuset a dolo; zugeschweigen daß sie auch Prediger und also in honorem ministerii mit schimpflicher Straffe zu verschonen wären, ne plebs contemtui habeat Pastores Ecclesiae, si videat eos ut Laicos puniri secundum communem Dd. opinionem, zumahlen da ohne dem in Kayserlichen Rechten versehen wäre; daß grosse Herren auch die Schmähungen ihrer Unterthanen, wie viel mehr aber der Prediger in keine Consideration zu ziehen hätten. Si namque maledictum ex levitate processerit, contemnendum, si ex insania, miseratione dignissimum, si ab injuria, remittendum est sive condonandum l. un. C. si quis Imp. maledix. Carpzov. Pr. Crim. P. I. p. 41. n. 114. seq. Alleine gleichwie noch in Zweiffel stehet, ob der canon de excusatione doli nicht inter brocardica fatua zu rechnen sey; und ob
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI.
(2013-02-15T13:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss. Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-02-15T13:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |