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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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Landes-Fürsten selbst angehet. Hätten sie gemeinet, daß sie mit guten Gewissen zu der Sache nicht stille schweigen könten, warum haben sie nicht bey dem Consistorio Rath gesucht? Warum haben sie alles nach ihren eigenen Kopffe gethan? Ja endlich wie können sie verantworten, daß sie sich unterstanden S. Hochfürstl. Durchl. Theologische Facultäten und Collegia disfalls zu Richtern fürzuschlagen, und solchergestalt dem papistischen Clero nachzuahmen, der eben dadurch der weltlichen Bothmässigkeit sich entzogen, weil er ein eigenes Caput extra Rempublicam agnosciret? Man mercket zwar wohl daß die zwey Prediger in ihren andern Schreiben, da sie genöthiget gewesen zu sagen, was sie durch den Gebrauch des Bindeschlüssels in ersten Schreiben verstünden, ihre böse Sache zu beschönen gemeldet, sie hätten gemeinet, sich nur bey Theologischen Facultäten informiren zu lassen, ob sie den Bindeschlüssel zu brauchen hätten. Aber wie ohne dem alle Umstände weisen, daß sie schon beschlossen S. Hochsürstl. Durchl. nicht zu absolviren, und dieses nur ein blosser Praetext gewesen, unter welchen sie die Sache mit zweydeutiger Antwort aufhalten, in der That aber ihren Zweck erhalten können; also haben sie durch diese Beschönigung ihre Sache nicht besser sondern schlimmer gemacht, weil der höchsten Autorität eines Fürsten nicht weher geschehen kan, als, wenn Unterthanen, denen er etwas befielet, ihm unter diesen Praetext den Gehorsam versagen, daß sie andre erst consuliren wolten, ob sie zu gehorchen schuldig wären.

VII. Wie nun dieses alles böse und ärgerliche Thaten seyn;(VII) Welches alles als bißher unerhört nach ihren eigenen Ausspruch mit scharffer Straffe beleget zu werden verdienet. Also hat S. Hochfürstl. Durchl. solche billig dergestalt anzusehen, damit durch unterlassene Anthung derselben nicht übel ärger werde, und nicht nur ihnen selbst, sondern auch allen Evangelischen Potenzen ein unwiederbringlicher Schaden an ihren höchsten regali circa sacra zu wachsen möge. Denn wie der Schade, so aus solchen Nachsehen zu entstehen pfleget ex Grotio de imperio summar. potest. circa sacra cap. 9. §. 20. allbereit oben ad quaest. 1. in respons. ad rat. dub. primam mit mehrerern Umständen dargethan worden; Also ist hierbey nicht zu vergessen, daß der Princeps schuldig ist, ohnerachtet der Sophistereyen, damit Hülsemann diese wahre Meynung bestreitet de corrept. fraterna p. 324. seq. n. 339. seq. denen Privat-Personen, welche in ihren Predigten von denen Predigern geschmähet worden, den processum injuriarum zu öffnen, auch die schmähende Prediger deshalb zu bestraffen und dem Klagenden Satisfaction zu schaffen, Carpz. Jurispr. Consist. lib. 3. def. 98. Joh. Georg. Simon peculiari hac de re disputatione; solchergestalt aber derselbe krafft seines

Landes-Fürsten selbst angehet. Hätten sie gemeinet, daß sie mit guten Gewissen zu der Sache nicht stille schweigen könten, warum haben sie nicht bey dem Consistorio Rath gesucht? Warum haben sie alles nach ihren eigenen Kopffe gethan? Ja endlich wie können sie verantworten, daß sie sich unterstanden S. Hochfürstl. Durchl. Theologische Facultäten und Collegia disfalls zu Richtern fürzuschlagen, und solchergestalt dem papistischen Clero nachzuahmen, der eben dadurch der weltlichen Bothmässigkeit sich entzogen, weil er ein eigenes Caput extra Rempublicam agnosciret? Man mercket zwar wohl daß die zwey Prediger in ihren andern Schreiben, da sie genöthiget gewesen zu sagen, was sie durch den Gebrauch des Bindeschlüssels in ersten Schreiben verstünden, ihre böse Sache zu beschönen gemeldet, sie hätten gemeinet, sich nur bey Theologischen Facultäten informiren zu lassen, ob sie den Bindeschlüssel zu brauchen hätten. Aber wie ohne dem alle Umstände weisen, daß sie schon beschlossen S. Hochsürstl. Durchl. nicht zu absolviren, und dieses nur ein blosser Praetext gewesen, unter welchen sie die Sache mit zweydeutiger Antwort aufhalten, in der That aber ihren Zweck erhalten können; also haben sie durch diese Beschönigung ihre Sache nicht besser sondern schlimmer gemacht, weil der höchsten Autorität eines Fürsten nicht weher geschehen kan, als, wenn Unterthanen, denen er etwas befielet, ihm unter diesen Praetext den Gehorsam versagen, daß sie andre erst consuliren wolten, ob sie zu gehorchen schuldig wären.

VII. Wie nun dieses alles böse und ärgerliche Thaten seyn;(VII) Welches alles als bißher unerhört nach ihren eigenen Ausspruch mit scharffer Straffe beleget zu werden verdienet. Also hat S. Hochfürstl. Durchl. solche billig dergestalt anzusehen, damit durch unterlassene Anthung derselben nicht übel ärger werde, und nicht nur ihnen selbst, sondern auch allen Evangelischen Potenzen ein unwiederbringlicher Schaden an ihren höchsten regali circa sacra zu wachsen möge. Denn wie der Schade, so aus solchen Nachsehen zu entstehen pfleget ex Grotio de imperio summar. potest. circa sacra cap. 9. §. 20. allbereit oben ad quaest. 1. in respons. ad rat. dub. primam mit mehrerern Umständen dargethan worden; Also ist hierbey nicht zu vergessen, daß der Princeps schuldig ist, ohnerachtet der Sophistereyen, damit Hülsemann diese wahre Meynung bestreitet de corrept. fraterna p. 324. seq. n. 339. seq. denen Privat-Personen, welche in ihren Predigten von denen Predigern geschmähet worden, den processum injuriarum zu öffnen, auch die schmähende Prediger deshalb zu bestraffen und dem Klagenden Satisfaction zu schaffen, Carpz. Jurispr. Consist. lib. 3. def. 98. Joh. Georg. Simon peculiari hac de re disputatione; solchergestalt aber derselbe krafft seines

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[187/0195] Landes-Fürsten selbst angehet. Hätten sie gemeinet, daß sie mit guten Gewissen zu der Sache nicht stille schweigen könten, warum haben sie nicht bey dem Consistorio Rath gesucht? Warum haben sie alles nach ihren eigenen Kopffe gethan? Ja endlich wie können sie verantworten, daß sie sich unterstanden S. Hochfürstl. Durchl. Theologische Facultäten und Collegia disfalls zu Richtern fürzuschlagen, und solchergestalt dem papistischen Clero nachzuahmen, der eben dadurch der weltlichen Bothmässigkeit sich entzogen, weil er ein eigenes Caput extra Rempublicam agnosciret? Man mercket zwar wohl daß die zwey Prediger in ihren andern Schreiben, da sie genöthiget gewesen zu sagen, was sie durch den Gebrauch des Bindeschlüssels in ersten Schreiben verstünden, ihre böse Sache zu beschönen gemeldet, sie hätten gemeinet, sich nur bey Theologischen Facultäten informiren zu lassen, ob sie den Bindeschlüssel zu brauchen hätten. Aber wie ohne dem alle Umstände weisen, daß sie schon beschlossen S. Hochsürstl. Durchl. nicht zu absolviren, und dieses nur ein blosser Praetext gewesen, unter welchen sie die Sache mit zweydeutiger Antwort aufhalten, in der That aber ihren Zweck erhalten können; also haben sie durch diese Beschönigung ihre Sache nicht besser sondern schlimmer gemacht, weil der höchsten Autorität eines Fürsten nicht weher geschehen kan, als, wenn Unterthanen, denen er etwas befielet, ihm unter diesen Praetext den Gehorsam versagen, daß sie andre erst consuliren wolten, ob sie zu gehorchen schuldig wären. VII. Wie nun dieses alles böse und ärgerliche Thaten seyn; Also hat S. Hochfürstl. Durchl. solche billig dergestalt anzusehen, damit durch unterlassene Anthung derselben nicht übel ärger werde, und nicht nur ihnen selbst, sondern auch allen Evangelischen Potenzen ein unwiederbringlicher Schaden an ihren höchsten regali circa sacra zu wachsen möge. Denn wie der Schade, so aus solchen Nachsehen zu entstehen pfleget ex Grotio de imperio summar. potest. circa sacra cap. 9. §. 20. allbereit oben ad quaest. 1. in respons. ad rat. dub. primam mit mehrerern Umständen dargethan worden; Also ist hierbey nicht zu vergessen, daß der Princeps schuldig ist, ohnerachtet der Sophistereyen, damit Hülsemann diese wahre Meynung bestreitet de corrept. fraterna p. 324. seq. n. 339. seq. denen Privat-Personen, welche in ihren Predigten von denen Predigern geschmähet worden, den processum injuriarum zu öffnen, auch die schmähende Prediger deshalb zu bestraffen und dem Klagenden Satisfaction zu schaffen, Carpz. Jurispr. Consist. lib. 3. def. 98. Joh. Georg. Simon peculiari hac de re disputatione; solchergestalt aber derselbe krafft seines (VII) Welches alles als bißher unerhört nach ihren eigenen Ausspruch mit scharffer Straffe beleget zu werden verdienet.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/195>, abgerufen am 27.11.2024.