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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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ber derselbe ists nicht, der dich Principaliter, insonderheit und eigentlich für seine Person strafft, sondern der H. Geist ists, der dich straffet, der mit dir durch deinen Prediger redet. Der Prediger thut nichts mehr dazu, denn daß er dem Heil. Geiste seine Zunge, Hand und Mund leihet, wenn er dir GOttes Wort prediget, und die H. Sacramenta reichet, der H. Geist aber ists, der das Wort redet und führet. Bedencke, ob du elender Mensch nicht ein crimen laesae majestatis divinae committirest, und dich an der hohen göttlichen Majestät GOttes des H. Geistes vergreiffest, wenn du so aufgeblasen, stoltz und vermessen bist, und des H. Geistes Straffe nicht leiden willst. Zu deme, wenn die Prediger die Obrigkeit straffen, so verwerffen und verdammen sie nicht das Amt der Obrigkeit an ihm selbst, sondern sie straffen die Sünde an der Obrigkeit, und den Mißbrauch des Amts.

Dreyfache Beantwortung des (I) Zweiffels.

Wann dann nicht undienlich seyn wird diesen Schein Rationibus für allen Dingen abzuhelffen, so ist auf die I. leichtlich zu antworten: 1) Daß die Exempel der Propheten und Apostel auf Papistische Weise auf das Amt unserer heutigen Prediger appliciret werden, per latius dicta in responsione ad quaestionis primae rationem dubitandi primam. 2) Ist das Dictum des Apostels: peceantes coram omnibus argue von Hülsemannen gantz unrecht appliciret worden, als ob der Apostel befohlen hätte, daß man die Sünder öffentlich prostituiren solte. Denn ob wohl unser seel. Lutherus selbst darinnen gefehlet, wenn er den Ort des Apostels übersetzet: Die da sündigen, straffe für allen, so hat doch Hülsemann dieses nicht aus Unwissenheit sondern wieder sein besseres Wissen und Gewissen gethan, indem er in eben dem Tractat §. 12. n. 272. p. 128. seq. sich selbst widerleget, wenn er schreibet: Publieum peccatum, quod Pastoraliter arguendum est, ipse sie descripsit Apostolus 1. Tim. V, 20. Peccantes coram omnibus argue. Etsi non nesciam, illud coram omnibus a quibusdam referri ad solum praedicatum: argue coram omnibus. Sed versus antecedens ostendit, subjectum propositionis non posse de occultis delictis intelligi. Und also muß es verdeutscht werden: Die da für allen oder öffentlich sündigen, die bestraffe. Nehmlich gebührend, und nicht mit öffentlicher Beschimpffung. Die fälsche Erklährung gründet sich auf Papistische Principia wie denn die Papisten auch einen andern Locum des Alten Testaments Levitici 19. v. 17. also verfälschet haben. Vulgata

ber derselbe ists nicht, der dich Principaliter, insonderheit und eigentlich für seine Person strafft, sondern der H. Geist ists, der dich straffet, der mit dir durch deinen Prediger redet. Der Prediger thut nichts mehr dazu, denn daß er dem Heil. Geiste seine Zunge, Hand und Mund leihet, wenn er dir GOttes Wort prediget, und die H. Sacramenta reichet, der H. Geist aber ists, der das Wort redet und führet. Bedencke, ob du elender Mensch nicht ein crimen laesae majestatis divinae committirest, und dich an der hohen göttlichen Majestät GOttes des H. Geistes vergreiffest, wenn du so aufgeblasen, stoltz und vermessen bist, und des H. Geistes Straffe nicht leiden willst. Zu deme, wenn die Prediger die Obrigkeit straffen, so verwerffen und verdammen sie nicht das Amt der Obrigkeit an ihm selbst, sondern sie straffen die Sünde an der Obrigkeit, und den Mißbrauch des Amts.

Dreyfache Beantwortung des (I) Zweiffels.

Wann dann nicht undienlich seyn wird diesen Schein Rationibus für allen Dingen abzuhelffen, so ist auf die I. leichtlich zu antworten: 1) Daß die Exempel der Propheten und Apostel auf Papistische Weise auf das Amt unserer heutigen Prediger appliciret werden, per latius dicta in responsione ad quaestionis primae rationem dubitandi primam. 2) Ist das Dictum des Apostels: peceantes coram omnibus argue von Hülsemannen gantz unrecht appliciret worden, als ob der Apostel befohlen hätte, daß man die Sünder öffentlich prostituiren solte. Denn ob wohl unser seel. Lutherus selbst darinnen gefehlet, wenn er den Ort des Apostels übersetzet: Die da sündigen, straffe für allen, so hat doch Hülsemann dieses nicht aus Unwissenheit sondern wieder sein besseres Wissen und Gewissen gethan, indem er in eben dem Tractat §. 12. n. 272. p. 128. seq. sich selbst widerleget, wenn er schreibet: Publieum peccatum, quod Pastoraliter arguendum est, ipse sie descripsit Apostolus 1. Tim. V, 20. Peccantes coram omnibus argue. Etsi non nesciam, illud coram omnibus a quibusdam referri ad solum praedicatum: argue coram omnibus. Sed versus antecedens ostendit, subjectum propositionis non posse de occultis delictis intelligi. Und also muß es verdeutscht werden: Die da für allen oder öffentlich sündigen, die bestraffe. Nehmlich gebührend, und nicht mit öffentlicher Beschimpffung. Die fälsche Erklährung gründet sich auf Papistische Principia wie denn die Papisten auch einen andern Locum des Alten Testaments Levitici 19. v. 17. also verfälschet haben. Vulgata

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[180/0188] ber derselbe ists nicht, der dich Principaliter, insonderheit und eigentlich für seine Person strafft, sondern der H. Geist ists, der dich straffet, der mit dir durch deinen Prediger redet. Der Prediger thut nichts mehr dazu, denn daß er dem Heil. Geiste seine Zunge, Hand und Mund leihet, wenn er dir GOttes Wort prediget, und die H. Sacramenta reichet, der H. Geist aber ists, der das Wort redet und führet. Bedencke, ob du elender Mensch nicht ein crimen laesae majestatis divinae committirest, und dich an der hohen göttlichen Majestät GOttes des H. Geistes vergreiffest, wenn du so aufgeblasen, stoltz und vermessen bist, und des H. Geistes Straffe nicht leiden willst. Zu deme, wenn die Prediger die Obrigkeit straffen, so verwerffen und verdammen sie nicht das Amt der Obrigkeit an ihm selbst, sondern sie straffen die Sünde an der Obrigkeit, und den Mißbrauch des Amts. Wann dann nicht undienlich seyn wird diesen Schein Rationibus für allen Dingen abzuhelffen, so ist auf die I. leichtlich zu antworten: 1) Daß die Exempel der Propheten und Apostel auf Papistische Weise auf das Amt unserer heutigen Prediger appliciret werden, per latius dicta in responsione ad quaestionis primae rationem dubitandi primam. 2) Ist das Dictum des Apostels: peceantes coram omnibus argue von Hülsemannen gantz unrecht appliciret worden, als ob der Apostel befohlen hätte, daß man die Sünder öffentlich prostituiren solte. Denn ob wohl unser seel. Lutherus selbst darinnen gefehlet, wenn er den Ort des Apostels übersetzet: Die da sündigen, straffe für allen, so hat doch Hülsemann dieses nicht aus Unwissenheit sondern wieder sein besseres Wissen und Gewissen gethan, indem er in eben dem Tractat §. 12. n. 272. p. 128. seq. sich selbst widerleget, wenn er schreibet: Publieum peccatum, quod Pastoraliter arguendum est, ipse sie descripsit Apostolus 1. Tim. V, 20. Peccantes coram omnibus argue. Etsi non nesciam, illud coram omnibus a quibusdam referri ad solum praedicatum: argue coram omnibus. Sed versus antecedens ostendit, subjectum propositionis non posse de occultis delictis intelligi. Und also muß es verdeutscht werden: Die da für allen oder öffentlich sündigen, die bestraffe. Nehmlich gebührend, und nicht mit öffentlicher Beschimpffung. Die fälsche Erklährung gründet sich auf Papistische Principia wie denn die Papisten auch einen andern Locum des Alten Testaments Levitici 19. v. 17. also verfälschet haben. Vulgata

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/188>, abgerufen am 23.11.2024.