Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

Bild:
<< vorherige Seite

viele von denen Politicis, sondern auch von denen Geistlichen selbst, wenn sie unsre Lehre kennen und genaue Wissenschafft darvon eingezogen haben, so viel man aus ihren Discursen vernehmen kan uns nicht verdammen: daß man aber davon in denen gedruckten Schrifften Catholischer Scribenten nichts findet, noch daraus anführen kan, ist die Ursache, weil man gemeiniglich unzeitige Eyfferer aus ihnen erwehlet, die die zu drückenden Bücher censiren müssen, und also keine andre Sentiments leiden, als die da hinaus lauffen, daß niemand in der Evangelischen Lehre, es sey die Lutherische oder die Reformirte könne seelig werden. Wir wissen auch wohl, was die Ursach sey; die diese Leute hierzu antreibet. Nemlich ihr eigenes Interesse, Reichthum und Autorität, dem viel abgehen würde, wenn sie ihre Zuhörer glauben liessen, daß man ausser der Lehre, die sie dem Volck vorsagen, die Seeligkeit erlangen könne.

III. Bey dieser Bewandnüß nun wäre es nicht zu verwundern,Die Evangelischen Lehrer brauchen mehrere Bescheidenheit. Was mit Henrico IV. dem König in Franckreich paßiret. wenn die Lehrer unserer Lutherischen und andrer Evangelischer Kirchen denen Catholischen Lehrern gleiches mit gleichen vergölten, und hinwiederum mit eben den Eyffer als jene, denen Catholischen die Seeligkeit absprächen. Aber sie haben sich schon vor langer Zeit viel vernünfftiger und bescheidener aufgeführet. Es ist bekant, daß Heinrich der vierdte König in Franckreich, der der Protestirenden Religion zugethan war, als er sahe, daß er das Königreich nicht wohl behaupten könte, wenn er nicht die Catholische Religion annähme; so wohl die Catholischen: ob er nicht bey der Evangelischen? als die Evangelischen Theologos gefragt: ob er nicht bey der Catholischen Religion könne seelig werden? Da denn jene mit Nein, diese aber mit Ja, die Frage beantwortet. Wiewohl man

viele von denen Politicis, sondern auch von denen Geistlichen selbst, wenn sie unsre Lehre kennen und genaue Wissenschafft darvon eingezogen haben, so viel man aus ihren Discursen vernehmen kan uns nicht verdammen: daß man aber davon in denen gedruckten Schrifften Catholischer Scribenten nichts findet, noch daraus anführen kan, ist die Ursache, weil man gemeiniglich unzeitige Eyfferer aus ihnen erwehlet, die die zu drückenden Bücher censiren müssen, und also keine andre Sentiments leiden, als die da hinaus lauffen, daß niemand in der Evangelischen Lehre, es sey die Lutherische oder die Reformirte könne seelig werden. Wir wissen auch wohl, was die Ursach sey; die diese Leute hierzu antreibet. Nemlich ihr eigenes Interesse, Reichthum und Autorität, dem viel abgehen würde, wenn sie ihre Zuhörer glauben liessen, daß man ausser der Lehre, die sie dem Volck vorsagen, die Seeligkeit erlangen könne.

III. Bey dieser Bewandnüß nun wäre es nicht zu verwundern,Die Evangelischen Lehrer brauchen mehrere Bescheidenheit. Was mit Henrico IV. dem König in Franckreich paßiret. wenn die Lehrer unserer Lutherischen und andrer Evangelischer Kirchen denen Catholischen Lehrern gleiches mit gleichen vergölten, und hinwiederum mit eben den Eyffer als jene, denen Catholischen die Seeligkeit absprächen. Aber sie haben sich schon vor langer Zeit viel vernünfftiger und bescheidener aufgeführet. Es ist bekant, daß Heinrich der vierdte König in Franckreich, der der Protestirenden Religion zugethan war, als er sahe, daß er das Königreich nicht wohl behaupten könte, wenn er nicht die Catholische Religion annähme; so wohl die Catholischen: ob er nicht bey der Evangelischen? als die Evangelischen Theologos gefragt: ob er nicht bey der Catholischen Religion könne seelig werden? Da denn jene mit Nein, diese aber mit Ja, die Frage beantwortet. Wiewohl man

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0013" n="5"/>
viele von denen Politicis, sondern auch von denen                      Geistlichen selbst, wenn sie unsre Lehre kennen und genaue Wissenschafft darvon                      eingezogen haben, so viel man aus ihren Discursen vernehmen kan uns nicht                      verdammen: daß man aber davon in denen gedruckten Schrifften Catholischer                      Scribenten nichts findet, noch daraus anführen kan, ist die Ursache, weil man                      gemeiniglich unzeitige Eyfferer aus ihnen erwehlet, die die zu drückenden Bücher                      censiren müssen, und also keine andre Sentiments leiden, als die da hinaus                      lauffen, daß niemand in der Evangelischen Lehre, es sey die Lutherische oder die                      Reformirte könne seelig werden. Wir wissen auch wohl, was die Ursach sey; die                      diese Leute hierzu antreibet. Nemlich ihr eigenes Interesse, Reichthum und                      Autorität, dem viel abgehen würde, wenn sie ihre Zuhörer glauben liessen, daß                      man ausser der Lehre, die sie dem Volck vorsagen, die Seeligkeit erlangen                      könne.</p>
        <p>III. Bey dieser Bewandnüß nun wäre es nicht zu verwundern,<note place="right">Die                          Evangelischen Lehrer brauchen mehrere Bescheidenheit. Was mit <hi rendition="#i">Henrico IV.</hi> dem König in Franckreich paßiret.</note>                      wenn die Lehrer unserer Lutherischen und andrer Evangelischer Kirchen denen                      Catholischen Lehrern gleiches mit gleichen vergölten, und hinwiederum mit eben                      den Eyffer als jene, denen Catholischen die Seeligkeit absprächen. Aber sie                      haben sich schon vor langer Zeit viel vernünfftiger und bescheidener                      aufgeführet. Es ist bekant, daß Heinrich der vierdte König in Franckreich, der                      der Protestirenden Religion zugethan war, als er sahe, daß er das Königreich                      nicht wohl behaupten könte, wenn er nicht die Catholische Religion annähme; so                      wohl die Catholischen: ob er nicht bey der Evangelischen? als die Evangelischen                      Theologos gefragt: ob er nicht bey der Catholischen Religion könne seelig                      werden? Da denn jene mit Nein, diese aber mit Ja, die Frage beantwortet. Wiewohl                      man
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0013] viele von denen Politicis, sondern auch von denen Geistlichen selbst, wenn sie unsre Lehre kennen und genaue Wissenschafft darvon eingezogen haben, so viel man aus ihren Discursen vernehmen kan uns nicht verdammen: daß man aber davon in denen gedruckten Schrifften Catholischer Scribenten nichts findet, noch daraus anführen kan, ist die Ursache, weil man gemeiniglich unzeitige Eyfferer aus ihnen erwehlet, die die zu drückenden Bücher censiren müssen, und also keine andre Sentiments leiden, als die da hinaus lauffen, daß niemand in der Evangelischen Lehre, es sey die Lutherische oder die Reformirte könne seelig werden. Wir wissen auch wohl, was die Ursach sey; die diese Leute hierzu antreibet. Nemlich ihr eigenes Interesse, Reichthum und Autorität, dem viel abgehen würde, wenn sie ihre Zuhörer glauben liessen, daß man ausser der Lehre, die sie dem Volck vorsagen, die Seeligkeit erlangen könne. III. Bey dieser Bewandnüß nun wäre es nicht zu verwundern, wenn die Lehrer unserer Lutherischen und andrer Evangelischer Kirchen denen Catholischen Lehrern gleiches mit gleichen vergölten, und hinwiederum mit eben den Eyffer als jene, denen Catholischen die Seeligkeit absprächen. Aber sie haben sich schon vor langer Zeit viel vernünfftiger und bescheidener aufgeführet. Es ist bekant, daß Heinrich der vierdte König in Franckreich, der der Protestirenden Religion zugethan war, als er sahe, daß er das Königreich nicht wohl behaupten könte, wenn er nicht die Catholische Religion annähme; so wohl die Catholischen: ob er nicht bey der Evangelischen? als die Evangelischen Theologos gefragt: ob er nicht bey der Catholischen Religion könne seelig werden? Da denn jene mit Nein, diese aber mit Ja, die Frage beantwortet. Wiewohl man Die Evangelischen Lehrer brauchen mehrere Bescheidenheit. Was mit Henrico IV. dem König in Franckreich paßiret.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/13
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/13>, abgerufen am 23.11.2024.